Reitlehrer zwingt Schülerin zur ProstitutionBald kommt ihr Peiniger wieder frei

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Katharina M., traf ihren Peiniger auf dem Reiterhof. Es ist nicht das erste Mal, das Täter in diesem Umfeld aktiv werden. Hier treffen sie auf junge Mädchen in der Pubertät, manche von ihnen mit Problemen im Elternhaus. Unser Symbolfoto zeigt eine Reiterin im Jahr 2015.

Bayreuth – Am 30. Dezember 2011 kam Heinz (Name geändert) in Haft. Neun Jahre muss er dafür absitzen, dass er einem Mädchen (14) in einer schweren Lebenskrise Liebe vorgaukelte, sie später zur Prostituierten machte, sie vergewaltigte und sie schließlich fast zu Tode prügelte.

In wenigen Wochen ist Katharinas ehemaliger Reitlehrer – 30 Jahre älter als sie – wieder ein freier Mann. Aber ob ihre Wunden jemals verheilen werden?

Reitschülerin Katahrina wurde zur Prostitution gewzwungen

„Alle sollen wissen, dass ich das nicht freiwillig und schon gar nicht gerne gemacht habe! Nie!“, erklärt Katharina, warum sie so offen über ihr Leben erzählt, das die Hölle auf Erden war. „Das“ waren schätzungsweise 25.000 Freier, ein Bordell in Bayreuth, literweise Prosecco und Wodka am Tag, um den Ekel herunterzuspülen.

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„Ich will nie wieder erleben, dass ich mit einer Freundin in der Eisdiele sitze und ein Kellner zu mir an den Tisch kommt und mich auffordert, ich solle ihm doch mal eben für 50 Euro in der Küche einen blasen.“ Das sei wohl einer ihrer ehemaligen Kunden gewesen, deren Gesichter die zierliche Blondine so ausgeblendet hat wie all die anderen.

Mädchen wurde von Reitlehrer tyrannisiert

Wie schafft es ein Mittvierziger, ein junges Mädchen so hörig zu machen? „Er hatte, als er sich an mich rangemacht hat, leichtes Spiel mit mir“, erzählte Katharina der Spiegel-Journalistin Barbara Schmid, die ihr Martyrium jetzt in dem Buch „Schneewittchen und der böse König“ (mvg-Verlag, 16,99 Euro) veröffentlicht hat, sich auf Katharinas Aussagen, ihrem Tagebuch und Gutachten vor Gericht beruft.

„Ich habe ihn auf seinem Reiterhof kennengelernt, als ich zehn Jahre alt war. Er war der immer gut gelaunte und verständnisvolle Reitlehrer. Ich war schwierig, wie viele junge Mädchen in der Pubertät, hatte große Probleme mit meinen Eltern.“

Katharina wurde gegen ihre Eltern aufgehetzt

Und das machte der Täter sich zunutze. Ihre Eltern wollten das magersüchtige Mädchen, das sich obendrein ritzte, zur Therapie überreden. Ihr Reitlehrer malte daraus das Horrorszenario „Irrenhaus“, aus dem sie nie wieder herauskomme, mit Medikamenten vollgestopft dahinvegetierend.

Er ließ sie auf dem besten Ross im Stall reiten, streichelte ihr wie beiläufig den Rücken, machte sie – die kleine Außenseiterin – zu etwas Besonderem. Wie hätte der Teenie auch ahnen sollen, dass seine „Liebe“ nur Masche war, um die Blondine so wie seine erste Ehefrau (die langsam zu alt wurde für das „Geschäft“) auf den Strich zu schicken? Dass der Hof keinen Cent abwarf und Heinz einfach nur Geld machen wollte?

Katharina dachte, es sei die große Liebe

„Ich hatte gar keine Chance, eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln, weil er mich so jung und über so viele Jahre in seine Gewalt bekommen hat. Ich war ihm hörig, er war meine große Liebe, und ich konnte mir ein Leben ohne ihn nicht vorstellen“, sagt sie.

