Norman Volker Franz ist Deutschlands meistgesuchter Verbrecher: Seine Ex-Frau schwärmt noch immer über die Liebe zum Fünffachmörder.
Seit 25 Jahren auf der FluchtEhefrau von Deutschlands meistgesuchtem Verbrecher bricht ihr Schweigen
Sie wissen nicht, ob Norman noch lebt. Ob er vielleicht eine neue Familie gegründet hat, irgendwo glücklich und zufrieden am Strand lebt, seine neuen Kinder so lachend auf die Schultern nimmt wie einst seinen Sohn Mike. Seit 25 Jahren ist Norman Volker Franz (54) aus Dortmund, Deutschlands meistgesuchter Verbrecher, untergetaucht. Seine Ex scheint ihm auch heute noch nachzutrauern: „Ich würde alles genau wieder so machen wie früher. Das war ja aus Liebe.“
Erstmals bricht Sandra C. in der Sky-Doku „Das Phantom – Auf der Jagd nach Norman Franz“ (ab 19. Dezember 2024 beim Streamingdienst zu sehen) ihr Schweigen, spricht über ihr Leben an der Seite eines Schwerverbrechers.
Norman Volker Franz: Seine Ex-Frau schwärmt über „schönste Zeit“
Über die abenteuerliche Flucht aus dem Knast in Hagen, zu dem sie ihrem Mann, dem Mörder, verholfen hat. Erinnert sich detailliert an die Reise ins Verderben, die sie und ihr Baby ins Gefängnis gebracht hat. Und schwärmt dennoch von „der schönsten Zeit meines Lebens“.
Dabei ist die Realität ebenso bitter wie brutal: Norman Volker Franz war oder ist der klassische Wolf im Schafspelz. Nach außen hin „eher unauffällig und freundlich“, beschreibt Zielfahnder Heinz G. ihn, aber in Wahrheit eiskalt und skrupellos. Sandra ist 16, als Norman in ihr Leben schneit. Der Traumprinz, um Luftschlösser zu bauen. Endlich raus aus dem erbärmlichen Zuhause mit der Schnapsleiche auf dem Sofa, raus aus der Armut, diesem kleinbürgerlichen Leben als Fleischfachverkäuferin im Ruhrpott.
Norman schmeißt mit der Kohle nur so um sich, fährt einen tollen Mercedes, den sich im Ruhrgebiet sonst nur Firmenbosse leisten. „Wir haben alles an krummen Dingern gemacht, was Geld brachte“, erinnert sich sein alter Kumpel Stefan K. (Name geändert) in der Doku. „Zigarettenschmuggel, gefälschte Jeans, Überfälle“. Doch dann wollen einige Polen der Gang ins Handwerk pfuschen. Norman Volker Franz fackelt nicht lange. Am 15. Mai 1995 landet in Syburg eine Handgranate im Auto der polnischen Zigarettenschmuggler, Schüsse fallen, zwei Menschen sterben.
Sandra klammert sich an die Worte ihrer großen Liebe: „Sandra, mein Engel, ich war nur der Fahrer.“ Die Jungs werden gefasst und zu lebenslanger Haft verknackt. Sandra heiratet ihre große Liebe in der Gefängniskapelle, ganz in Weiß. Danach trägt sie bei Besuchen immer einen Gürtel mit Eisenschnalle. Irgendwann würden sie seine schöne Frau wohl einfach nur durchwinken, wenn es piept, so Normans Plan. Der geht auf. „Keiner hat die Eisenfeile, die ich in den Gürtel genäht habe, bemerkt“, sagt Sandra.
