Opfer der Sittenpolizei?Kopftuch falsch getragen: Tausende demonstrieren im Iran nach Mahsas (†22) Tod

Nach dem gewaltsamen Tod von Mahsa Amini kam es in der Nacht zum Dienstag (20. September 2022) erneut zu heftigen Unruhen im Iran.

Nach dem gewaltsamen Tod von Mahsa Amini kam es in der Nacht zum Dienstag (20. September 2022) erneut zu heftigen Unruhen im Iran.

Der Tod von Mahsa Amini hat im Iran für heftige Ausschreitungen gesorgt. Die junge Frau war von Sittenwächtern festgenommen worden und im Gewahrsam gestorben.

Wurde Mahsa Amini (22) ein Opfer der islamischen Sittenwächter? Nach dem Tod der jungen Frau in Polizeigewahrsam sind Tausende Menschen im Iran auf die Straßen gegangen, um ihre Wut und Trauer auszudrücken. Die erzkonservative Staatsspitze ist in Erklärungsnot.

Iranerinnen und Iraner im ganzen Land demonstrierten auf den Straßen und forderten die Aufklärung des Todesfalls. Alleine in der Hauptstadt Teheran kamen am Montagabend (19. September 2022, Ortszeit) Tausende Menschen zusammen, um den Tod von Mahsa Amini anzuprangern. Sicherheitskräfte nahmen einige Demonstranten fest, wie die iranische Nachrichtenagentur Fars berichtete.

Unislamisches Outfit: Junge Frau von Sitten- und Religionspolizei festgenommen

Die junge Frau war am vergangenen Dienstag von der Sitten- und Religionspolizei wegen ihres „unislamischen Outfits“ festgenommen worden. Was genau danach geschah, ist unklar, jedenfalls fiel Amini ins Koma und starb am Freitag in einem Krankenhaus.

Auch in anderen Städten der Islamischen Republik sowie Aminis Heimatprovinz Kurdistan gingen etliche Menschen auf die Straße. Dabei kam es Medienberichten zufolge zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten. An mehreren Orten riefen die Teilnehmer der Proteste: „Wir fürchten uns nicht, wir sind alle zusammen“ - eine Parole, die vor allem während der Demonstrationen nach der umstrittenen Präsidentenwahl 2009 populär geworden war.

Nicht nur im Iran, auch über die Landesgrenzen hinaus löste Aminis Schicksal große Anteilnahme und Bestürzung aus. So forderte ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, die Verantwortlichen für ihren Tod müssten zur Rechenschaft gezogen und die Grundrechte aller Menschen im Iran geschützt werden - auch die von Häftlingen.

Im Internet trauerten viele Iraner um die junge Frau, die am Dienstag während eines Familienbesuchs in Teheran festgenommen und auf eine Polizeiwache gebracht worden war. Nach Polizeiangaben fiel sie dort wegen Herzversagens zunächst in Ohnmacht und danach ins Koma. Am Freitag wurde ihr Tod bestätigt.

Im Netz kursierte jedoch auch eine andere Version. Nach der Verhaftung sei ihr Kopf im Polizeiauto gegen die Scheibe geschlagen worden, was zu einer Hirnblutung geführt habe. Die Polizei wies diese Darstellung vehement zurück. Die Klinik, in der die 22-Jährige behandelt wurde, hatte nach ihrem Tod in einem inzwischen gelöschten Post bei Instagram geschrieben, dass Amini bereits bei der Aufnahme im Krankenhaus am Dienstag hirntot gewesen sei.

Die Polizei und auch die Regierung des erzkonservativen Präsidenten Ebrahim Raisi sind aufgrund des Todes der Frau und der landesweiten Entrüstung in Erklärungsnot geraten. Zur Empörung über den Fall Amini kommt die seit langem miserable Wirtschaftslage hinzu, viele Menschen bekommen die Krise in ihrem Alltag hart zu spüren. Zuletzt schwanden auch die Aussichten auf eine Wiederbelebung des Atomdeals mit dem Westen, von dem sich viele Iraner die Aufhebung von Sanktionen erhoffen.

Seit der Islamischen Revolution im Jahr 1979 gelten im Iran strenge Kleidungsvorschriften. Insbesondere in den Metropolen und reicheren Vierteln sehen viele Frauen die Regeln inzwischen aber eher locker und tragen beispielsweise ihr Kopftuch nur locker auf dem Hinterkopf - zum Ärger erzkonservativer Politiker. Die Regierung unter Präsident Raisi und religiöse Hardliner im Parlament versuchen seit Monaten, die islamischen Gesetze strenger anwenden zu lassen. Die Sittenpolizei setzt die Kleidungsvorschriften teils auch mit Gewalt durch. (dpa)