Im Parkhaus eines Shoppingcenters in Valencia spielten sich mutmaßlich einige der dramatischsten Szenen während der Flut-Tragödie in Spanien am Dienstag ab. Noch immer ist das Ausmaß des Horrors nicht abzusehen.
„Das ist ein Friedhof“Parkhaus-Tragödie in Spanien: Etliche Leichen unter Wassermassen begraben?
von Béla Csányi (bc)
Aus aufgeregtem Shopping-Rummel wurden binnen Minuten Bilder der Zerstörung. Aus einem gigantischen Einkaufscenter und dessen Parkhaus entwickelte sich eine unvorstellbare Todesfalle. Der Flut-Horror in Spanien sorgt neben all der Trauer vor allem für eine bange Frage: Wie viele Todesopfer drohen der Region Valencia noch?
Die Aufräumarbeiten in den vielen zerstörten Stadtteilen, Kleinstädten und Dörfern laufen wegen fehlender schwerer Geräte gerade erst an. Verschüttete oder ertrunkene Menschen könnten die Todeszahlen (Samstag waren es schon über 200) noch einmal drastisch nach oben schnellen lassen. Ein besonders banger Blick geht dabei in Richtung des Mega-Shoppingcenters Bonaire in Valencia.
Taucher entdecken offenbar schon erste Todesopfer im Parkhaus
Alleine die Eindrücke aus dem etwa 100 Fußballfelder großen Einkaufsparadies sind gespenstisch: Eine komplett verwüstete Mall, mit Schlamm überzogene Böden, wild verstreutes Treibgut, das von den Wassermassen durch das Gebäude gepeitscht worden war. Auf einem der ersten Fotos zu sehen: Klamotten, Lebensmittel, eine dreckverschmierte Puppe liegen wahllos verstreut im Eingangsbereich herum.
Noch viel schlimmer ist die Lage aber im unterirdischen Parkhaus mit Platz für knapp 2000 Fahrzeuge. Dort stand das Wasser auch am Samstag (2. November 2024) – vier Tage nach der Flut – noch immer bis zur über zwei Meter hohen Decke. Die Rolltreppen, die ins Untergeschoss führen, waren weiterhin bis ins obere Drittel mit brauner Brühe überschwemmt. Die Rampe zur Parkhaus-Einfahrt: Ebenfalls bis oben hin überflutet.
Erste Taucher tasteten sich am Samstag langsam vor – im Wissen, dass unter der Wasseroberfläche unmöglich noch Überlebende warten können. Erste Leichen sollen bei der vorsichtigen Sondierung bereits entdeckt worden sein.
Für wie viele Vermisste das Parkhaus zur schaurigen Todesfalle wurde, ist unter den aktuellen Bedingungen allerdings überhaupt nicht abzusehen. Die Lokalzeitung „ES Diario“ zitierte Rettungskräfte mit der markerschütternden Satz: „Das ist ein Friedhof“.
Weil das Wasser in so kurzer Zeit die Garage flutete, konnten viele Menschen nicht mehr fliehen. Den beklemmenden Mutmaßungen der Einsatzkräfte zufolge wollten viele ihre Fahrzeuge noch vor dem Anstieg des Wasserspiegels in Sicherheit bringen. Gegen die rasenden Sturzbäche hatten sie auf den steilen Rampen aber keine Chance.
Videos aus kleineren unterirdischen Garagen in Valencia hatten in den vergangenen Tagen gezeigt, wie vergleichbare Manöver gerade so noch gelungen waren – und dass sie nur wenige Sekunden später in Tragödien hätten enden können.
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Ein Zeuge berichtete der Zeitung „El Diario“, dass er im Bonaire-Parkhaus ebenfalls retten wollte, was zu retten war. Weil ihm das Wasser aber bereits bis zur Hüfte stand, flüchtete er zurück in die oberen Stockwerke. Mehrere Hundert Personen harrten dort in der Flut-Nacht aus, zwei Kinosäle im Shoppingcenter wurden als Nachtlager geöffnet.
Wie viele Menschen weniger Glück hatten, wird sich innerhalb der nächsten Tage zeigen. Mühsam pumpen Einsatzkräfte das Wasser aus dem Parkhaus, erst danach können die Bergungsarbeiten gezielter und schneller vorangehen. Dann wird langsam absehbar, in welchen Zahlen der Horror von Bonaire zu bemessen ist.