Zusammen mit Normans Mutter wartet Sandra mit einer Pistole, zwei falschen Pässen und einem Fluchtauto auf ihren Mann. Noch eine Umarmung für Mutti, dann starten „Bonnie und Clyde“ ihre abenteuerliche Flucht. Es heißt, das Hirn verdrängt Dinge, die man nicht wahrhaben will. Wie etwa die Tatsache, dass der eigene Mann bei Raubüberfällen in Halle und Weimar kaltblütig drei Menschen erschießt. Darüber möchte Sandra in der Doku nicht so gerne reden. Stattdessen schwärmt sie von der schönsten Zeit ihres Lebens. Vom Haus an der Algarve, dem schönen Appartement, das Norman sich leisten kann. Kein Wunder, mehr als eine halbe Million D-Mark Blutgeld sorgt dafür.
Norman Volker Franz gibt es nicht mehr. Er nennt sich jetzt Carsten Müller oder Michael Stüver. Der Mörder ist stolzer Papa, arbeitet als Immobilienberater. Er ist clever, hat sich mit der Anwältin Matilde F. angefreundet, denn man weiß ja nie, ob einen die Vergangenheit nicht doch einholt. So ist es denn auch. Über das Kennzeichen seines Fluchtautos, das Franz dummerweise behalten hat, kommt die Polizei ihm auf die Spur.
Ehefrau des Killers fühlt „Wut und Hass“ – aber nicht auf ihren Ex-Mann
Der Schwerverbrecher landet im Zentralgefängnis von Lissabon. Und, kaum zu glauben, kurz vor seiner Auslieferung nach Deutschland gelingt ihm am 28. Juli 1999 abermals die Flucht. Einige munkeln, dass er es mit dem Wäschetransporter herausgeschafft habe. Sein Mithäftling Paulo Bernardino Santos bezweifelt das: „Er hat Komplizen in und auch außerhalb des Gefängnisses gehabt.“ Die dubiose Anwältin, seine Immobilienfreunde? Paulo schweigt.
Seitdem ist der blonde Mann mit der schütteren Stirn ein Phantom. Für die Polizei, aber auch für seine Familie. Schon 25 Jahre wie vom Erdboden verschwunden. „Natürlich fühle ich manchmal Wut und Hass“, gesteht seine Ex-Frau, die wegen Beihilfe mit Baby im Gefängnis saß, sich scheiden ließ. „Da denkt man sich, der lebt jetzt schön in Freiheit, hat ein neues Leben, vielleicht eine neue Familie, und wir haben alles abgekriegt.“
Wenn der Mike in der Schule mal etwas Falsches gemalt hatte, hieß es gleich: „Klar, der kommt ganz nach seinem Vater“, ärgert sich die Mutter, die noch immer zusammen mit ihrem Sohn unter einem Dach in Dortmund lebt, noch heute. Angeblich hat sie all die Jahre nichts von ihrer großen Liebe gehört. Wirklich? Die Reporter zeigen ihr einen letzten Liebesbrief, der in der Zelle gefunden wurde. „Hallo Sandra, mein Engel (...). Ich glaube, niemand auf der Welt hat so für seine Liebe gekämpft wie wir. Für eine Sekunde mit dir würde sich ein Weltkrieg lohnen“, schreibt Franz. Und Sandra bekommt prompt feuchte Augen. „Ich vermisse ihn ganz schön“, gesteht sie. Sie würde ihren Mann so gerne noch einmal in den Arm nehmen.
Im Gegensatz zu ihrem Sohn Mike, der das anders sieht. „Wer in der Lage ist, mehrere Menschen hintereinander umzubringen, muss ja irgendwo schon eine gewisse Kaltblütigkeit in sich tragen“, analysiert er den ihm unbekannten Vater nüchtern. Laut eines investigativen portugiesischen Journalisten gibt es neue Spuren, die nach Südafrika führen. Aus ermittlungstaktischen Gründen wird in der Doku nicht weiter darauf eingegangen. Aber Zielfahnder Heinz G. verspricht: „Wir werden nicht aufhören, ihn zu suchen. Weltweit. Solche Menschen gehören einfach eingesperrt.“ Das Bundeskriminalamt hat für den „Most Wanted“-Schwerverbrecher übrigens bis zu 25.000 Euro Belohnung ausgesetzt.