SS-Reichsführer Himmler gab den Befehl„Werwolf“-Kommando erschoss Aachens OB
Aachen – Das Massaker von Hanau, der Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, das Attentat auf die Synagoge in Halle, die Morde der NSU-Terroristen...
Vier rechtsextremistische Verbrechen von vielen, die uns immer wieder schmerzvoll bewusst machen, dass die Saat des braunen Giftpilzes immer noch aufgeht.
Nazi-Spuk auch nach dem Zusammenbruch des Hitler-Regimes nicht vorbei
Wer gehofft hatte, dass der Nazi-Spuk mit dem Zusammenbruch des Hitler-Regimes endgültig gebannt sei, sah sich schon ganz früh getäuscht.
Das zeigt der Fall des Aachener Oberbürgermeisters Franz Oppenhoff, der in den letzten Kriegstagen in der von den Amerikanern eroberten Stadt von einem fanatischen Nazi-Killerkommando erschossen wurde.
Nazi-Killer klingelten an Oppenhoffs Tür
Es war der 25. März 1945 – ein Palmsonntag. Oppenhoff, seine Frau und die drei Töchter hatten morgens die Messe besucht und es sich danach gemütlich gemacht.
Spätabends klingelte es plötzlich an der Haustür in der Eupener Straße. Zwei Männer in deutscher Fliegeruniform gaben vor, abgeschossen worden zu sein – und baten um Papiere, um sich zu den deutschen Linien durchschlagen zu können.
Codename: „Unternehmen Karneval“
Oppenhoff bedauerte, ihnen nicht helfen zu können, zeigte sich aber bereit, etwas zu essen und trinken zu holen. Als er zurückkam, schoss ihm einer der beiden mit einer Pistole aus nächster Nähe in den Kopf. Der 42-Jährige war sofort tot.
Der kaltblütige Mord war von Reichsführer SS Heinrich Himmler persönlich befohlen und unter dem perfiden Codenamen „Unternehmen Karneval“ geplant worden.
Oppenhoff war unbelastet
Für Himmler war Oppenhoff ein Hochverräter, weil er mit den Amerikanern kooperierte, die ihn nach der Eroberung Aachens am 21. Oktober 1944 als OB vereidigt hatten – ein gläubiger Katholik und unbelastet.
Er war nicht in der NSDAP und hatte sich als Anwalt trotz Repressalien für Priester und Juden engagiert.
Franz Oppenhoff: Amtsantritt kurz vor Kriegsende
Als Oppenhoff in Aachen an die Arbeit ging, war das Kriegsende nur noch eine Frage der Zeit. Deutschland lag in Trümmern, doch in Berlin dachte die Hitler-Kamarilla mit ihren fanatischen Helfershelfern überall im Land nicht an Kapitulation.
Fliegende Standgerichte spürten all die auf, die nicht mehr an den „Endsieg“ glaubten – und brachten sie auf der Stelle um. Im Visier auch vermeintliche Kollaborateure wie Oppenhoff.
Himmler wollte vermeintliche Kollaborateure unschädlich machen
Um sie zu „bestrafen“ gründete Himmler im November 1944 eine Partisanen-Truppe – die Organisation „Werwolf“, die hinter den gegnerischen Fronten operieren sollte.
Das Interesse an diesem „letzten Aufgebot“ war zwar gering, aber die, die mitmachten, waren zu allem entschlossen – unbelehrbar bis zum bitteren Ende.
Oppenhoff-Killer starten in Düsseldorf
Im Rheinland hatten die „Werwölfe“ ihre Zentrale in Düsseldorf-Lohausen. Trainiert wurden sie auf Schloss Hülchrath von SS-Experten – auch das Kommando, das Oppenhoff ermorden sollte.
Die SS-Offiziere Herbert Wenzel und Josef Leitgeb, die früheren Grenzbeamten Georg Heidorn und Karl-Heinz Hennemann sowie Ilse Hirsch, Führerin im „Bund deutscher Mädel“ (BDM), und der erst 16-jährige Hitler-Junge Erich Morgenschweiss.
Oppenhoff-Attentäter lebte später unter falschem Namen in Namibia
Mit einem erbeuteten US-Flugzeug flog die Truppe im März hinter die feindlichen Linien, sprang auf belgischem Gebiet mit Fallschirmen ab und schlug sich bis Aachen durch. Die ortskundige Ilse Hirsch führte sie direkt zum Haus von Franz Oppenhoff.
Nach dem Mord flohen die Killer. Leitgeb, der als Todesschütze gilt, wurde in der Eifel durch eine Mine getötet. Wenzel entkam und starb 1981 im heutigen Namibia unter dem Namen Fritz Brandt, wie der Historiker Hannes Heer herausfand – in den 90er Jahren Mitorganisator der viel diskutierten Ausstellung „Vernichtungskrieg – Verbrechen der Wehrmacht“.
Oppenhoff-Killer zeigten keine Reue
Alle anderen wurden aufgespürt und 1949 vor Gericht gestellt. Hennemann und Heidorn bekamen aber nur kurze Haftstrafen, die 1954 sogar ganz erlassen wurden. Ilse Hirsch und der Hitlerjunge kamen ungeschoren davon.
Hannes Heer, der sich für seinen Dokumentarfilm „Der Mordfall Oppenhoff“ (WDR, 1985) auch auf die Spuren der Täter machte, musste feststellen, dass bis auf Heidorn keiner Reue zeigte.
Hennemann, so Heer, „war nach wie vor überzeugt, dass Oppenhoff ein Verräter und Kollaborateur mit dem Feind war, der das Todesurteil verdient hatte“. Für viele ist Oppenhoff bis heute eine Symbolfigur des Neuanfangs, „ein Aachener mit Vorbildcharakter für alle, die sich zu freiheitlichen Grundwerten bekennen“, sagte 2005 der damalige OB Jürgen Linden (73, SPD).
Oppenhoff wusste, in welcher Gefahr er schwebte
Die einstige Kaiserallee trägt Oppenhoffs Namen und ein Denkmal erinnert an den Mann, der sich der Gefahr stets bewusst war. „Sie haben geschworen, mich umzubringen, und ich fürchte, dass sie es auch tun werden“, sagte er kurz vor seinem Tod.
Mit dieser Angst müssen heute leider wieder viele leben. Denn noch immer hat sich der üble Gestank aus der braunen Jauchegrube nicht verflüchtigt.