19 Kinder unter OpfernTerror von Oklahoma: Täter (26) zufällig festgenommen
Oklahoma City – Es ist Mittwoch, der 19. April 1995, kurz nach neun Uhr. Eine gewaltige Detonation lässt plötzlich das Zentrum von Oklahoma City erbeben.
Ein zum Bombenlaster umfunktionierter Van ist vor dem Murrah Federal Building explodiert, hat das neunstöckige Gebäude, in dem neben Filialen von Bundesbehörden auch ein Kindergarten untergebracht war, in Schutt und Asche gelegt. 168 Menschen sterben – darunter 19 Kinder.
Riesige Löcher in der Fassade des Gebäudes
Mehr als 800 Menschen werden verletzt – viele davon schwer. Es ist zu diesem Zeitpunkt einer der schlimmsten Terroranschläge in der Geschichte der Vereinigten Staaten.
Als die Rettungskräfte eintreffen, quellen dichte, schwarze Rauchschwaden aus den Trümmern, legen sich wie ein Nebel des Grauens über die Innenstadt. Wie eine offene Wunde klaffen in der Fassade des Gebäudes riesige Löcher.
Timothy McVeigh nutzte Mineraldünger für seine Bombe
Aus 2,4 Tonnen Ammoniumnitrat (Mineraldünger) und mehreren hundert Litern Nitromethan (Mittel zur Herstellung von Explosivstoffen) hatten Terroristen die Mega-Bombe gebastelt, wie sich später herausstellen sollte.
Schnell wird spekuliert, dass Islamisten hinter dem feigen Terroranschlag stecken könnten. Doch diese Spur erweist sich als falsch.
McVeigh wurde nach dem Anschlag zufällig festgenommen
Anderthalb Stunden nach dem Attentat wird Timothy McVeigh knapp 100 Kilometer von Oklahoma City entfernt zufällig bei einer Polizeikontrolle verhaftet, weil sein Wagen kein Nummernschild hat und er eine nicht registrierte Pistole bei sich trägt.
McVeigh hat ein T-Shirt mit dem Bild von Abraham Lincoln und der Aufschrift „Sic semper tyrannis“ („So immer den Tyrannen“) an – die Worte, die John Wilkes Booth einst ausstieß, nachdem er den US-Präsidenten am 15. April 1865 in Washington erschossen hatte.
Timothy McVeigh war als Soldat im Golfkrieg
Schnell finden FBI-Fahnder heraus, dass der 26-jährige Computerspezialist den bei dem Anschlag verwendeten Transporter unter falschem Namen angemietet, mit der Bombe bestückt und vor dem Murrah Federal Building abgestellt hatte.
Bei der Planung geholfen hatten ihm zwei Komplizen, Michael Fortier und Terry Nichols. Die drei hatten sich einst beim Militär kennengelernt.
McVeigh, Sohn irisch-katholischer Einwanderer, hatte als Soldat unter anderem im zweiten Golfkrieg gekämpft.
Ex-Soldat kam nach seiner Zeit in der Armee nicht mehr klar
Nach seinem Abschied von der Armee kam der hochdekorierte Veteran im bürgerlichen Leben aber nicht mehr klar. Er schlug sich mit Gelegenheitsjobs durch. Doch die boten ihm keine Perspektive – und sein Frust wuchs, während er die Zeit mit Hacken von Computersystemen der US-Regierung totschlug.
Später räumte er in Verhören ein, dass er als Folge seines Kriegseinsatzes unter posttraumatischen Störungen gelitten habe.
McVeigh zeigte bis zum Schluss keine Reue
Was McVeigh zu dem Anschlag in Oklahoma getrieben hat, ist bis heute nicht restlos geklärt – auch nicht, ob er mehr Komplizen hatte als die beiden Kameraden aus der Armee.
Reue zeigt er jedenfalls nicht. Dass 19 Kinder seiner Autobombe in Oklahoma zum Opfer fielen, bezeichnete er als „Kollateralschaden“.
Sein Motiv: Hass und Rache
Als Motiv gibt er an: Hass auf die Staatsmacht und Rache für Waco. Genau zwei Jahre vor dem Anschlag in Oklahoma hatte das FBI am 19. April 1993 nach einer wochenlangen Belagerung das Hauptquartier der bis an die Zähne bewaffneten Davidianersekte in dem texanischen Kaff gestürmt – eine dubiose, pseudoreligiöse Gruppe, die mit ihrem Guru sexuelle Freizügigkeit praktizierte und im Drogenrausch die biblische Apokalypse – das Jüngste Gericht – herbeisehnte.
82 Menschen kamen bei dem Blutbad ums Leben. Eine in der Öffentlichkeit höchst umstrittene und kritisierte Polizeiaktion, über die Reporter weltweit berichtet hatten.
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Vor allem Erzkonservative und Rechtsextremisten sahen sich durch Waco in ihren Wahnvorstellungen bestärkt, dass die Regierung dabei sei, die individuelle und religiöse Freiheit der Amerikaner, ihr Recht auf Waffenbesitz – ja die Souveränität der Vereinigten Staaten – mit allen Mitteln zu beschneiden.
Timothy McVeigh hatte Verbindungen zum Ku-Klux-Klan
Auch McVeigh tickte so, der sich die „Schlacht“ von Waco aus nächster Nähe angeschaut hatte, aber kein Mitglied der Sekte war. Er hatte aber Verbindungen zum rassistischen Ku-Klux-Klan und zu rechtsorientierten Milizen.
In dieser „Patriot Movement“ genannten Bewegung tummeln sich neben Rechtsextremisten wirre Verschwörungstheoretiker aller Art, stramme Antikommunisten, Rassisten und religiöse Eiferer. Sie alle eint der Hass auf die Zentralregierung in Washington – ein Virus, das auch McVeigh über die Jahre infizierte und zum Massenmörder werden ließ.
Der Attentäter wurde zum Tode verurteilt
Zwei Jahre nach dem Attentat – im Juni 1997 – wird Timothy McVeigh von einem Bundesgericht in Denver zum Tode verurteilt. Als Mittäter werden Terry Nichols zu lebenslanger Haft und Michael Fortier, der als Zeuge ausgesagt hatte, zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt.
Vier Jahre später – am 11. Juni 2001 – wird der inzwischen 33-jährige Bomber von Oklahoma im Gefängnis der Kleinstadt Terre Haute in Indiana durch eine Giftspritze getötet, nachdem sein letztes Gnadengesuch von US-Präsident George W. Bush abgelehnt worden war.
Schokoeis mit Minzgeschmack als Henkermahlzeit
Als Henkersmahlzeit verspeist er noch Schokoladeneis mit Pfefferminzgeschmack.
Neben den Zeugen im Todestrakt sehen sich rund 300 Angehörige der Opfer und Überlebende das ausschließlich für sie gedrehte Video der Exekution an, während vor dem Gefängnis Menschen gegen die Todesstrafe demonstrieren.
Die Ruine des Murrah Federal Building wird im Mai 1995 gesprengt. An ihrer Stelle befindet sich heute eine Gedenkstätte.