Was die Welt besser macht: „Terra X“-Moderator Mirko Drotschmann hat's herausgefunden.
„Wir können Unglaubliches schaffen“Warum unsere Welt nicht so schlecht ist, wie wir gerade denken

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Mirko Drotschmann vor der „No Violence“-Statue in New York: Für die Terra-X-Reihe reiste er um die Welt.
von Laura Schmidl
6,2 Millionen Jahre: So lange müsste ein Mensch mit einem Einkommen von 50.000 Euro im Jahr arbeiten, um so viel Vermögen zu besitzen wie der reichste Mensch der Erde, Elon Musk, mit seinen 343 Milliarden US-Dollar. Ist sowas gerecht?
Das ist eine der Fragen, denen Mirko Drotschmann in der aktuellen dreiteiligen „Terra-X“-Reihe „Was unsere Welt besser macht“ (in der ZDF-Mediathek) auf den Grund geht. EXPRESS hat mit dem Wissenschaftsjournalisten gesprochen – für ein wenig Optimismus in einer schwierigen Lage.
In der Vergangenheit ist es auch immer wieder besser geworden
Kriege, politische Spannungen, autokratische Herrscher, soziale Ungerechtigkeiten, Klimawandel. Wer die Nachrichten aufmerksam verfolgt, könnte zu dem Schluss kommen, dass unsere Welt ganz schön heruntergerockt ist. Ist die Lage wirklich so mies?
„Man neigt dazu, das zu sehen, was vor Augen ist und weniger, zurückzusehen und einen Vergleich zu ziehen“, sagt Mirko Drotschmann. „Und da sehen wir: Es gab immer wieder Krisen in der Menschheitsgeschichte. Das vergangene Jahrhundert war eine Zeit großer Krisen, brutaler Kriege und Diktaturen. Ich glaube, wir tun manchmal gut daran, uns zu vergegenwärtigen: Ja, die Lage ist ernst. Aber sie ist nicht so schlimm, wie sie noch nie gewesen ist“, sagt Drotschmann. Und: „Es ist in der Vergangenheit auch immer wieder besser geworden. Leider manchmal erst, nachdem es schreckliche Dinge gegeben hat.“
Die „Terra-X“-Reihe beschäftigt sich in drei Folgen mit drei Bausteinen einer besseren Welt: Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit. „Die Geschichte des Friedens ist auch eine der Kriege. Ich glaube, es ist menschlich, dass es immer wieder zu Konflikten kommt“, sagt Drotschmann. Los ging das schon mit der Sesshaftwerdung des Menschen. „Kriege brechen insbesondere dann aus, wenn es eine Gier oder eine überbordende Abgrenzung von anderen gibt, wenn sich Parteien über andere erheben. Genau da muss man ansetzen, wenn es darum geht, Frieden zu finden.“ Und die Menschheit könnte aus der Vergangenheit lernen. „Unterm Strich gibts im Krieg immer nur Verlierer.“
Es hat aber auch immer schon positive Veränderungen gegeben. „Ein gutes Beispiel ist die deutsch-französische Beziehung. Jahrzehnte, wenn nicht sogar jahrhundertelang geprägt durch die sogenannte Erbfeindschaft, wurde das nach dem Zweiten Weltkrieg beigelegt. Was es an territorialen Streitigkeiten gegeben hat, wurde vergessen. Man schloss eine unverbrüchliche Freundschaft. Die hält bis heute an.“ Wenn es das schon einmal gegeben hat, warum dann nicht noch einmal anderswo?
Krieg gibt es in Deutschland seit 80 Jahren glücklicherweise nicht mehr. Aber wie gerecht ist unser Land? „Auch hier tut ein Vergleich gut: Im weltweiten Vergleich ist Deutschland ein gerechtes Land, auch wenn bei uns der Unterschied zwischen Arm und Reich zu groß ist und immer größer wird. Aber es gibt nicht diese frappierenden Unterschiede: Es gibt bei uns keine Slums und gegenüber Villen, wie es anderswo ist“, sagt Drotschmann. „Das soll nichts beschönigen. Aber wir haben Grundrechte für alle, das ist in vielen Ländern nicht der Fall. Wir haben eine demokratische, freiheitliche Verfassung. Wir haben – zumindest im Gesetz – eine Gleichheit zwischen Männern und Frauen.“
Die größte Ungerechtigkeit hierzulande sei die ungleiche Verteilung von Vermögen. „Es gibt wenige, die sehr viel haben und viele, die sehr wenig haben. Und das nimmt immer weiter zu.“ In der „Terra-X-Reihe“ kommt dazu die Idee einer globalen Mindeststeuer für Milliardäre auf. Und das Beispiel von John D. Rockefeller, dem ersten Dollar-Milliardär der Geschichte, der einen großen Teil seines Vermögens gespendet hat: für Wissenschaft, Bildung und Gesundheit. Vielleicht ein Vorbild für Musk, Bezos und Co.?
Ohne Freiheit ist alles nichts
„Freiheit kann nur gelingen, wenn alle anderen auch frei sind“, sagt Drotschmann. Und die Freiheit brauchen wir für unser Glück: „Wir Menschen brauchen Freiheit. Unfrei zu leben, macht unglücklich. Nicht ohne Grund ist die Höchststrafe der ultimative Entzug der Freiheit durch eine Gefängnisstrafe. Im Umkehrschluss ist die körperliche und geistige Freiheit das Ideal.“
Die Geschichte der DDR und BRD und der Wiedervereinigung ist ein gutes Beispiel für neu gewonnene Freiheit. Die Vergangenheit zeigt: „Der Freiheitsdrang lässt sich nicht ewig aufhalten.“ Das dürfte auch in anderen Teilen der Welt der Fall sein. Vieles liege aber nicht in den Händen eines Jeden. Einiges aber eben doch: Jeder kann aber ebenfalls etwas zu einer besseren Welt beitragen: „Menschlich sein. Andere akzeptieren, wie sie sind. Akzeptieren, dass andere andere Meinungen haben, mit denen wir nie übereinkommen, die aber trotzdem im Rahmen unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung legitim sind. Es wäre ja auch schrecklich, wenn alle das Gleiche denken würden. Offenheit und Toleranz sind Werte, die für eine bessere Gesellschaft sorgen können. Das soll aber übrigens nicht dafür sorgen, dass man Intoleranz aus falsch verstandener Toleranz heraus akzeptiert.“
Auf der Reise, die Drotschmann für die Serie um die ganze Welt unternahm und die ihn u. a. nach Pompeij, zum Louvre in Paris, Çatalhöyük in der Türkei (die erste Großsiedlung der Weltgeschichte) und nach New York führte, blieb ihm vor allem hängen: „Dass wir Menschen unglaubliche Dinge geschaffen haben, auf die wir stolz sein können und von denen wir uns etwas abgucken können. Wir hatten als Menschheit immer wieder inspirierende Ideen und ich glaube, dass uns diese Ideen nicht ausgehen werden. Wir müssen nur offen sein.“