Ein Toter, Verletzte, attackierte Rettungskräfte und Polizei: Die Bilanz der Silvester-Böllerei ist schwierig bis verheerend. Sind private Feuerwerke noch zeitgemäß? Unser Redakteur meint in seinem Kommentar: Wo die Eigenverantwortung versagt, braucht es Verbote.
Debatte über BöllerverbotAttacken auf Rettungskräfte: Der Staat muss für sicheres Silvester sorgen
Mit einem lauten Knall die bösen Geister aus dem letzten Jahr vertreiben, um Platz für etwas Neues zu schaffen – wann, wenn nicht in diesen Zeiten hätte ein solcher Brauch eine größere Berechtigung? Krisen, Krieg und Katastrophen bestimmen wie seit Jahrzehnten nicht mehr unseren Alltag.
Genau zu diesem Zweck ist es den Menschen einmal im Jahr erlaubt, Feuerwerkskörper zu erwerben, um damit an Silvester das neue Jahr zu begrüßen. Und die machten auch 2022 wieder davon Gebrauch: Trotz Verbotszonen in einigen Städten setzten die Pyrotechnik-Hersteller mit 120 Millionen Euro soviel um wie 2019, dem Jahr vor der Corona-Pandemie.
Feuerwerk an Silvester: Staat setzt auf Eigenverantwortung
Dabei setzt der Staat auf die in letzter Zeit auch bei anderen Themen immer wieder postulierte Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger. Doch die wurde vielerorts mit Füßen getreten. Niemand will es einer Familie verdenken, wenn die Kinder ein paar Knallfrösche schmeißen und die Eltern um zwölf Uhr ein paar Raketen in den Nachthimmel schießen.
Doch dass sich das Böllern über mehrere Tage hinzieht und so unter anderem die Tierwelt in Angst und Schrecken versetzt wird, ist ungehörig.
Wer dann Bilder auf Social Media sieht, auf denen Feuerwerk für einen mittleren dreistelligen Betrag und mit „Grüßen“ an die Grünen und Greta Thunberg zum Abschuss bereitsteht, der merkt, dass so mancher allzu oft Freiheit mit grenzenlosem Egoismus verwechselt.
Ganz abgesehen davon, dass es in Zeiten, wo Menschen ihre Stromrechnung nicht mehr bezahlen können, in der Ukraine gekämpft und gefroren und in Afrika gehungert wird, eine derartige Verschwendung von Geld und Ressourcen neben der Verschmutzung der Umwelt grotesk wirkt.
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Der Punkt, wo aber jedes Verständnis aufhört, ist, wenn Kinder von Dritten verletzt werden. Wo sich Menschen am helllichten Tag nicht mehr aus der Wohnung trauen können, Rettungskräfte, Feuerwehr und die Polizei in Hinterhalte gelockt und mit Feuerwerk beschossen werden.
Daraus eine Migrationsdebatte zu stricken, ist er falsche Ansatz. Liest man sich die Meldungen über die Vorfälle aus der Silvesternacht durch, wird vor allem eins deutlich: Feuerwerks- und Schusswaffenmissbrauch ist ein vordringlich männliches Problem, ob in Neukölln, Bonn oder in Sachsen-Anhalt.
Wenn so etwas passiert, dann muss man sich eingestehen, dass das Prinzip Eigenverantwortung an dieser Stelle komplett versagt hat. Dann ist das Recht auf Freiheit hier verwirkt und es muss ein Verbot her. Das ist schade für all die, die friedlich und aus Spaß maßvoll böllern. Aber der Schutz von Menschen geht an dieser Stelle vor.