Ergebnisse des Corona-GipfelsEntscheidungen zu Ungeimpften gefallen, es drohen nun härtere Regeln

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) informiert bei einer Pressekonferenz am 10. August über die Ergebnisse des Corona-Gipfels von Bund und Ländern.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) informiert bei einer Pressekonferenz am 10. August über die Ergebnisse des Corona-Gipfels von Bund und Ländern.

Der Corona-Gipfel wurde auf den 10. August 2021 vorgezogen. Und klar ist: Ungeimpften drohen jetzt härtere Regeln. So sieht der Plan von Angela Merkel und den Ministerpräsidenten aus.

Urlauber kommen heim, Schulen starten wieder, Ansteckungen steigen: Was heißt das für Corona-Vorgaben im Alltag für die Bürger? Darüber haben Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten am Dienstag (10. August) ab 12.30 Uhr in der Bund-Länder-Konferenz beraten. Das Ziel: Möglichst schnell mehr Menschen für Impfungen zu zu gewinnen.

Kostenlose Tests fallen weg, Testpflicht für Innenräume ab Inzidenz 35

  1. Merkel stellt am Ende der Pressekonferenz noch einmal klar: „Geimpfte werden anders behandelt als Ungeimpfte, auch bei fortschreitendem Infektionsgeschehen.“ Merkel weiter: „Wir müssen die Überlastung des Gesundheitssystems ausschließen, das ist das Allerwichtigste.“
  2. Söder und Müller erklären, dass es sich um diese neuen Regeln um Zwischenergebnisse handelt. Die Lage werde weiterhin regelmäßig bewertet, „wir müssen noch ein ganzes Stück diesen Weg gehen“, so Müller. Vorerst gehe es darum, die Impfungen voranzutreiben.
  3. Die Inzidenz soll nicht der einzige Indikator zur Bewertung der Infektionslage sein. Aber welche Werte sollen denn nun noch zu Rate gezogen werden? Auf Nachfrage kann Söder darauf keine Antwort geben: „Das ist die kniffligste Frage von allen. Ohne Inzidenz geht es nicht.“ Doch eine „Glückformel“ sei noch nicht gefunden. „Da muss man noch dran arbeiten.“
  4. Söder geht noch weiter, schließt auch eine 2-G-Pflicht in naher Zukunft nicht aus: Lockerungen nur für Geimpfte und Genesene. „Impfen ist die leichteste Möglichkeit, Freiheiten zurückzubekommen.“ 
  5. Ist es gerecht, dass Ungeimpfte Tests auf Dauer zahlen müssen? „Wenn man sich bewusst entscheidet, sich von dem Schutz zu distanzieren, kann das nicht der Steuerzahler zahlen, das ist nicht fair“, erklärt Söder. Die vierte Welle schleiche sich bereits heran. „Sie kommt ganz sicher im Herbst“, so Söder.
  6. „Das ist eine Pandemie der Ungeimpften“, so Söder anschließend. Auch er wirbt für das Impfen. „Wir können mit zwei kleinen Pieks aus dieser Endlosschleife herauskommen.“ Bislang reiche das Impftempo nicht. 
  7. Auch Großveranstaltungen seien wieder möglich, mit maximal 25.000 Zuschauern in Stadien.
