Annalena BaerbockSie bekennt sich bei ihrer ersten Reise als Außenministerin zur EU

Annalena Baerbock (Die Grünen) hat ihre erste Auslandsreise als neue Bundesaußenministerin absolviert. Sie führte nach Frankreich und Belgien.

Annalena Baerbock (Die Grünen) hat bei ihren Antrittsbesuchen in Paris und Brüssel ein klares Bekenntnis zu Europa abgegeben. Die EU sei eine „Erfolgsgeschichte“ und liege ihr persönlich sehr am Herzen, betonte Baerbock am Donnerstag, 9. Dezember 2021, nach ihrem ersten Treffen mit dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. Der Spanier nannte es ein „gutes Signal“, dass die Grünen-Politikerin auch für internationalen Klimaschutz zuständig ist.

„Mir ist wichtig deutlich zu machen, dass Deutschland für eine starke Europäische Union eintritt“, unterstrich Baerbock in Brüssel. Der neuen Bundesregierung gehe es nicht um eine deutsche Vormachtstellung, hatte sie zu Beginn ihres ersten Arbeitstages als Chefdiplomatin in Berlin betont: „Wir werden unsere Vorstellungen und Interessen nicht über die Köpfe unserer Nachbarn hinweg verfolgen, und schon gar nicht auf deren Kosten.“ Borrell betonte, ein europäisch orientiertes Deutschland könne der EU dabei helfen, „ein glaubwürdigerer Akteur in der Welt“ zu werden.

Thema bei dem Brüsseler Treffen waren unter anderem Konfliktherde wie die Ukraine, China und der Iran. Borrell bekräftigte, dass die EU „alle zur Verfügung stehenden Mittel“ nutzen werde, um die Souveränität der Ukraine gegen einen möglichen russischen Angriff zu verteidigen. Einigkeit bestand laut Baerbock auch beim Kurs gegenüber Belarus: „Die EU muss den Druck auf das Regime in Minsk aufrecht erhalten“, sagte sie. Wegen der Instrumentalisierung von Migranten hatte die EU in Absprache mit den USA erst vergangene Woche neue Sanktionen in Kraft gesetzt.

Annalena Baerbock trifft Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg

Im Anschluss stand ein Treffen mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg auf Baerbocks dicht getaktetem Programm. Dazu kündigte die 40-Jährige neue Akzente an. Eine strategische Souveränität Europas sei „nicht nur eine militärische Frage, sondern vor allem eine Frage von Diplomatie, von Rechtsstaatlichkeit und einem starken wirtschaftlichen Zusammenarbeiten in der Europäischen Union“, betonte sie.

Zuvor hatte sich Baerbock in Paris mit ihrem französischen Kollegen Jean-Yves Le Drian getroffen. Beide verständigten sich, sowohl im Ukraine-Konflikt als auch bei einem möglichen diplomatischen Boykott der Olympischen Winterspiele in China eine gemeinsame europäische Linie zu suchen.

„Russland würde einen hohen politischen und wirtschaftlichen Preis für eine erneute Verletzung der ukrainischen Staatlichkeit zahlen“, sagte Baerbock. Le Drian begrüßte das jüngste Gespräch zwischen US-Präsident Joe Biden und seinem russischen Kollegen Wladimir Putin zur Lage in der Ostukraine. Er betonte zugleich, dass eine Lösung „ohne Naivität“ gesucht werden müssen.

Mit Blick auf einen möglichen diplomatischen Boykott der Olympischen Winterspiele in China sprachen sich beide Außenpolitiker für eine gemeinsame europäische Position aus. Baerbock spielte dabei auf die chinesische Tennisspielerin Peng Shuai an, die nach Vergewaltigungsvorwürfen gegen einen Parteifunktionär unter Druck gesetzt worden war: „Wenn eine Frau solche Vorwürfe erhebt, dann muss das auch im internationalen Kontext Gehör finden“, sagte die Grünen-Politikerin, die nach eigenen Angaben Menschenrechtsfragen stärker betonen will.

Auch bei ihrem Warschau-Besuch an diesem Freitag wolle sie kein Blatt vor den Mund nehmen, sagte Baerbock weiter. „Freundschaft heißt, gerade auch bei kritischen Fragen offen und ehrlich miteinander zu sprechen“, bemerkte sie zur Frage der Rechtsstaatlichkeit in Polen. Die EU wirft dem Mitgliedsland vor, die Unabhängigkeit der Justiz zu untergraben. Deshalb liegen unter anderem milliardenschwere Corona-Hilfen für das Land auf Eis.

Bei einigen Themen blieb Baerbock allerdings auch klare Antworten schuldig. Auf die Frage nach dem französischen Vorhaben, Atomenergie in der EU als nachhaltig einstufen zu lassen, sagte sie nur knapp: „Dass wir unterschiedliche Positionen haben, ist ja bekannt.“ (afp)