Auch wenn viele junge Leute keinen oder sehr wenig Alkohol trinken: Deutschland ist nach wie vor ein „Hochkonsumland“. Ein Kommentar.
Nüchtern betrachtetAbstinenz liegt voll im Trend – aber der erreicht längst nicht alle
Die Jugend – oder zumindest ein Teil davon – trinkt weniger als früher, hat den ersten Vollrausch später (erst mit süßen 16) und findet es viel cooler, fit und sportlich daherzukommen, als angesäuselt auf Partys herumzutorkeln. Das ist großartig!
Aber es ist längst nicht nur ein Verdienst von großen und teuren Kampagnen wie „Kenn dein Limit“, sondern auch von Vorbildern, die die Kids wirklich erreichen: Ein Rhabarberschorlen-Prosit auf die so oft von Erwachsenen belächelten Influencerinnen und Influencer!
Doch erreicht der Wertewandel auch die Älteren? Fast zehn Millionen Deutsche haben ein Alkoholproblem, auch wenn sie es sich selbst nicht eingestehen wollen. Alkohol zu trinken ist weit verbreitet.
Der „Stoff“ ist immer erreichbar – und vor allem gesellschaftlich akzeptiert. Aus dem Ort in Westfalen, aus dem ich komme, kenne ich es noch bis heute so: Der Erfolg einer Party wird daran gemessen, wie viele Kästen Bier vernichtet wurden.
Alkohol ist viel zu präsent – und die Lobby noch immer zu stark
Und die abstinent lebenden jungen Nachbarn werden immer noch gedrängt, doch einen Sekt mitzutrinken. „Ein Gläschen geht doch!“ Aber wehe, die jungen Leute würden sich auf der gleichen Geburtstagsfeier einen Joint drehen… Dann wären sie in den Augen der Älteren – prost! – schlimme Drogensüchtige.
Dass in dieser Gesellschaft die Alkohollobby noch immer das Sagen hat, ist ein Unding. Höhere Steuern auf Bier und und Co., keine Werbung und der Verkauf in lizenzierten Geschäften könnten viel bewirken. Dann würde sich vielleicht auch Deutschland von dem zweifelhaften Titel „Hochkonsumland“ verabschieden.