Der Bundeskanzler unterbricht seinen Urlaub, fliegt nach Köln und trifft sich nach dem Gefangenenaustausch zwischen Russland und dem Westen mit Freigelassenen. Anschließend zeigt er sich emotional.
Deal mit RusslandFreigelassene Häftlinge in Köln gelandet – Olaf Scholz findet klare Worte
Nach ihrer Landung hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz am Flughafen Köln/Bonn mit mehreren Freigelassenen des Gefangenenaustauschs zwischen Russland, Belarus und dem Westen getroffen. „Das war sehr bewegend“, sagte der SPD-Politiker anschließend.
Viele hätten nicht damit gerechnet, dass das jetzt passiere und seien immer noch voller Gefühle, nun doch ganz plötzlich in Freiheit sein zu können. „Viele haben um ihre Gesundheit und auch um ihr Leben gefürchtet, das muss sehr klar gesagt werden und deshalb ist es auch wichtig, dass wir ihnen diesen Schutz jetzt hier ermöglicht haben“, fügte Scholz hinzu.
Olaf Scholz: Austausch war die richtige Entscheidung
Zwei Maschinen mit insgesamt 13 Personen waren zuvor aus Ankara gelandet, wo der Gefangenenaustausch über die Bühne ging. Scholz hatte seinen Urlaub unterbrochen und war ebenfalls nach Köln geflogen. Insgesamt waren bei der Aktion 26 Gefangene an die jeweils andere Seite überstellt worden: Darunter fünf Deutsche, drei US-Amerikaner, ein russisch-britischer Staatsbürger mit dauerhafter Aufenthaltsgenehmigung für die USA („Greencard“) und sieben russische Oppositionelle und Kremlkritiker.
Belarus ließ etwa den zunächst zum Tode verurteilten und später begnadigten Deutschen Rico K. frei. Auch der Deutsche Patrick S., der wegen Cannabis-Gummibärchen im Gepäck am Flughafen in Sankt Petersburg festgenommen worden war, wurde an Deutschland übergeben. Russland ließ außerdem den wegen Spionage verurteilten Korrespondenten des „Wall Street Journal“, Evan Gershkovich, und den ehemaligen US-Soldaten Paul Whelan frei.
Freilassung des „Tiergartenmörders“: Angehörige des Opfers entsetzt
Den Gefangenaustausch mit Russland und dessen Partner Belarus hatte Scholz zuvor als schwierige Entscheidung bezeichnet, besonders mit Blick auf die Freilassung des sogenannten Tiergartenmörders Wadim K. Nach dem Treffen mit den Ex-Gefangenen bezeichnete er den Austausch aber auch als richtige Entscheidung. „Und wenn man da irgendwelche Zweifel hatte, dann verliert man die nach dem Gespräch mit denjenigen, die jetzt in Freiheit sind.“
Dass der Russe Wadim K. aus deutscher Haft entlassen wurde, stößt bei einigen dennoch auf Kritik. Vor allem bei den Angehörigen des Opfers des „Tiergartenmörders“. „Das war eine niederschmetternde Nachricht für uns Angehörige“, teilten diese über ihre Anwältin Inga Schulz der Deutschen Presse-Agentur in Berlin mit.
Das Berliner Kammergericht hatte den heute 58-jährigen 2021 wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Zudem stellte es die besondere Schwere der Schuld fest, was normalerweise eine Haftentlassung nach 15 Jahren nahezu ausschließt. Die Angehörigen des von Wadim K. ermordeten Georgiers waren im Prozess als Nebenkläger aufgetreten.
Freigelassener Russe erschoss 2019 im Auftrag staatlicher russischer Stellen den Georgier in Berlin
Laut Urteil hat der Russe am 23. August 2019 in der Parkanlage Kleiner Tiergarten in Berlin im Auftrag staatlicher russischer Stellen den Georgier tschetschenischer Abstammung heimtückisch erschossen. Dafür habe der frühere Oberst einer Spezialeinheit des russischen Geheimdienstes FSB eine Alias-Identität erhalten. Das Opfer hatte in Deutschland Schutz gesucht. Der Mann hatte während des zweiten Tschetschenien-Krieges mehrere Jahre lang eine Miliz im Kampf gegen Russland angeführt. Nach Moskauer Darstellung war er für Dutzende Tote unter russischen Sicherheitskräften verantwortlich. Russische Behörden hatten ihn als tschetschenischen Terroristen eingestuft.
Olaf Scholz betonte: „Und dass diejenigen, die um ihr Leben fürchten müssen, weil sie sich für Demokratie und Freiheit eingesetzt haben, dann auch auf den Schutz anderer rechnen können, das gehört zu unserem Selbstbildnis als demokratische humanistische Gesellschaft dazu.“ (dpa)