„Mahlzeit!“Stirbt der beliebte deutsche Mittagszeitgruß bald völlig aus?

Kollegen streiten sich

Der Büro-Gruß "Mahlzeit" wird immer unbeliebter. Unser Beispielfoto zeigt, sich streitende Kollegen.

Für die einen unverzichtbarer Usus, für die anderen unfassbar spießig: „Mahlzeit“ als knapper Gruß im Arbeitsleben. Wie steht es um die früher weit verbreitete Mittagsfloskel?

Zumindest bis vor Corona schien es ein gängiges Ritual in großen Unternehmen oder Behörden zu sein: Ab etwa 12 Uhr mittags brach Unruhe aus, Flure füllten sich mit Kolleginnen und Kollegen, die Richtung Kantine strömten - im Stimmengewirr war immer wieder die Floskel „Mahlzeit“ zu hören.

Was hat es mit der altbackenen Grußformel auf sich? Und: Wie out ist der Mittagspausengruß inzwischen?

Wann und warum man „Mahlzeit“ sagt:

„Mahlzeit“ wurde – oder wird – in vielen Gegenden Deutschlands sowie in Österreich zur Mittagszeit als knapper Gruß benutzt. Es ist wohl eine Kurzform der früher verbreiteten Worte „Gesegnete Mahlzeit!“. Die Verkürzung war schon im 19. Jahrhundert üblich, wie das Wörterbuch der Brüder Grimm verrät.

Bei den Grimms schon belegt war auch die ironische Verwendung zum Beispiel als Ausdruck des Missmuts oder der negativen Überraschung wie „Na, Mahlzeit“. Schon Friedrich Schiller benutzte die Wendung „Prost Mahlzeit“ im Drama „Wallensteins Lager“ (1798).

„Grußformeln sind ein interessantes Thema, weil sie irgendwie jeden im Alltag angehen und ein Basiskommunikationsmittel sind“, sagt der Sprachwissenschaftler Manfred Glauninger von der Universität Wien. „Wie alles in der Sprache unterliegen sie steter Veränderung - und auch durch das Internet und die sozialen Medien erleben wir einen noch schnelleren Wandel von Sprache, Gesellschaft und Konventionen.“

Bei „Mahlzeit“ handle es sich um eine Grußformel, die in Deutschland ursprünglich eher in katholisch geprägten Gebieten üblich gewesen sei, sagt Glauninger, der auch an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften forscht. Es habe sich ursprünglich - wie bei „Grüß Gott“ - um eine Segensformel gehandelt. Stirbt „Mahlzeit!“ also womöglich aus, weil viele Menschen heutzutage keinen Gottesbezug in ihrem Sprachalltag wollen?

„Ich glaube, diese Konnotation und Begleitvorstellung mit dem Religiösen spielt keine Rolle beim Verschwinden. Dass „Mahlzeit“ mal eine Art Segensformel war, das ist ja kaum bekannt“, sagt der Linguist. „Der Rückgang des Grußes hat vielleicht eher damit zu tun, dass sich die Verhaltensnormen der regelmäßigen Mahlzeiten ein bisschen verändert haben. Frühstück, Mittagessen, Abendessen– so geregelt läuft das für viele Menschen ja gar nicht mehr ab.“

Sich gegenseitig „anzumahlzeiten“ scheint heutzutage weit weniger üblich zu sein als noch vor, sagen wir, zehn Jahren - vielleicht auch weil heute öfter zu Hause statt im Büro vor dem Computer gesessen und gegessen wird. „Mahlzeit“ ist zwar durchweg deutsch, aber zweifellos aus der Mode“ meint der Frankfurter Unternehmens- und Personalberater Hans-Peter Luippold. (dpa)