Explosionen in KonfliktregionLage eskaliert: Ex-Sowjetrepublik startet Militäreinsatz – Land ruft um Hilfe

Der lange schwelende Konflikt um die umstrittene Grenzregion flammt nun neu auf: Aserbaidschan hat nach eigenen Angaben am Dienstag mit „Anti-Terroreinsätzen“ in der Region Berg-Karabach begonnen.

Die Einsätze richteten sich gegen armenische Kräfte, teilte das Verteidigungsministerium in Baku mit. Die Türkei und Russland seien über das Vorgehen informiert worden.

In Stepanakert, der Hauptstadt der zwischen beiden Ländern seit Jahrzehnten umstrittenen Region, waren nach Angaben eines AFP-Reporters Explosionen zu hören.

Berg-Karabach: Aserbaidschan startet Militäreinsatz

Zuvor wurden aserbaidschanischen Angaben zufolge sechs Menschen bei Minenexplosionen getötet. Aserbaidschanische Sicherheitskräfte hatten mitgeteilt, zwei Zivilisten seien auf einer Straße in Richtung der Stadt Schuscha im aserbaidschanisch kontrollierten Teil Berg-Karabach durch eine von armenischen „Sabotagegruppen“ gelegte Mine getötet worden.

Konflikt um die Region BergkarabachKonflikt um die Region Bergkarabach

Konflikt um die Region Berg-Karabach

Vier Polizisten wurden demnach später auf dem Weg zum Explosionsort bei einer weiteren Minenexplosion getötet. Unabhängig prüfen lassen sich diese Angaben nicht.

Armenien ruft UN-Sicherheitsrat und Russland zu Hilfe

Armenien hat den UN-Sicherheitsrat und Russland zu Maßnahmen zur Beendigung des von Aserbaidschan begonnenen Militäreinsatzes in der Konfliktregion Berg-Karabach aufgefordert.

Es seien „klare und eindeutige Schritte zur Beendigung der aserbaidschanischen Aggression“ nötig, heißt es in einer von armenischen Medien am Dienstag verbreiteten Mitteilung des Außenministeriums in Eriwan. Regierungschef Nikol Paschinjan hat wegen der Eskalation derweil eine Dringlichkeitssitzung des nationalen Sicherheitsrats einberufen.

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Armenien zeigte sich bereits vergangene Woche besorgt wegen des großen Aufmarsches aserbaidschanischer Truppen an ihren Grenzen. Die Lage sei äußerst gespannt, sagte Paschinjan bei einer Kabinettssitzung in Eriwan am vergangenen Donnerstag.

Aserbaidschan nannte wiederum die Konzentration armenischer Truppen an der Grenze die größte Bedrohung für die Stabilität der Region.

Aserbaidschan und Armenien: Immer wieder Auseinandersetzungen

Das christlich-orthodoxe Armenien und das muslimische Aserbaidschan sind seit langem verfeindet, wobei nach einem Krieg Anfang der 1990er Jahre zunächst Armenien die Oberhand hatte. In einem zweiten Krieg 2020 siegte das mit Geld aus dem Öl- und Gasgeschäft hochgerüstete Aserbaidschan und eroberte eigenes Territorium zurück.

In kürzeren Militäraktionen danach besetzte Baku auch etwa 150 Quadratkilometer armenisches Staatsgebiet. Das Außenministerium von Armenien verlangte zuletzt, dass Aserbaidschan diese Gebiete räumt. Baku erwiderte, dass Armenien immer noch acht aserbaidschanische Dörfer besetzt halte.

Berg-Karabach als größter Zankapfel zwischen Ex-Sowjetrepubliken

Aserbaidschan wird in dem Konflikt von der Türkei unterstützt, während Russland als traditionelle Schutzmacht Armeniens an Einfluss verliert. „Infolge der Ereignisse in der Ukraine haben sich die Möglichkeiten Russlands verändert“, sagte Regierungschef Paschinjan jüngst in einem Interview mit dem US-Medium „Politico“. Sein Land wolle künftig vermeiden, von äußeren Beschützern abhängig zu sein.

Berg-Karabach ist der größte Zankapfel zwischen Eriwan und Baku – eine Enklave, die zu Aserbaidschan gehört, aber von Armeniern bewohnt wird. Baku blockiert seit Monaten den Latschin-Korridor, die Verbindung der etwa 120.000 Karabach-Armenier nach Armenien. In dem Gebiet fehlt es an Lebensmitteln und Medikamenten.

„Die humanitäre Lage in Berg-Karabach ist schwierig“, sagte Paschinjan. Auch ein Hilfskonvoi des russischen Roten Kreuzes, der erstmals wieder Lebensmittel gebracht habe, ändere daran nichts, wurde er in Medienberichten zitiert. (afp/dpa/mg)