Unsere ukrainische Kollegin, die Journalistin Yuliia Dysa, schreibt in einer regelmäßigen Kolumne über ihre ganz persönlichen Gedanken und Gefühle während des schrecklichen Krieges in ihrer Heimat sowie über das Leben ukrainischer Geflüchteter.
Kolumne zum Krieg in der UkraineEs geht voran für die Armee – doch es gibt eine bittere Wahrheit
von Yuliia Dysa (yd)
Montage sind am schlimmsten. Das war ein Witz vor etwa einem halben Jahr unter Ukrainerinnen und Ukrainern – einen, den wir heute noch immer benutzen. Aber mit einer anderen Konnotation. In den letzten Monaten hat Russland an mehreren Montagen hintereinander Kyjiw und andere regionale Hauptstädte brutal angegriffen – entweder mit Raketen oder mit Drohnen – und das nach einer recht langen Pause seit Beginn des Krieges.
Montage sind auch die schlimmsten Tage, was das Denken angeht. Und das zu viel Nachdenken. Woche für Woche vergeht, ohne die Möglichkeit, den Krieg irgendwie beeinflussen zu oder seinen Verlauf verändern zu können – abgesehen vom Sammeln für Spenden zur Unterstützung der ukrainischen Armee. Aber das fühlt sich nicht genug an. Und ehrlich gesagt, hat es sich auch nie so angefühlt. Selbst nach unserem großen Erfolg bei der Rückeroberung von Cherson und anderen Fortschritten an der Front.
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Krieg in der Ukraine: „Wir erleben jeden Tag einen Murmeltiertag“
Montage sind die schlimmsten Tage. Denn seit dem 24. Februar ist jeder Tag ein weiterer Montag. Wir leben und erleben den „Murmeltiertag“ in seiner schlimmsten Form. Und während wir in dieser Realität feststecken, geht das Leben weiter. So einfach ist das. Mit oder ohne uns. Dort in der Ukraine. Oder hier in Europa. Und wir fühlen uns, als seien wir irgendwo dazwischen: Weder können wir in vollem Umfang unser Leben leben, noch wollen wir es wirklich. Wir haben uns angepasst, ganz sicher. Aber was für eine Art von Anpassung ist das?
Psychologen sagen, dass man sich in solchen Situationen ablenken muss. Das sei eine Bewältigungsstrategie, die am besten funktioniert. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Ablenkung nie in vollem Umfang funktioniert.
Dieser Krieg ist vom ersten Tag an ein Teil der Ukrainerinnen und Ukrainer geworden – ein untrennbarer Teil, von dem man sich nicht ablenken lassen darf. Er ist genauso wichtig wie jeder andere. Und es tut weh. Und es tut nicht weniger weh, je weiter wir voranschreiten.