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„Schneewittchen und der böse König“, mvg-Verlag, 16,99 Euro

Das Denken solcher Mädchen werde manipuliert, sodass sie glauben, selbst schuld zu sein, wenn sie bestraft werden. „Man bringt jemanden so weit, dass er bleibt, selbst wenn er gehen könnte. Die Fesselung ist keine äußere, sondern eine innere“, erklärt die forensische Psychiaterin Dr. Nahlah Saimeh das Phänomen des (in diesem Fall schon alten) Loverboys.

Heinz zeigte ihr toll gekleidete Frauen, die auf seinem Reiterhof Pferde mieteten: „Du musst nur ein Jahr lang anschaffen gehen, dann kannst du dir das alles leisten“, raunte der Mädchen-Flüsterer ihr ins Ohr. Und sie glaubte ihm blind, flüchtete mit ihm, als sie alt genug war.

Ihre Familie suchte sie verzweifelt in jedem Bordell

„Meine Familie ist fast zerbrochen. Mein Vater und später auch meine Brüder sind durch Bordelle in ganz Deutschland gezogen, um mich zu finden“, sagt sie.

Als klar war, dass sie in einem Schuppen in Bayreuth gelandet war, „hat mir meine Mutter meine todkranke Katze »Micki« in einem Korb in den Club gebracht, in der Hoffnung, das würde mich aufrütteln und ich würde nach Hause kommen. Meine Schwester Conny hat mir sogar ein Fluchtauto vor die Tür gestellt.“

Die Briefe der Eltern fing Heinz ab

Doch Katharina reagierte nur mit Abwehr. Heinz hatte nämlich Briefe ihrer Eltern abgefangen, sodass sie lange geglaubt hatte, dass sie mit einer Prostituierten wie ihr nichts mehr zu tun haben wollten. Und ihre Sinne waren – über Jahre hinweg – wirklich buchstäblich vernebelt.

Nachts fünf, sechs Flaschen Prosecco mit den Gästen – oder auch ohne – und tagsüber eine Flasche Wodka. „Ich bekam Blutdrucksenker, Schlaftabletten, Dipiperon gegen Depressionen, Zyprexa gegen Schizophrenie und zum Schluss noch Beta-Blocker gegen den hohen Blutdruck.“ Sie war mit Mitte 20 ein Wrack, seelisch und körperlich.

Und immer wieder setzte es Schläge. Wenn sie zu müde, zu fertig war, um ihm nach einer Nacht mit den Freiern noch zu Willen zu sein. Wenn ihm irgendeine Laus über die Leber gelaufen war ...

Peiniger prügelte Katharina fast zu Tode

Am 9. April 2011 prügelte er sie fast zu Tode. Katharina hatte Todesangst, rief die Polizei. Im Krankenhaus stand plötzlich ihre Schwester Conny. Ihre kleine Schwester, die Polizistin geworden war, um der großen Schwester helfen zu können. Sie erstattete Anzeige wegen versuchter Tötung und schwerer Körperverletzung.

Heinz wurde zur Fahndung in ganz Bayern ausgeschrieben, gefasst – und zu neun Jahren Haft verknackt. „Nach dem Urteil musste ich erst mal lernen, wieder zu leben. Ich war zuvor jahrelang eingesperrt, wusste oft nicht einmal, welche Jahreszeit wir hatten, kannte die Welt draußen nur von meinen wenigen Arzt- und Behördenbesuchen.

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Dazu war ich alkoholabhängig und gesundheitlich schwer angeschlagen. Nach meiner Flucht brauchte ich jahrelang psychiatrische Hilfe, um die elf schrecklichen Jahre zu verarbeiten.“

Katharina hat ihr Leben heute im Griff

Doch Katharina kämpfte sich durch. Mit 30 drückte sie wieder die Schulbank, holte den Schulabschluss nach. Sie hat ihre Ausbildung als eine der Jahrgangsbesten abgeschlossen und arbeitet mittlerweile bei einem Steuerberater.

Sie hat wieder engen Kontakt mit ihrer Familie, aber Angst davor, dass Heinz bald wieder vor ihrer Tür steht. Und ärgert sich: „Von meiner Rente werde ich später nicht leben können, mir droht Altersarmut. Der Täter, der offenbar nie Steuern gezahlt oder in die Rentenversicherung eingezahlt hat, wird dagegen staatliche Unterstützung bekommen.“