Bund und Länder sind sich einig, dass Deutschland ukrainischen Flüchtlinge helfen will. Doch bei der Ministerpräsidentenkonferenz am 7. April gerieten die Länderchefs offenbar immer wieder aneinander.
Ukraine-KriegWelche Hilfe bekommen Flüchtende? Bund und Länder streiten stundenlang bei Gipfel-Treffen
Trotz stundenlanger Verhandlungen von Bund und Ländern hat sich am Donnerstagabend zunächst keine Einigung abgezeichnet bei der Verteilung der Kosten für die Versorgung ukrainischer Kriegsflüchtlinge. Die am Nachmittag gestarteten Beratungen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und den Ministerpräsidenten wurden nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Abend zwischenzeitlich unterbrochen und dann wieder fortgesetzt. Während der Pause würden aber Kompromisse ausgelotet, hieß es aus Teilnehmerkreisen.
Die Länder fordern vom Bund auch für die Kommunen verbindliche Zusagen für die Finanzierung der Unterbringung, Verpflegung, Gesundheitsversorgung und Betreuung der Flüchtenden und Vertriebenen aus der Ukraine. Unter anderem fordern die Länder Geld für die Bereitstellung von Kinderbetreuungs- und Bildungsplätzen sowie für die Wohnkosten. Dem Vernehmen nach war am Abend noch keine nennenswerte Annäherung erreicht.
MPK am 7. April: Bund und Länder streiten über Kriegsflüchtende
Das Treffen mit Olaf Scholz hatte am Nachmittag bereits mit einstündiger Verspätung begonnen, da die Länderchefs untereinander deutlich mehr Gesprächsbedarf hatten als zunächst eingeplant. Bei dem Bund-Länder-Treffen geht es auch darum, wie die Registrierung und Verteilung der ankommenden Ukrainer auf die Länder und Kommunen am besten organisiert werden kann.
Mehrere Länderchefs hatten den Bund vor der Konferenz - an der die meisten von ihnen per Video teilnahmen - zu verbindlichen, konkreten Zusagen aufgefordert. Bereits vor Sitzungsbeginn war parteiübergreifend aus Teilnehmerkreisen von vielen noch offenen Fragen und Uneinigkeit die Rede.
Geflüchtete aus der Ukraine sollen nach den Vorstellungen der kommunalen Spitzenverbände staatliche Grundsicherung erhalten, also die gleichen Leistungen wie etwa Hartz-IV-Empfänger. Für die Kriegsflüchtende hätte das Vorteile: Sie erhielten höhere Leistungen und eine bessere Gesundheitsversorgung. Außerdem bekämen sie früher Unterstützung bei der Integration in den Arbeitsmarkt und hätten mit den Jobcentern eine zentrale Anlaufstelle. Für diese Lösung haben sich die Kommunen auch starkgemacht, weil der Bund die Ausgaben für die Grundsicherung trägt. Zudem besteht die Erwartung, dass er sich in erheblichem Umfang an den Kosten für die Unterkunft beteiligt.
Ukraine-Krieg: EU macht Einreise für Flüchtende einfacher
Die Europäische Union hat entschieden, für die Aufnahme der Kriegsflüchtende aus der Ukraine erstmals die sogenannte Massenzustrom-Richtlinie zu aktivieren. Diese sieht vor, dass die Schutzsuchenden keinen Asylantrag stellen müssen, sondern erst einmal einen Aufenthaltstitel für ein Jahr erhalten und arbeiten dürfen. Eine Verlängerung auf bis zu drei Jahre ist möglich.
Bei ihrer Konferenz am 17. März hatten sich Bund und Länder grundsätzlich verständigt, die Aufnahme der Kriegsflüchtende als Gemeinschaftsaufgabe anzugehen. Für die Kostenfrage sollte eine Arbeitsgruppe bis zum 7. April einen Beschluss vorbereiten. Zu entscheiden ist, ob Ukraine-Flüchtende Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder Grundsicherung erhalten sollten.
Ukraine-Krieg: Bislang über 300.000 Geflüchtete in Deutschland
Die Zahl der Ukraine-Flüchtende in Deutschland liegt deutlich über 300 000. Allein die Bundespolizei hat nach Angaben des Bundesinnenministeriums bisher 316 453 erfasst. Allerdings können Ukrainer visumfrei einreisen, sodass die tatsächliche Zahl der Schutzsuchenden höher liegen dürfte. Derzeit stellt die Bundespolizei täglich die Einreise von rund 3000 Menschen aus der Ukraine fest. Im März hatte die Zahl der Neuankömmlinge bei über 15 000 pro Tag gelegen.
Einigen konnten sich Bund und Länder bei der Finanzierung der Corona-Impfzentren und der mobilen Impfteams. Diese werden nach dpa-Informationen zunächst bis zum Jahresende zu gleichen Anteilen von Bund und Ländern co-finanziert. Ziel sei es, „die für die allgemeine Impfkampagne in Deutschland aber auch für die Versorgung von Geflüchteten aus der Ukraine wichtige und flexible Infrastruktur vor Ort weiter aufrechtzuerhalten“, hieß es im Beschlusspapier der Konferenz. Hierfür habe der Bund in diesem Jahr bisher bereits monatlich knapp 100 Millionen Euro erstattet.
Dieser Punkt ist in der Beschlussvorlage zwar als unstrittig ausgewiesen; endgültig sind die Vereinbarungen aber erst, wenn alle offenen Fragen des Papiers geklärt und beschlossen sind. (dpa)