Tragisches Unglück in einem Pflegeheim: Eigentlich wollte Waltraud sich nur die Frisur auffrischen lassen. Doch das Versagen eines Pflegers führte zu üblen Verbrennungen und erschütternden Folgen.
Tragisches UnglückSeniorin unter Trockenhaube vergessen – wenige Tage später ist sie tot

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Seniorin Waltraud erlitt durch die Trockenhaube während ihres Friseurbesuchs starke Verbrennungen. (Symbolbild)
Nichtsahnend setze sich Seniorin Waltraud (93) auf den Friseurstuhl, um sich die Haare frisieren zu lassen. Was dann folgte, waren die wohl längsten Minuten ihres Lebens.
Nachdem er die Haare der Seniorin gewaschen und mit Lockenwicklern eingedreht hatte, setzte ein Pfleger in der betreuten Wohneinrichtung in Schwedt der 93-Jährigen eine Trockenhaube auf und verließ den Raum. Die Folge: üble Verbrennungen. Besonders tragisch: Zehn Tage nach dem Vorfall ist Waltraud tot.
Tragischer Todesfall im Pflegeheim: „Ganze Stirn von Verbrennungen betroffen“
Dabei hatte Waltraud eigentlich so dünnes Haar, dass die eingedrehten Locken sicherlich auch bei Zimmertemperatur ohne die Haube getrocknet wären. Das Gerät ist nämlich mit Vorsicht zu genießen: Ganze 37 Grad herrschen darunter.
Zehn Minuten lang musste Waltraud unter der heißen Trockenhaube verweilen. Da der Pfleger den Raum verlassen hatte, gelang es ihr nicht, währenddessen auf sich aufmerksam zu machen. Minute für Minute verstrich, bis das Unglück bemerkt wurde. „Ganze Stirn von Verbrennungen betroffen. Absonderung gelbes Sekret“, wurde im Pflegebericht notiert. Zur vorläufigen Behandlung wurde eine Salbe aufgetragen.
Als den Pflegerinnen und Pflegern das Ausmaß der schweren Verbrennungen bewusst wurde, informierten sie die Tochter der Seniorin – lediglich von „ein paar Verbrennungen“ war die Rede.
Doch Tochter Anette (64) erinnert sich noch ganz genau an die Situation, als sie im Pflegeheim eintraf: „Als ich vormittags zu Besuch kam, wurden meiner Mutter erneut die Haare gewaschen, sodass ich das Ausmaß nicht erkennen konnte“, sagt sie im „Bild“-Gespräch.
Schon längst wäre eine professionelle Behandlung der Brandwunden nötig gewesen. Allerdings verstrichen ganze 30 Stunden, bis der Rettungsdienst gerufen wurde. Die Diagnose: Verbrennungen ersten Grades. Eigentlich wäre eine stationäre Aufnahme nötig gewesen, doch Tochter Anette erklärte im Nachhinein, dass sie vom Krankenhaus erst gar nicht gefragt wurde, ob sie ihre Mutter hier lassen wolle.
Seniorin Waltraud: Tragischer Tod nach Verbrennungen durch Trockenhaube
Bereits vor dem Unglück aß und trank Waltraud eher wenig. Die Verbrennungen führten dazu, dass die Seniorin die Nahrungsaufnahme fast ganz einstellte. Tochter Anette hatte bereits ein mulmiges Gefühl bei der ganzen Sache und bat Pflegerinnen und Pfleger um Hilfe.
„Die Pflegeleitung sagte zu mir, ich solle die Füße stillhalten“, berichtetAnette. Zehn Tage später dann die schockierende Nachricht: Mama Waltraud ist tot.
Annette ist fassungslos. Als Konsequenz der nicht vorhandenen Hilfestellung durch die Pflegenden stellte sie nun Strafanzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung und unterlassener Hilfeleistung. „Hätte man sofort einen Arzt gerufen, hätte meine Mutter dieses furchtbare Leid nicht ertragen müssen“, ist sie sich sicher. Zudem fordert sie postum Schmerzensgeld als Strafe von der Einrichtung. Anette vermutet „eine Kombination aus Überforderung und Vertuschung“, die zum Pflege-Versagen geführt habe. (js)