Skandal in BayernUnfassbares Auschwitz-Blatt: Söders Vize unter Druck, Scholz fordert Konsequenz

Markus Söder (CSU, l.), Ministerpräsident von Bayern, steht 2018 neben Hubert Aiwanger: In den Fall um das antisemitische Flugblatt und den bayerischen Vize-Landeschef Aiwanger schaltet sich nun auch der Bundeskanzler ein.

Markus Söder (CSU, l.), Ministerpräsident von Bayern, steht 2018 neben Hubert Aiwanger: In den Fall um das antisemitische Flugblatt und den bayerischen Vize-Landeschef Aiwanger schaltet sich nun auch der Bundeskanzler ein.

Der Skandal um ein altes antisemitisches Flugblatt lastet auf Hubert Aiwanger, aber auch auf der CSU und der Koalition. Nun will Markus Söder offene Fragen beantwortet wissen. Auch der Kanzler fordert Aufklärung.

Es sind dramatische Stunden im politischen Bayern: Ein altes Flugblatt bringt Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger vorübergehend ins Wanken, sechs Wochen vor der Wahl. Die Folgen sind noch unabsehbar.

Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte in ihrer Samstagausgabe über die Vorwürfe berichtet. Demnach steht Aiwanger im Verdacht, als Schüler ein antisemitisches Flugblatt verfasst und an seiner Schule ausgelegt zu haben. Die Zeitung sprach nach eigenen Angaben mit einer Reihe von Augenzeugen, die von dem Vorfall berichteten, jedoch anonym bleiben wollten. Demnach wurde Aiwanger damals als Urheber des Pamphlets zur Verantwortung gezogen, wegen des Vorfalls traf sich der Disziplinarausschuss der Schule.

Freie-Wähler-Chef Aiwanger hat Vorwürfe zurückgewisen

Laut dem „SZ“-Bericht war das Flugblatt offenbar die Reaktion auf einen Schülerwettbewerb zur deutschen Geschichte. Das Pamphlet ruft zur Teilnahme an einem angeblichen Bundeswettbewerb auf: „Wer ist der größte Vaterlandsverräter?“ Bewerber sollten sich „im Konzentrationslager Dachau zu einem Vorstellungsgespräch“ melden, hieß es darin. Als erster Preis wurde „Ein Freiflug durch den Schornstein in Auschwitz“ ausgelobt. Weiter zu gewinnen sei „Ein lebenslänglicher Aufenthalt im Massengrab“.

Freie-Wähler-Chef Aiwanger (52) hatte am Samstagabend schriftlich zurückgewiesen, als Minderjähriger zu Schulzeiten das antisemitische Flugblatt geschrieben zu haben. „Ich habe das fragliche Papier nicht verfasst und erachte den Inhalt als ekelhaft und menschenverachtend“, hieß es in einer Erklärung Aiwangers.

Söder bestellt Aiwanger zu Sonder-Koalitionsausschuss ein

Gleichzeitig räumte er aber ein, es seien „ein oder wenige Exemplare“ in seiner Schultasche gefunden worden. Kurz darauf gestand Aiwangers ein Jahr älterer Bruder ein, das Pamphlet geschrieben zu haben: „Ich war damals total wütend, weil ich in der Schule durchgefallen war.“

Nach den Erklärungen seines Stellvertreters hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) eine Sondersitzung des Koalitionsausschusses einberufen. Söder habe die Freien Wähler für Dienstagvormittag zu der Sitzung einbestellt, teilte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) am Montag der Deutschen Presse-Agentur in München mit.

„Wir haben die Erklärung zur Kenntnis genommen. Aber es bleiben viele Fragen offen. Diese kann nur Hubert Aiwanger persönlich beantworten“, sagte Herrmann. „Wir erwarten, dass dies zeitnah geschieht. Die Vorwürfe sind zu ernst, als dass sich ein stellvertretender Ministerpräsident nur schriftlich äußert und entscheidende Fragen unbeantwortet lässt.“ Aiwanger müsse sich über die schriftliche Stellungnahme hinaus „persönlich und umfassend erklären“. „Es geht um das Ansehen Bayerns.“

Scholz verlangt Aufklärung zu antisemitischem Flugblatt

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat von der bayerischen Landesregierung eine dringende Klärung der Vorwürfe gegen Bayerns Vizeregierungschef und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) gefordert.

In der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt aus Aiwangers Schulzeit „muss nach Ansicht des Bundeskanzlers alles umfassend und sofort aufgeklärt werden, und es müsste dann gegebenenfalls auch politische Konsequenzen haben“, sagte Vizeregierungssprecher Wolfgang Büchner am Montag in Berlin.

„Dieses Flugblatt, das ist wirklich eine abstoßende Geschichte, das kann man nicht anders sagen“, fügte Büchner hinzu. Es sei ein „wirklich furchtbares menschenverachtendes Machwerk“. Der Sprecher wies darauf hin, dass „die Landesregierung des Freistaates Bayern“ für die Klärung der Vorwürfe zuständig sei. (dpa/afp/mg)