Premiere im BundestagFraktion steht vor dem Aus – heute will sie ihr eigenes Ende beschließen

Dietmar Bartsch und Sahra Wagenknecht im Bundestag.

Dietmar Barsch hat sich im ZDF-Morgenmagazin zur Fraktionsauflösung und der Zukunft der Linkspartei geäußert. (Foto: 8. August 2022)

Das gab es noch nie! Die Linksfraktion plant ihre Auflösung, nachdem klar ist, dass sie und Sahra Wagenknecht getrennte Wege gehen werden. Der Fraktionsvorsitzende sieht jedoch auch Positives.

Die Linksfraktion im Bundestag will am Dienstag (14. November) ihr eigenes Ende beschließen und wird damit Parlamentsgeschichte schreiben.

Fraktionschef Dietmar Bartsch sieht die bevorstehende Auflösung auch als Möglichkeit eines Aufbruchs nach langen Streitigkeiten. „Es ist das Ende der Fraktion, aber es ist die Chance für einen Neustart“, sagte Bartsch am Dienstag im ZDF-„Morgenmagazin“. Die „lähmende Selbstbeschäftigung“ müsse vorbei sein. „Es liegt an uns, ob wir es wirklich schaffen, Politik, Politik und nochmals Politik zu betreiben, oder ob es weiterhin Auseinandersetzungen gibt.“

Die Linke plant Aufbruch: Partei will Auflösung beschließen

Die Linksfraktion im Bundestag will an diesem Dienstag ihre Auflösung beschließen und ein Datum dafür festlegen. Hintergrund ist der Austritt der Abgeordneten Sahra Wagenknecht und neun weiterer Parlamentarier aus der Partei die Linke. Ohne sie verliert die Linksfraktion ihre Mindestgröße.

„Das ist heute sicherlich ein Tag, der kein Grund zur Freude bringt“, sagte Bartsch. Er betonte aber, die Linke bestehe nicht nur aus der Bundestagsfraktion – in drei Bundesländern regiere die Partei mit, sie stelle einen Ministerpräsidenten. „Aber es liegt an uns, ob wir einen Aufbruch wirklich hinkriegen.“

„Das ist die Herausforderung“

Es wird erwartet, dass nun zwei neue parlamentarische Gruppen entstehen: die verbliebenen 28 Linken-Abgeordneten einerseits und Wagenknecht mit ihren Unterstützerinnen und Unterstützern andererseits. Eine Gruppe hat im Vergleich zu einer Fraktion weniger parlamentarische Rechte und bekommt auch weniger finanzielle Unterstützung aus der Staatskasse. Die Gruppen brauchen zur Anerkennung die Unterstützung der übrigen Fraktionen im Ältestenrat und im Plenum.

„Es ist natürlich ein Einschnitt und die Möglichkeiten werden geringer“, sagte Bartsch. Er kündigte an, alles zu tun, „dass wir möglichst schnell anerkannt werden und unsere Aufgabe wahrnehmen“.

Er erinnerte an die Zeit, als die Linke-Vorgängerpartei PDS als Gruppe im Bundestag war. „Aber wir haben es aus der Gruppe geschafft, wieder Fraktion zu werden. Und das ist die Herausforderung.“

Dass sich eine Bundestagsfraktion während der laufenden Legislatur auflöst, ist neu. Solche „Liquidationen“ gab es bisher nur nach Wahlniederlagen: 2013 wurde die FDP-Fraktion im Bundestag liquidiert, als sie an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte. 2002 durchlief die Linken-Vorgängerin PDS bereits einmal ein solches Verfahren. Damals schafften nur zwei Direktkandidatinnen den Sprung in den Bundestag.

Weil Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Räume und Verträge gekündigt werden müssen, kann eine Liquidation Jahre dauern. Die Gründung der neuen Gruppen kann schon vorher beginnen.

Die Linksfraktion erhielt 2022 rund 11,5 Millionen Euro staatlicher Zuwendungen, wie aus einer Unterrichtung von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) vom September hervorgeht. Die Personalausgaben für Fraktionsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter werden mit rund 9,3 Millionen Euro angegeben. Die Fraktion muss nun allen 108 Mitarbeitern kündigen. Einige von ihnen könnten bei den beiden neuen Gruppen einen neuen Job finden. (dpa)