Handschrift schlägt TastaturWarum Schreiben mit dem Stift die grauen Zellen trainiert

Handschriftliches Schreiben aktiviert eine Vielzahl von kognitiven Prozessen, wodurch Informationen besser abgespeichert werden.  (Bild: iStock/Pikusisi-Studio)

Handschriftliches Schreiben aktiviert eine Vielzahl von kognitiven Prozessen, wodurch Informationen besser abgespeichert werden. (Bild: iStock/Pikusisi-Studio)

Das Schreiben per Hand verschwindet dank Smartphones, Tabletts und Notebooks immer mehr aus unserem Alltag. Auch in der Schule wird immer weniger mit Stift und Papier geschrieben. Doch handschriftliches Schreiben fördert unser Gehirn.

In vielen Klassenzimmern hat die Digitalisierung Einzug gehalten. Immer mehr Schülerinnen und Schüler tippen die Hausaufgaben auf Notebooks oder Tablets. Auch in Vorlesungssälen sieht man immer öfter, dass Notizen per Tastatur und nicht mit dem Stift festgehalten werden. Was zeitgemäß klingt und Kinder im Umgang mit digitalen Medien fit machen soll, hat allerdings auch Nachteile. Studien belegen, dass sich das Schreiben per Hand positiv auf die Rechtschreibung und das Gedächtnis auswirkt und das Gehirn dabei aktiver ist als beim Tippen.

Dennoch findet handschriftliches Schreiben im Schulalltag nur noch wenig statt. Daraus ergeben sich Probleme: Laut der Studie STEP 2022 des Verbands für Bildung und Erziehung (VBE) haben Jugendliche zunehmend Schwierigkeiten, schnell und leserlich zu schreiben. Doch warum ist die Handschrift für das Lernen so wichtig?

Handschrift als Schlüssel zum Lesen- und Schreibenlernen

Schreiben Kinder mit dem Stift, anstatt zu tippen, können Buchstaben deutlich besser erlernt werden. Durch handschriftliches Schreiben prägen sich Wörter und Buchstaben schneller ein, wie eine Studie aus Frankreich zeigt. Vor allem Kinder im Grundschulalter profitieren vom handschriftlichen Schreiben. Stift und Papier fördern im Gegensatz zur Tastatur das Sprachgefühl und die Rechtschreibung.

Gegenüber dem Bayerischen Rundfunk (BR) berichtete eine Grundschullehrerin aus München, dass besonders Erstklässler sehr begeistert Schreiben lernen. Mit zunehmenden Alter scheint die Qualität der Handschrift jedoch abzunehmen. Eine mögliche Ursache hierfür könnte sein, dass Kinder immer öfter tippen und weniger Aufgaben handschriftlich erledigen.

Darum können wir uns Handschriftliches besser merken

Dass Informationen besser im Gehirn gespeichert werden, wenn sie handschriftlich niedergeschrieben werden, gilt auch für Erwachsene. Das liegt an den Strukturen unseres Gehirns.

Wissenschaftler der Norwegian University of Science and Technology (NTNU) haben dazu die Gehirnaktivität von Studierenden näher erforscht. Dazu sollten die Probanden Wörter auf zwei unterschiedliche Arten schreiben, einmal per Tastatur und einmal mit Stift und Papier. Währenddessen wurde ihre Hirnaktivität aufgezeichnet. Herauskam, dass bestimmte Hirnareale, die etwa für die Gedächtnisbildung und die Informationsverarbeitung zuständig sind, beim handschriftlichen Schreiben deutlich aktiver sind.

Schreiben per Hand bedeutet also nachhaltigeres Lernen. Informationen werden vom Gehirn bewusster und tiefer im Langzeitgedächtnis abgespeichert. Wer handschriftlich Notizen anfertigt, verarbeitet die Informationen bewusster und speichert sie tiefer im Langzeitgedächtnis ab

Handschrift fordert das Gehirn heraus

Beim Schreiben von Hand handelt es sich um eine komplexe kognitive Aufgabe, bei der mehrere Sinne gleichzeitig aktiv sind. Hand und Finger bewegen den Stift, zudem werden die Buchstaben und damit auch die eigene Schrift gesehen. Nicht zuletzt bieten Stift und Papier auch mehr Haptik als Tastatur und Bildschirm. Durch diese Vielzahl an Leistungen werden die geschriebenen Informationen im Gehirn somit tiefer verankert.

Laut BR ist das Zusammenspiel aus Sehen und Fühlen dafür verantwortlich, dass sich mit der Hand geschriebene Notizen tiefer im Gedächtnis einprägen. Für alle, die täglich auf dem Smartphone oder der Tastatur tippen, empfiehlt es sich daher, wichtige Informationen im Alltag auch mal handschriftlich festzuhalten.

Skandinavien kehrt zur Handschrift zurück

In Skandinavien hat man das bereits erkannt. Schweden und Norwegen gehörten zu den ersten Ländern in der EU, die den Schulunterricht digitalisiert haben. Inzwischen wird dort jedoch in vielen Schulen wieder mit Stift und Papier gearbeitet. Die Erfahrungen im digitalen Unterricht haben dort gezeigt, dass Schüler durch die bloße Digitalisierung des Lernens nicht bestmöglich gefördert werden.

Doch Notebooks und Tablets haben auch ihre Daseinsberechtigung im Klassenzimmer. Die Mischung macht's: Experten raten dazu, den Unterricht diesbezüglich ausgewogen zu gestalten. So profitieren Kinder und Jugendliche von beiden Lernformen.

Handschrift gezielt fördern

Auch in Deutschland setzen sich verschiedene Organisationen dafür ein, dass Kinder wieder öfter mit der Hand schreiben. Das Schreibmotorik-Institut e.V. bietet dafür gezielte Förderprogramme an. Mit der Initiative „Kritzelpate“ etwa sollen Vorschulkindern spielerisch dabei unterstützt werden, erste Schreibbewegungen zu üben und so frühzeitig eine sichere Handschrift zu entwickeln.

Für die Wissenschaft steht schon seit längerem fest: Handschriftliches Schreiben kann durch Digitalisierung nicht einfach ersetzt werden. Egal ob im Unterricht, im Hörsaal oder im Büro: Mit Stift und Papier zu schreiben, ist gut für unser Gehirn. (tsch)