Der Klimawandel lässt nicht nur auf den Polkappen das Eis schmelzen - auch die europäischen Alpen haben zuletzt so viel Eis verloren wie nie zuvor. Würde man dies in einen Würfel pressen, hätte dieser schwer vorstellbare Dimensionen.
Trauriger RekordSo dramatisch sind die Folgen des Klimawandels in den Alpen
In den europäischen Alpen ist im vergangenen Jahr dem EU-Klimawandeldienst Copernicus zufolge so viel Gletschereis geschmolzen wie nie zuvor.
Die Gletscher der Alpen verloren mehr als fünf Kubikkilometer Eis, wie der Dienst mit Sitz in Reading am Donnerstag (20. April 2023) mitteilte. Würde man diese Eismasse in Würfelform pressen, wären die Kanten des Würfels rund fünfeinhalbmal so hoch wie der Eiffelturm.
EU-Dienst: Alpen verloren 2022 so viel Gletschereis wie nie zuvor
Auch die europäische Raumfahrtbehörde Esa veröffentlichte am Donnerstag Daten zur Schmelze der Eismassen: Der Eisverlust in Grönland und der Antarktis hat sich demnach seit den 1990er Jahren verfünffacht. In den vergangenen drei Jahrzehnten gingen dort demnach im Zuge des Klimawandels etwa 7560 Milliarden Tonnen Eis verloren, was einem Eiswürfel mit etwa 20 Kilometern Kantenlänge entsprechen soll. Durch das Abschmelzen sei der Meeresspiegel seit 1992 um 21 Millimeter angestiegen.
Während das Schmelzen von Polareis zu Beginn der 1990er Jahre erst für knapp sechs Prozent des Meeresspiegelanstiegs verantwortlich gewesen sei, mache es heute gut ein Viertel des Anstieges aus, hieß es von der Esa. Seit 1992 haben die polaren Eisschilde dem Bericht zufolge jährlich Eis verloren. Die sieben Jahre, in denen am meisten Eis schmolz, lagen alle im letzten Jahrzehnt.
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Der EU-Klimawandeldienst Copernicus hielt für das vergangene Jahr weitere Klimarekorde fest: Europa erlebte demnach den wärmsten jemals gemessenen Sommer. Er lag im Durchschnitt 1,4 Grad über dem Referenzzeitraum 1991 bis 2020. Dem Bericht zufolge steigen die Temperaturen in Europa rund doppelt so stark wie im globalen Durchschnitt.
„Das Klima, das uns erwartet, wird sehr, sehr anders sein als das Klima, in dem wir aufgewachsen sind“, sagte Copernicus-Direktor Carlo Buontempo zu Journalisten. Umso wichtiger sei es, Daten und Wissen darüber zu sammeln und die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Der Sommer 2022 war geprägt von einer enormen Dürre, die Copernicus zufolge mehr als ein Drittel Europas betraf und Landwirtschaft, Transporte und die Energieversorgung beeinträchtigte. Dies lag unter anderem daran, dass im vorherigen Winter weniger Schnee fiel als üblich und enorme Hitzewellen im Sommer die Situation verschärften.
Im Süden Europas nahm zudem die Anzahl der Tage deutlich zu, die als Tage mit extremem Hitzestress gelten, der als gesundheitlich gefährlich gilt - der Copernicus-Dienst misst diese Tage in unterschiedlichen Temperaturstufen.
Außerdem war die Sonneneinstrahlung in Europa so intensiv wie zu keinem anderen Zeitpunkt in den vergangenen 40 Jahren. Dies führte in vielen Teilen des Kontinents zu einem überdurchschnittlichen Potenzial zur Produktion von Solarstrom. Die Fachleute gehen hier von einem anhaltenden Trend aus.
„2022 war ein Traumjahr für die Photovoltaik“, hatte im März Renate Hagedorn vom Deutschen Wetterdienst (DWD) gesagt. Für andere Bereiche warnten die Klima-Experten des DWD bei der klimatologischen Bilanz des Jahres 2022 vor den zunehmenden Einflüssen der Erderwärmung. „Wir kommen raus aus der Komfortzone“, sagte Andreas Becker, Abteilungsleiter der Klimabeobachtung beim DWD. Die Folgen würden in Deutschland zunehmend spürbar, sagte er mit Blick auf Waldbrände, Ernteausfälle und Trinkwasserreglementierungen, die mehrere Kommunen im vergangenen Sommer angeordnet hätten.
Die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre nahm auch im vergangenen Jahr nicht ab - im Gegenteil. Sowohl die Konzentration von Kohlendioxid als auch die des extrem potenten Klimagases Methan stieg an. „Den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern ist zwingend notwendig, um die schlimmsten Folgen des Klimawandels zu verhindern“, sagte Copernicus-Vize-Direktorin Samantha Burgess.
Die Copernicus-Aufzeichnungen gehen bis 1979 zurück. Der Klimawandeldienst nutzt zudem Daten von Bodenstationen, Ballons, Flugzeugen und Satelliten, die bis 1950 zurückreichen. Monatlich werden mit Hilfe von Computeranalysen Daten zu Temperaturen, der Meereisdecke und anderen Aspekten veröffentlicht. (dpa)