Der heutige Tag ist vielleicht so wichtig wie selten zuvor: zum 80. Mal wird der Befreiung des KZ Auschwitz gedacht. In einer Zeit, in welcher der Rechtspopulismus massiv auf dem Vormarsch ist, ist es wichtiger denn je, die Erinnerung an den Holocaust hochzuhalten. Doch eine Umfrage zeigt Erschreckendes. Ein Kommentar.
KommentarZwölf Prozent der Menschen in Deutschland? Das ist eine Schande!
Wer einmal im ehemaligen deutschen Vernichtungslager in Auschwitz war, bekommt es nie wieder aus dem Kopf: Der Todesblock und die Todeswand, die Gaskammer, das Krematorium – Hunderte Schuhe von Kindern und Babys. Ehemalige Häftlinge, die von dem Wahnsinn berichten, der an diesem Ort stattfand. Und die tiefe Scham, die man als Deutscher dort empfinden muss.
Die Nazis und ihre Kollaborateure haben rund sechs Millionen Jüdinnen und Juden systematisch verfolgt und ermordet – und in Auschwitz wird besonders deutlich, welche „Tötungs-Industrie“ dafür von den Deutschen aufgebaut worden war. Doch eine neue Studie zeigt: Immer weniger junge Menschen in unserem Land wissen vom Holocaust und den schrecklichen Folgen.
Fast jeder und jede Achte gibt an, der Begriff Holocaust sei unbekannt
Eine Umfrage der „Jewish Claims Conference“ zeigt: In Deutschland sagten zwölf Prozent von ihnen, der Begriff Holocaust sei ihnen unbekannt.
Eine alarmierende und erschreckende Zahl: Denn im Klartext heißt das, fast jeder Achte zwischen 18 und 29 Jahren kann in unserem Land mit Holocaust und Shoah nichts anfangen. Und kennt die fabrikmäßig Mord-Maschinerie nicht, die sich deutsche Köpfe einst erdachten.
In der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen gaben bei der Befragung zudem ganze 40 Prozent an, nicht gewusst zu haben, wie viele Menschen in der Zeit des Nationalsozialismus ermordet wurden.
KZ-Besuch muss in deutschen Schulen verpflichtend werden
Dass 80 Jahre nach dem Ende der Nazi-Diktatur und nach der Befreiung des KZ Auschwitz solch eine massive Wissenslücke in unsere Gesellschaft klafft, ist eine riesige Schande! Gerade jetzt, in einer Zeit, in welcher der Rechtspopulismus auf dem Vormarsch ist und der die AfD über 20 Prozent der Stimmen erreicht – eine Partei, die in Teilen als „gesichert rechtsextremistisch“ gilt – ist es umso wichtiger, dass sich wirklich jeder und jede mit dem Holocaust auseinandersetzt. Vor allem junge Menschen. Denn die vergangenen Wahlen zeigten, dass die AfD besonders bei ihnen populär ist.
Aber: Die letzten Monate haben gezeigt, auf welch wackeligen Beinen die Demokratieförderung in Deutschland steht. Erst in letzter Minute hat der Bund sein umfangreiches Demokratieföderprogramm „Demokratie leben!“ in der vergangenen Woche verlängert, 182 Millionen Euro gehen an Projekte, die sich für Demokratie und Zusammenhalt einsetzen. Zuvor wurde im Zuge von Sparvorhaben darüber diskutiert, genau diese Förderung zu kürzen – zahlreiche Organisationen schlugen Alarm.
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Schluss mit den Sparplänen! Die Demokratieförderung muss in Zukunft viel konsequenter von der Regierung unterstützt werden, der Besuch eines KZs in jeder Schule und Bildungseinrichtung endlich verpflichtend – um den Wissenslücken entgegenzuwirken. Das Schulsystem ist vermutlich das stärkste Instrument, das Deutschland hat, um Kinder und Jugendliche über sein dunkelstes Kapitel aufzuklären.
Dass wir die Aufklärung über den Holocaust stärken, schulden wir nicht nur den Millionen ermordeten Jüdinnen und Juden – sondern auch uns selbst als Demokratie. Bildung ist vermutlich das effektivste Mittel, um dem Rechtsruck in unserem Land entgegenzuwirken.