Es klingt wie ein makaberer Scherz, doch es ist eine bahnbrechende Studie von Forschenden: Ein hochmodernes KI-Modell kann mit einer Genauigkeit von rund 80 Prozent die Lebenserwartung eines Menschen ermitteln. Was steckt hinter dem Todesrechner?
„Nahezu perfekt“Dieser Todesrechner sagt voraus, wann du sterben wirst – er ist „extrem“ genau
Bei dieser Forschung geht es um Leben und Tod – und das wortwörtlich. Die meisten Menschen haben es mit Sicherheit nicht so eilig, herauszufinden, wann sie genau sterben werden. Doch ein neu entwickelter KI-Todesrechner kann mit unheimlicher Genauigkeit vorhersagen, wie hoch die Lebenserwartung eines Menschen ist.
In einer bahnbrechenden Studie, die von Forschenden der Technischen Universität Dänemark (DTU) durchgeführt wurde, hat ein neu entwickeltes KI-System, ähnlich wie ChatGPT, die Fähigkeit bewiesen, die individuelle Lebensspanne und das Risiko einer frühen Sterblichkeit vorherzusagen. Der Name des Modells: „life2vec“.
KI-Modell „life2vec“: „Wir analysieren menschliche Leben“
„Wir verwenden die Technologie hinter ChatGPT, um menschliche Leben zu analysieren, indem wir jede Person als eine Abfolge von Ereignissen darstellen, die in ihrem Leben passieren“, erklärt Sune Lehmann, Hauptautor der im Dezember 2023 veröffentlichten Studie „Using sequence of life-events to predict human lives“, gegenüber der „New York Post“.
In dem Bericht stellt der Professor für Netzwerke und komplexe Systeme von der DTU und seine Mitautorinnen und -autoren einen Algorithmus vor, der anhand ausgewählter Details aus dem Leben einer Person – zum Beispiel Einkommen, Beruf, Wohnort und Gesundheitszustand – die Lebenserwartung mit einer „extremen“ Genauigkeit von 78 Prozent ermitteln kann.
Etwas anders als ChatGPT kann der Algorithmus von „life2vec“ die Lebensumstände eines Mannes oder einer Frau berechnen, indem es ihre Vergangenheit genau untersucht. „Dieses Modell kann fast alles vorhersagen“, erklärt Lehmann. „Wir sagen damit auch den Tod vorher, weil das etwas ist, womit sich Menschen seit vielen Jahren beschäftigen, zum Beispiel Versicherungsgesellschaften“, fügte er hinzu, „also hatten wir ein gutes Gefühl dafür, was möglich ist.“
KI-Modell wurde mit Daten von sechs Millionen Menschen gefüttert
Das KI-Modell wurde anhand der persönlichen Daten von sechs Millionen Menschen in Dänemark trainiert, ganz unterschiedlichen Geschlechts und Alters. Der Datensatz enthielt unter anderem Details zu Bildung, Krankengeschichte, Einkommen, Beruf der einzelnen Personen. Die Daten wurden in textbasierte Informationen umgewandelt, um das KI-Modell zu trainieren, ähnlich wie ChatGPT.
Hier bei unserer EXPRESS.de-Umfrage mitmachen:
Die Forschenden konzentrierten sich insbesondere auf die Vorhersage des Todeszeitpunkts, etwa die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person innerhalb eines bestimmten Zeitraums stirbt. Sie bewerteten die Genauigkeit, indem sie sie mit anderen bestehenden Modellen und Methoden verglichen, die etwa von Lebensversicherungsunternehmen verwendet werden. Die Ergebnisse zeigten, dass die Vorhersagen des „life2vec“-KI-Modells elf Prozent genauer waren als die jedes andere Modell. Das sei eine „extreme“ Steigerung.
Anhand der zur Verfügung gestellten Informationen konnte „life2vec“ in mehr als drei Viertel der Fälle nahezu perfekt vorhersagen, wer in einem bestimmten Zeitraum gestorben ist.
Todesrechner nicht öffentlich zugänglich: „Unverantwortlich“
Forscher Lehmann erklärt, dass den Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern ihre Todesprognose jedoch nicht mitgeteilt wurde. „Das wäre sehr unverantwortlich“, sagte er. Er und sein Team warnen davor, dass ethische Bedenken und Datenschutzfragen sorgfältig berücksichtigt werden müssen. Das Modell in der Lebensversicherung zu verwenden, da das Wesen der Versicherung auf einem gemeinsamen Risiko zwischen Einzelpersonen beruht.
Die Forschenden glauben, dass „life2vec“ wertvolle Einblicke in Mechanismen liefern kann, die die Lebensergebnisse eines Menschen beeinflussen. „Wir können so lernen, welche Faktoren dazu beitragen, dass man länger lebt“, so Lehmann.
Der Bot ist derzeit weder für die Allgemeinheit noch für Unternehmen verfügbar. Und nach seiner Masseneinführung – sollte er jemals für den allgemeinen Gebrauch freigegeben werden – wird die KI laut Lehmann wahrscheinlich nicht dazu verwendet werden, Infos an bestimmte Personen auszugeben, etwa beim Abschluss von Versicherungspolicen.