Selbstbestimmungsgesetz im BundestagLehmann fordert Queer-Schutz – Union-Chefin sieht „nur Rechtsunsicherheit“

Sven Lehmann (Bündnis 90/Die Grünen), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und Queer-Beauftragter der Bundesregierung, im November 2022 in Berlin.

Sven Lehmann (Bündnis 90/Die Grünen), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und Queer-Beauftragter der Bundesregierung, im November 2022 in Berlin. Am 15. November 2023 beschäftigt sich der Bundestag in erster Lesung mit dem Selbstbestimmungsgesetz.

Am Mittwoch beschäftigt sich der Bundestag in erster Lesung mit dem Selbstbestimmungsgesetz. Im Vorfeld herrscht Uneinigkeit.

Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), hat alle demokratischen Parteien aufgefordert, sich „schützend vor transgeschlechtlichen Menschen zu stellen und ihre Menschenwürde zu verteidigen.“

In den vergangenen Monaten sei mit diffamierenden Falschbehauptungen gezielt gegen das geplante Selbstbestimmungsgesetz Stimmung gemacht worden, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Lehmann mit klarer Forderung zur Diskussion über Selbstbestimmungsgesetz

„Es dürfen keine Ängste und Unsicherheiten geschürt werden, nur um auf Stimmenfang zu gehen. Statt auf dem Rücken der Betroffenen die Stimmung weiter anzuheizen, fordere ich insbesondere die Union dazu auf, eine sachliche Debatte über das Gesetz zu führen“, führte er weiter aus.

Der Bundestag beschäftigt sich am Mittwochabend (15. November 2023) in erster Lesung mit dem Selbstbestimmungsgesetz. Dadurch soll künftig jeder in Deutschland sein Geschlecht und seinen Vornamen selbst festlegen und in einem einfachen Verfahren beim Standesamt ändern können. Das Gesetz richtet sich vor allem an transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen.

Die stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Dorothee Bär (CSU) kritisiert jedoch unter anderem die Regelungen zum Geschlechtseintrag für Kinder und Jugendliche.

„Jugendliche, vor allem Mädchen, sind gerade in der Pubertät unsicher bezüglich ihrer Geschlechtsidentität“, sagte Bär der „Welt“. „Das Selbstbestimmungsgesetz leistet gerade bei dieser vulnerablen Gruppe der Tendenz Vorschub, altersbedingten Persönlichkeitszweifeln gleich mit einem rechtlichen Geschlechtswechsel zu begegnen.“ Das Gesetz sehe auch für Jugendliche keine verpflichtende Begutachtung mehr vor. Sie sei aber skeptisch, ob etwa 14-Jährige in der Lage seien, die Tragweite einer solchen Entscheidung einzuschätzen.

Kinder und Jugendliche können ihren Geschlechtseintrag dem Gesetzentwurf zufolge nicht selbstständig ändern. Bis 14 Jahre müssen die Sorgeberechtigten die Erklärung gegenüber dem Standesamt abgeben, danach müssen die Sorgeberechtigten nur noch zustimmen. Ausnahmen kann es nur geben, wenn Eltern mit ihrer Haltung das Kindeswohl gefährden.

Die Vizevorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz, warf dem Bund vor, schwierige Entscheidungen dabei auf Bundesländer oder Vereine abzuwälzen: Welche Regeln für Umkleidekabinen in Schulen oder Sportvereinen gelten würden, bleibe beispielsweise ungeklärt. Dieses Gesetz schaffe „nur Rechtsunsicherheit“, sagte sie dem Portal web.de. (dpa)