Vierte Erhöhung in FolgeEZB hebt Leitzins um 0,5 Prozentpunkte an – und gibt düsteren Ausblick

Die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main nach Sonnenuntergang.

Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins zum vierten Mal in Folge erhöht. Das Symbolfoto zeigt das EZB-Gebäude in Frankfurt am Main nach Sonnenuntergang am 14. Dezember 2022.

Die Inflation im Euroraum hält sich hartnäckig auf hohem Niveau. Die Europäische Zentralbank stemmt sich mit einer weiteren Zinserhöhung um 0,5 Prozentpunkte dagegen. In Sachen Inflationsrate gibt es schlechte Aussichten.

Im Kampf gegen die hartnäckig hohe Inflation erhöhen die Euro-Währungshüter zum vierten Mal in Folge die Zinsen und treten bei Anleihenkäufen auf die Bremse. Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) beschloss am Donnerstag (15. Dezember 2022) eine Zinsanhebung um 0,50 Prozentpunkte und stellte weitere Zinserhöhungen in Aussicht.

Zunächst steigt der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB leihen können, auf 2,50 Prozent, wie die Notenbank in Frankfurt mitteilte. Angesichts wachsender Sorgen um die Konjunktur fällt die Anhebung allerdings etwas geringer aus als die beiden vorangegangenen Zinsschritte.

EZB-Leitzins steigt auf 2,5 Prozent

Zugleich will die Notenbank den Umfang der in den vergangenen Jahren von den Euro-Notenbanken aufgekauften, milliardenschweren Anleihenbestände verringern. Von März 2023 sollen Gelder aus auslaufenden Wertpapieren des billionenschweren allgemeinen Kaufprogramms APP nicht mehr in vollem Umfang in den Kauf neuer Anleihen gesteckt werden. Bis zum Ende des zweiten Quartals 2023 sollen die Bestände monatlich im Durchschnitt um 15 Milliarden Euro verringert werden.

Den Erwerb frischer Wertpapiere hatte die EZB bereits zum 1. Juli 2022 eingestellt. Insgesamt steckte die Notenbank im Rahmen des seit März 2015 genutzten Programms bis Ende November des laufenden Jahres mehr als 3,4 Billionen Euro in Staatsanleihen und Unternehmenspapiere. Mit der nun beschlossenen Eindämmung der Geldflut sendet die EZB ein weiteres Signal in Richtung Inflationsbekämpfung.

Die Notenbank strebt für den Euroraum mittelfristig stabile Preise bei einer Inflationsrate von zwei Prozent an. Von diesem Ziel sind die Währungshüter derzeit weit entfernt. Im November lag die Teuerung im gemeinsamen Währungsraum der 19 Länder bei 10 Prozent. Im Oktober hatte die Inflation mit 10,6 Prozent einen Höchststand erreicht.

Höhere Zinsen verteuern Kredite, dies bremst die Nachfrage und kann hohen Teuerungsraten entgegenwirken. Dies kann aber zugleich die Wirtschaftsentwicklung im Währungsraum dämpfen, der seit Monaten mit den Folgen des Ukraine-Krieges und einem massiven Anstieg der Energiepreise zu schaffen hat. Nach jüngsten Ausführungen von EZB-Chefvolkswirt Philip R. Lane gehen die Euro-Währungshüter allerdings davon aus, dass eine mögliche Rezession „mild und von kurzer Dauer sein wird“.

Der sogenannte Einlagensatz, den Kreditinstitute erhalten, wenn sie Geld bei der EZB parken, steigt nach der Entscheidung vom Donnerstag auf 2,00 Prozent. Sparer profitieren inzwischen von steigenden Zinsen für Tages- und Festgeld. Allerdings mindert die hohe Inflation die Erträge. „Die hohe Inflation gleichen auch die besten Festgeldkonten nicht aus. Sie dienen aber immerhin als Schadensbegrenzung“, heißt es in der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift „Finanztest“.

Nach längerem Zögern hatte der EZB-Rat bei seiner Sitzung am 21. Juli erstmals seit elf Jahren die Zinsen im Euroraum wieder angehoben. Es folgten zwei weitere historische Erhöhungen um jeweils 0,75 Prozentpunkte. Die Währungshüter hatten die hohe Inflation lange als vorübergehend interpretiert und leiteten den Kurswechsel daher erst später ein als beispielsweise die US-Notenbank Fed.

Die US-Notenbank hatte am Mittwoch ihren Leitzins um 0,5 Prozentpunkte erhöht. Die Fed leitete damit einen etwas moderateren Kurs ein, signalisierte aber weitere Anhebungen. Der Leitzins in den USA liegt nun in einer Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent.

EZB rechnet mit höherer Inflation 2022 und 2023

Derweil wird die Teuerungsrate im Euroraum in diesem Jahr nach Einschätzung der Europäischen Zentralbank (EZB) noch höher ausfallen als vor drei Monaten erwartet. Die Notenbank rechnet inzwischen mit durchschnittlich 8,4 Prozent Inflation 2022. In ihrer September-Prognose hatte die EZB noch eine Rate von 8,1 Prozent vorhergesagt.

Für das kommende Jahr rechnet die EZB im Jahresschnitt nun mit 6,3 Prozent (September: 5,5 Prozent). Für 2024 sagt sie eine Inflationsrate von 3,4 (2,3) Prozent voraus. In der erstmals für 2025 vorlegten Prognose wird von 2,3 Prozent ausgegangen.

Die Notenbank strebt für den Währungsraum mittelfristig ein stabiles Preisniveau bei einer jährlichen Teuerungsrate von 2 Prozent an. Getrieben wird die Inflation seit Monaten vor allem von Energie- und Lebensmittelpreisen, die nach dem russischen Angriff auf die Ukraine kräftig anzogen.

Im laufenden und im kommenden Quartal könnte die Wirtschaft im Euroraum nach Einschätzung der EZB schrumpfen. Allerdings werde eine Rezession relativ kurz und milde sein. Insgesamt wird die Wirtschaft im Euroraum der neuesten EZB-Vorhersage zufolge im kommenden Jahr um 0,5 (September-Prognose: 0,9) Prozent wachsen - nach erwarteten 3,4 (3,1) Prozent in diesem Jahr. 2024 soll das Bruttoinlandsprodukt um 1,9 Prozent zulegen. Für 2025 wird ein Anstieg der Wirtschaftsleistung um 1,8 Prozent erwartet. (dpa)