GrundgesetzänderungBundesrat segnet XXL-Schuldenpaket ab – Ministerpräsident warnt: „Jetzt ist nicht Jahrmarkt im Himmel“

Der Bundesrat hat den Weg für das Milliarden-Finanzpaket von Union und SPD frei gemacht.

Es ist vollbracht: Der Bundesrat hat am Freitag (21. März 2025) den Weg für das Milliarden-Finanzpaket von Union und SPD frei gemacht.

Wie am Dienstag schon im Bundestag kam auch in der Länderkammer die nötige Zweidrittelmehrheit für die entsprechende Änderung des Grundgesetzes zustande. Das Gesetz muss noch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf sein verfassungsgemäßes Zustandekommen geprüft und unterschrieben werden.

Schuldenbremse im Grundgesetz wird gelockert

Für die Änderung des Grundgesetzes gab es im Bundesrat 53 der 69 Stimmen. Nötig wären 46 gewesen. Nur die Länder Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Rheinland-Pfalz enthielten sich, alle anderen Länder stimmten zu. Enthaltungen gelten im Bundesrat wie ein Nein.

Mit dem Gesetz wird die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse, die der Neuverschuldung des Bundes enge Grenzen setzt, für Ausgaben in Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit gelockert. Für alle diese Ausgaben, die ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschreiten, dürfen künftig Kredite aufgenommen werden. Das wäre in diesem Jahr alles über etwa 44 Milliarden Euro.

Außerdem wird ein Sondervermögen geschaffen, für das die Schuldenbremse nicht gilt und das mit Krediten bis zu 500 Milliarden Euro gefüttert wird. Daraus soll die Instandsetzung der maroden Infrastruktur in Deutschland bezahlt werden. 100 Milliarden Euro sollen an die Länder gehen, weitere 100 Milliarden Euro sollen fest in den Klimaschutz und in den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft fließen.

Im Bundesrat rechtfertigte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann das Aufweichen der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse mit der sich dramatisch ändernden Weltlage. „Es geht um nicht weniger als die Selbstbehauptung Europas – sicherheitspolitisch, wirtschaftlich und technologisch“, sagte der Grünen-Politiker.

Es gehe auch um die Selbstbehauptung unserer Werte von Frieden, Freiheit und Demokratie. „Auf so eine außergewöhnliche Herausforderung kann man nicht mit gewöhnlichen Mitteln reagieren.“

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sagte, mit Geld allein ließen sich die Probleme Deutschlands nicht lösen. Der CDU-Politiker mahnte Strukturreformen an. „Dieser zweite Schritt muss kommen.“ Nötig sei eine neue Dynamik. „Wir müssen Wachstumsbremsen lösen.“

Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD) forderte, für die nun möglichen Investitionen in die Infrastruktur rasch die nötigen Ausführungsgesetze zu beschließen. „Was nutzt uns das schönste Sondervermögen, wenn wir es in der Praxis nicht hinbekommen?“

Ministerpräsident warnt: „Wir müssen sparen und Prioritäten setzen“

Am Rande der Abstimmung des Bundesrats über das Finanzpaket von Union und SPD hat der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) davor gewarnt, falsche Schlüsse nach der Verabschiedung zu ziehen.

„Allen muss klar sein: Jetzt ist nicht Jahrmarkt im Himmel, jetzt werden nicht die Schleusen geöffnet. Wir werden konsolidieren müssen. Wir werden priorisieren müssen. Und wir werden reformieren müssen“, sagte Rhein im Fernsehsender phoenix und ergänzte: „Wir müssen sparen und Prioritäten setzen.“

Notwendig sei es vor allem, schnell Regelwerke und Gesetze zu überarbeiten, damit das Geld auch rasch in den Kommunen investiert werden könne. „Wir werden Vergabegrenzen erweitern müssen. Wir werden mit der Vergabe anders umgehen müssen“, war der Christdemokrat überzeugt. Nunmehr gelte es, rasch zu handeln, denn „das ist auch ein Programm gegen Populismus und Radikale“, so Rhein.

Der hessische Ministerpräsident verteidigte im Übrigen die veränderte Sichtweise seiner Partei hinsichtlich neuer Schulden. „Wir hatten während der Bundestagswahl und vor dem Wahltag eine andere Weltlage“, jetzt stünden die USA „nicht mehr automatisch für unseren Schutz ein.“ Deshalb müsse man für diese Herausforderungen auch neue Antworten finden.

Neben der Zusicherung, nachfolgenden Generationen keine Schuldenberge zu hinterlassen, habe man ebenfalls ein Sicherheitsversprechen gegeben, das man jetzt einlöse. Generationengerechtigkeit bedeute auch, dass junge Menschen die Chance hätten, „in Frieden und Freiheit aufwachsen zu können“, bekräftigte Boris Rhein.

Hier auch lesen: Neuer Trump-Ärger für Deutschland - Jetzt geht’s ums Grillen! Experte schlägt Fleisch-Alarm

Auch Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern betonte, dass man in der nächsten Zeit sehr schnell Gelder ausgeben müsse, die vor Ort Wirkung zeigten.

Es gelte, Kitas, Schulen, Krankenhäuser, Straßen und Schienen zu modernisieren. Man müsse investieren „in die Alltagsthemen der Menschen“, so Schwesig. Dies werde auch unmittelbar den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken. Für die „angeschlagene Baubranche“ werde „ein Wirtschaftsboom kommen.“

Schulden zu machen sei immer ein „Balanceakt“, denn man dürfe zukünftige Generationen nicht zu stark belasten. Andererseits könne man Kindern und Enkeln auch keine marode Infrastruktur hinterlassen. „Deutschland ist stark genug, diese Kredite dann auch abzubezahlen“, war die SPD-Politikerin überzeugt. (dpa)