  8. Müller bestätigt: Das bislang vom Bund finanzierte Angebot kostenloser Corona-Schnelltests für alle Bürger soll am 10. Oktober enden – ab 11. Oktober muss man sie in der Regel selbst bezahlen. „Aber das lässt sich leicht umgehen: Eben durch das Impfen“, so Müller.
  9. Trotz des Impffortschritts „ist hier noch etwas zu tun", erklärt Berlins Regierender Bürgermeister anschließend. „Die Zahl der Ungeimpften ist einfach noch zu groß und das ist bitter.“ Die 60 Prozent seien gut, aber das müsse mehr werden. Gerade bei den Jüngeren seien die Inzidenzen sehr hoch, stellenweise über 100. „Impfen, impfen, impfen ist nach wie vor das Gebot der Stunde.“
  10. Geht es um Partys in Bars und Clubs, erklärt Merkel: Hier können ergänzende Regelungen zur 3G-Regelung von den Ländern beschlossen werden. Merkel: „Wir setzen jetzt voll auf das Testen.”
  11. Merkel erklärte, die Basisschutzmaßnahmen müssten erhalten bleiben: Maskenpflicht im Einzelhandel oder im ÖPNV etwa, oder die AHA+L-Regel. Bei Veranstaltung in Innenräumen soll die 3G-Regel gelten (Geimpft, genesen, getestet), dazu zählt auch die Innengastronomie oder der Besuch in Pflegeheimen, aber auch bei körpernahen Dienstleistungen. Diese Regel gelte ab einer Inzidenz ab 35. „Die Länder können Regelungen vorsehen, dass die 3G-Regel ganz oder teilweise ausgesetzt ist, solange die 7-Tage-Inzidenz in einem Landkreis unter 35 Infektionen pro 100.000 Einwohnern liegt.“
  12. Trotz der Impffortschritte gebe es eine Steigerung des Infektionsgeschehens: Merkel betonte, es müsse neben der Inzidenz auch andere Indikatoren für die Bewertung des Infektionsgeschehens geben.
  13. Impfen sei „ein Beitrag für die Gemeinschaft“. Merkel sagte, es wäre gut, bei der Impfquote „deutlich über 70 Prozent und hin zu 80 Prozent zu kommen“, was im Augenblick nicht als gesichert angesehen werden könne.
  14. Wie sehen die Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Pandemie aus? Merkel: „Wir haben jetzt genug Impfstoff, wir müssen dafür werben, dass genug geimpft wird.“ Andere Länder seien da weiter vorangeschritten, mahnte Merkel. Auch bei der Delta-Mutation sei die Impfwirkung sehr positiv zu bewerten, allerdings sei das Impftempo zu langsam. Merkel wünscht sich mehr niederschwellige Angebote. „Bitte werben Sie auch in der Familie oder in Vereinen für den Impfschutz. Wir tun etwas für uns und für alle.“
  15. Mit fast einstündiger Verspätung startet die Pressekonferenz, auf der die Bundeskanzlerin zusammen mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) die Ergebnisse des Corona-Gipfels vorstellt. Zunächst aber geht es um die Flutkatastrophe in NRW: Merkel dankt noch einmal den vielen freiwilligen Helfern und informiert über die 30.-Mrd-Euro-Hilfe für den Wiederaufbau.

