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Polit-KnallScholz wirft Lindner raus – und übt bei Begründung harsche Kritik

Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen. Kurz danach erklärte er sich vor dem Kanzleramt in Berlin.

Polit-Beben am Mittwochabend (6. November 2024)! Bundeskanzler Olaf Scholz entlässt Finanzminister Christian Lindner (FDP). Das teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit. Die Ampel-Regierung ist damit gescheitert! Um 21.15 Uhr tritt der Kanzler im Kanzleramt vor die Kameras.

Wie geht es jetzt weiter? Eine Möglichkeit ist eine Minderheitenregierung: nur noch aus SPD und Grünen, damit angewiesen auf Stimmen der Opposition. So könnte man sich bis zur nächsten Wahl hangeln. Ob die CDU/CSU das mitmacht, ist allerdings fraglich.

Für Neuwahlen müsste erst die Vertrauensfrage gestellt werden, es bräuchte die Zustimmung von Bundespräsident Steinmeier. Für diesen Weg hat sich Olaf Scholz entschieden.

Kanzler Scholz entlässt Finanzminister Linder – hier seine wichtigsten Aussagen im Überblick:

  1. Scholz: „Ich sah mich zu diesem Schritt gezwungen, um Schaden von unserem Land abzuwenden.“
  2. „Wir brauchen eine handlungsfähige Regierung, die die Kraft hat, die nötigen Entscheidungen für unser Land zu treffen. Ich habe dem Koalitionspartner von der FDP heut noch einmal ein umfassendes Angebot vorgelegt, mit dem wir die Lücke im Bundeshaushalt schließen können, ohne unser Land in Probleme zu stürzen.“ Das habe auch Vorschläge der FDP aufgegriffen.
  3. Dieses habe vier Kernpunkte beinhaltet: Erstens: „Wir sorgen für bezahlbare Energiekosten und deckeln die Netzentgelte für unsere Unternehmen. Das stärkt den Wirtschaftsstandort Deutschland.“ Zweitens: „Wir schnüren ein Paket, das Arbeitsplätze in der Automobilindustrie und den vielen Zulieferungsbetrieben sichert.“ Drittens: „Wir führen eine Investitionsprämie ein und verbessern noch einmal die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten, damit Unternehmen jetzt in den Standort Deutschland investieren.“ Viertens: „Wir erhöhen unsere Unterstützung für die Ukraine, die einem schweren Winter entgegengeht. Nach der Wahl in den USA sendet das ein ganz wichtiges Signal: Auf uns ist Verlass!“
  4. „Ich muss jedoch abermals feststellen, der Bundesfinanzminister zeigt keinerlei Bereitschaft, dieses Angebot zum Wohle unseres Landes in der Regierung umzusetzen. Ein solches Verhalten will ich unserem Land nicht weiter zumuten.“
  5. „Zu oft hat Bundesminister Lindner Gesetze sachfremd blockiert. Zu oft hat er kleinkariert parteipolitisch taktiert. Zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen.“
  6. Es gebe keine Vertrauensbasis für die weitere Zusammenarbeit. „So ist ernsthafte Regierungsarbeit nicht möglich“, sagte Scholz. Ein solches Verhalten wolle der dem Land nicht weiter zumuten.
  7. Am 15. Januar will Scholz die Vertrauensfrage stellen. Er sei sich mit Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) einig, dass Deutschland schnell Klarheit über den weiteren politischen Kurs brauche. In den Sitzungswochen des Bundestags bis Weihnachten wolle er alle Gesetze zur Abstimmung stellen, die keinen Aufschub duldeten. Dazu gehören nach seinen Worten die Stabilisierung der Rente sowie Sofortmaßnahmen für die Industrie.
  8. „Ich werde nun sehr schnell auch das Gespräch mit dem Oppositionsführer, mit Friedrich Merz suchen“, sagte der SPD-Politiker in Berlin. Er wolle Merz anbieten, in zwei oder gerne auch noch mehr Fragen, „die entscheidend sind für unser Land, konstruktiv zusammenzuarbeiten: Bei der schnellen Stärkung unserer Wirtschaft und unserer Verteidigung.“ Die Wirtschaft könne nicht warten, bis Neuwahlen stattgefunden haben, ergänzte Scholz und fügte hinzu: „Und wir brauchen jetzt Klarheit, wie wir unsere Sicherheit und Verteidigung in den kommenden Jahren solide finanzieren, ohne dafür den Zusammenhalt im Land aufs Spiel zu setzen.“ Auch mit dem Blick auf die Wahlen in Amerika sei das „vielleicht dringender denn je“. Der Kanzler sagte: „Es geht darum, jene Entscheidung zu treffen, die unser Land jetzt braucht. Darüber werde ich mit der verantwortlichen Opposition das Gespräch suchen.“
  9. „Als Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland werde ich weiter meine gesamte Kraft dafür aufwenden, unser Land durch diese schwierige Zeit zu führen.“

Zuvor hatte Lindner Scholz (SPD) eine Neuwahl des Bundestags vorgeschlagen. Die Gespräche hätten gezeigt, dass keine ausreichende Gemeinsamkeit in der Wirtschafts- und Finanzpolitik herzustellen sei, zitieren Teilnehmer Lindner. Es sei im Interesse des Landes, schnell Stabilität und Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen.

Lindner schlägt Neuwahlen vor – dann wirft Scholz ihn raus

Lindner schlug den Angaben zufolge vor, dass die Ampel-Parteien, wie 2005 gemeinschaftlich schnellstmöglich Neuwahlen für Anfang 2025 anstreben sollten, um „geordnet und in Würde“ eine neue Regierung für Deutschland zu ermöglichen. Die FDP wäre bereit, noch den Nachtragshaushalt 2024 gemeinsam zu beschließen und einer geschäftsführenden Bundesregierung anzugehören.

Zuvor hatten die Spitzen von SPD, Grünen und FDP zweieinhalb Stunden beraten, um Wege aus der Ampel-Krise zu finden. Im Kern ging es darum, wie das Milliardenloch im Haushalt 2025 gestopft und die schwer angeschlagene deutsche Wirtschaft wieder auf Trab gebracht werden kann.

Lindner hat schon vor einiger Zeit den „Herbst der Entscheidungen“ für die Koalition ausgerufen. Er meinte damit vor allem den Haushalt für das nächste Jahr, der am 29. November im Bundestag verabschiedet werden sollte. Daneben ging es ihm um eine Strategie, wie Deutschland aus der Wirtschaftskrise geführt werden soll. Dazu hat er Vorschläge gemacht, die den Streit in der Koalition eskalieren ließen. In seinem Konzept für eine Wirtschaftswende fordert Lindner unter anderem die endgültige Abschaffung des Solidaritätszuschlags auch für Vielverdiener und einen Kurswechsel in der Klimapolitik.

Gegen solche Ideen gab es erheblichen Widerstand bei SPD und Grünen. Habeck war Lindner aber auch einen Schritt entgegengekommen. Er hat sich am Montag bereiterklärt, die nach der Verschiebung des Baus eines Intel-Werks in Magdeburg frei werdenden Fördermilliarden zum Stopfen von Haushaltslöchern zu verwenden. (dpa, sku)