Nato mit Finnland und Schweden?Worum es Erdogan und der Türkei wirklich geht

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan im Januar 2022 auf einer Pressekonferenz in Ankara.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan im Januar 2022 auf einer Pressekonferenz in Ankara.

Alle Mitgliedsstaaten der Nato müssen zustimmen, wenn neue Länder aufgenommen werden sollen. Aktuell scheint sich die Türkei gegen die Aufnahme von Finnland und Schweden zu sperren – oder doch nicht?

Nimmt die Nato Finnland und Schweden in ihr Bündnis auf, oder scheitert der Beitritt an den 30 Mitgliedsstaaten, die sich einstimmig dafür aussprechen müssten?

Nach den unterschiedlichen Meldungen der vergangenen Tage geht nun Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn davon aus, dass die Türkei einen Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens doch nicht blockieren werde.

Die türkische Hauptstadt Ankara könne nicht die Verantwortung auf sich nehmen, beiden Ländern eine Mitgliedschaft zu verwehren, sagte er am Dienstag (17. Mai 2022) im Deutschlandfunk.

Nato-Beitritt von Schweden und Finnland? Zweifel an Erdogans Aussagen

Er bezweifle, dass es dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan tatsächlich um Schweden und Finnland sowie den Umgang mit kurdischen Extremistengruppen gehe. Vielmehr versuche Erdogan, den Preis hochzutreiben, sagte Asselborn. Er sprach von einer „Basar-Mentalität“ des türkischen Präsidenten.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn im Mai 2022 bei einem Nato-Treffen in Berlin.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn im Mai 2022 bei einem Nato-Treffen in Berlin.

Der luxemburgische Außenminister spekulierte, die ablehnende Haltung Ankaras könnte damit zu tun haben, dass sich die Türkei Zugeständnisse bei Rüstungslieferungen erhoffe.

Nato-Verhandlungen: Worum es Erdogan und der Türkei wirklich geht

Asselborn verwies auf den Streit um die Lieferung von F-35-Kampfflugzeugen. Die Entscheidung der Türkei für den Kauf russischer S-400-Luftabwehrraketen hatte 2019 für Spannungen zwischen Ankara und Washington gesorgt. Die USA verhängten deshalb Sanktionen gegen Ankara und legte einen Vertrag mit der Türkei zum Kauf von US-Kampfflugzeugen der neuesten Generation (F-35) auf Eis. Ankara pochte daraufhin auf eine Entschädigung und forderte zumindest die Lieferung von Kampfjets einer älteren Generation (F-16).

Erdogan hatte am Montag seine Einwände gegen eine Nato-Mitgliedschaft Schwedens und Finnlands bekräftigt. Die Türkei werde zu einem Nato-Beitritt der beiden Länder „nicht Ja sagen“, sagte er.

Türkei beschuldigt Schweden und Finnland

Die Türkei beschuldigt die nordischen Länder seit langem, kurdische Extremistengruppen wie die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) sowie Anhänger des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen zu beherbergen – insbesondere Schweden, wo viele türkische Einwanderer leben.

Für den Beitritt Finnlands und Schwedens ist ein einstimmiges Votum der Nato sowie die Ratifizierung der Bündnis-Erweiterung durch die Parlamente der 30 bisherigen Mitgliedstaaten nötig. (afp)