Corona-Gipfel am 10. August: Das sind die Pläne von Merkel und den Länder-Chefs

  1. IMPFEN: Bund und Länder wollen einen erneuten Appell senden, jetzt überall leicht erreichbare Impfgelegenheiten anzunehmen - und zwar schnellstmöglich. „Wer im Herbst einen vollständigen Impfschutz haben möchte, muss jetzt mit der Impfung beginnen“, heißt es im Entwurf. Vollständig geimpft sind 45,8 Millionen Menschen oder 55,1 Prozent aller Einwohner. Für einen Grundschutz der ganzen Gesellschaft reicht das aber auch angesichts der ansteckenderen Delta-Virusvariante noch nicht. „Wir haben genug Impfstoff für alle Altersgruppen“, warb Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Das versprochene Angebot für alle im Sommer ist laut Bund jetzt da - das Impftempo stockt aber.
  1. TESTEN: Schon vor den Beratungen trafen Vorschläge auf breite Zustimmung, das Angebot kostenloser Schnelltests für alle im Herbst auslaufen zu lassen - durchaus auch als Extra-Anstoß für mehr Impfungen, die ja gratis sind. Das vom Bund finanzierte Angebot kostenloser Corona-Schnelltests für alle Bürger soll am 10. Oktober enden – ab 11. Oktober muss man sie in der Regel selbst bezahlen. Berlins Regierender Bürgermeisters Michael Müller (SPD) als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz nannte bereits zuvor im ZDF dieses Datum. „Dann hat ab jetzt jeder acht Wochen Zeit, sich impfen zu lassen.“ Gratis sollen Schnelltests dann wohl nur noch für Menschen sein, die nicht geimpft werden können oder für die es keine allgemeine Impfempfehlung gibt wie für Schwangere oder Unter-18-Jährige. Für Innenräume etwa von Hotels und Restaurants oder bei Veranstaltungen seien verbindliche Testnachweise notwendig. Einkaufen wird davon ausgenommen sein.
  1. SCHUTZMAßNAHMEN: Kein Streit zeichnete sich dazu ab, den Basis-Schutz mit Abstand, Hygiene und Maskenpflicht in manchen Bereichen bestehen zu lassen: in Bussen, Bahnen oder Geschäften. Angepeilt wurden zudem einheitliche Vorgaben, die „3G-Regel“ für den Zugang zu bestimmten Innenräumen zu verankern: Also, dass nur hinein oder teilnehmen kann, wer geimpft, genesen oder frisch negativ getestet ist. Gelten könnte dies laut Entwurf etwa für Kliniken, Pflegeheime, Innengastronomie, Veranstaltungen drinnen, Gottesdienste, beim Friseur sowie für Fitnessstudios, Schwimmbäder oder Sporthallen. Bei Beherbergungen könnte ein Test bei Anreise und dann zwei Mal pro Woche kommen. Starten könnte dies laut Entwurf noch im August - das genaue Datum war vorerst offen. Möglich wären demnach Schnelltests, die nicht älter sind als 24 Stunden - oder genauere PCR-Tests, die bis zu 48 Stunden zurückliegen könnten. Ausgenommen wären dem Entwurf zufolge voll Geimpfte, Genesene und Schüler ab 6 Jahren, die ohnehin regelmäßig getestet werden. Im Gespräch war auch, dass die Länder die 3G-Regel bei stabil niedriger Sieben-Tage-Inzidenz aussetzen können.
  1. DER CORONA-RAHMEN: Es zeichnete sich ab, dass eine wichtige Rechtsgrundlage wohl bestehen bleiben soll - die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“. Auch die Gesundheitsminister aller Länder sprachen sich am Montag einstimmig dafür aus, dass der Bundestag sie über den 11. September hinaus verlängert. Das Parlament hatte das zuletzt am 11. Juni getan - ohne erneutes Votum würde die Sonderlage nach drei Monaten auslaufen. Sie gibt dem Bund das Recht, direkt Verordnungen etwa zu Tests und Impfungen zu erlassen. Auch Maßnahmen der Länder wie Maskenpflicht oder Kontaktbeschränkungen beziehen sich laut Infektionsschutzgesetz auf die Feststellung dieser Sonderlage. Im Entwurf heißt es außerdem, Bund und Länder wollten sich auf „weitere Maßnahmen“ verständigen, falls die Anstrengungen beim Impfen und Testen nicht reichten, das Infektionsgeschehen zu kontrollieren. Dazu sollten „alle Indikatoren“ genau beobachtet werden, insbesondere die Inzidenz, aber auch die Impfquote, schwere Krankheitsverläufe und die Belastung des Gesundheitswesens, wird im Entwurf hervorgehoben.

Das sind die Pläne der Regierung für die Fluthilfe

Bund und Länder wollten außerdem einen Fonds vereinbaren, um den Wiederaufbau nach dem Hochwasser im Westen Deutschlands zu finanzieren - im Gespräch war nach dpa-Informationen ein mögliches Volumen von etwa 30 Milliarden Euro. Die Bauprojekte sollen je zur Hälfte von Bund und Ländern finanziert werden, heißt es im Entwurf von Montagabend. Genaue Summen waren noch nicht beziffert. Vor allem in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz gibt es massive Schäden.

Geplant ist ein Bundesgesetz. Der Bundestag soll dazu voraussichtlich am 25. August zu einer Sondersitzung zusammenkommen, wie die dpa aus Koalitionskreisen erfuhr. Auch der Bundesrat muss die Pläne billigen.

Beraten wollte die Bund-Länder-Runde am Dienstag auch über Verbesserungen etwa bei Warnungen für die Bürger. Dazu gehören ein Programm zur Ertüchtigung von Sirenen und ein System, das ähnlich wie bei einer SMS Nachrichten an Handy-Nutzer verschickt - und zwar an alle, die sich zu dem Zeitpunkt in einer Funkzelle aufhalten. Diese Technik wird in vielen anderen Staaten bereits genutzt. (dpa/red)