Am Samstag entscheidende WahlRegiert bald ein Putin-Freund mitten in Europa?

Führt mit seiner Partei „Richtung - Slowakische Sozialdemokratie“ (Smer-SSD) in allen Umfragen: Robert Fico.

Führt mit seiner Partei „Richtung - Slowakische Sozialdemokratie“ (Smer-SSD) in allen Umfragen: Robert Fico.

In der Slowakei wird am Samstag ein neues Parlament gewählt. Möglich, dass sich anschließend der Kurs des Landes ändert, ein populistischer, prorussischer Kreml-Freund könnte an die Macht kommen.

Während im Nachbarland Ukraine Krieg herrscht, wählt die Slowakei am 30. September 2023 ein neues Parlament. Beobachter fragen sich vor allem: Wendet sich das EU- und Nato-Land vom Westen ab und Moskau zu?

Die mit zehn Prozent höchste Inflationsrate der Eurozone, Existenzängste von Rentnerinnen und Rentnern sowie von Bewohnerinnen und Bewohnern benachteiligter Regionen, ein finanziell ausgezehrtes Gesundheitssystem und das Thema Migration – die Liste der Sorgen der Slowakinnen und Slowaken kurz vor der Parlamentswahl am 30. September ist lang.

Slowakei: Gewinnt ein Putin-Freund die Wahl?

Externe Beobachter interessiert aber fast ausschließlich eine Frage: Stoppt das EU- und Nato-Land seine Militärhilfe für die von Russland angegriffene Ukraine oder kippt es gar in eine pro-Moskau Haltung?

Im Zentrum dieser Sorge steht der ehemalige Langzeit-Regierungschef Robert Fico, der mit seiner Partei „Richtung - Slowakische Sozialdemokratie“ (Smer-SSD) in allen Umfragen führt und der von seinen Gegnern als „pro-russisch“ abgestempelt wird.

Slowakei: Koalitionsparteien befürchten, aus Parlament zu fliegen

Seit 2020 war in dem Land eine konservativ-populistisch-liberale Vierparteien-Koalition unter dem damaligen Wahlsieger Igor Matovic und seinem Nachfolger Eduard Heger an der Macht. Diese hat sich für viele Bürgerinnen und Bürger durch internen Dauerstreit selbst diskreditiert und das Land während der Corona-Pandemie in ein Chaos gestürzt, das auch Präsidentin Zuzana Čaputová kritisierte. Sie ersetzte im Mai die Rest-Koalition durch ein Beamtenkabinett unter Ludovit Odor.

Die inzwischen durch Abspaltungen zersplitterten Koalitionsparteien befürchten nun ausnahmslos alle, mit der anstehenden Wahl aus dem Parlament zu fliegen.

Wählerinnen und Wähler, die ein Fico-Comeback verhindern wollen, ziehen eigenen Angaben zufolge nun die bisher nicht einmal im Parlament vertretene liberale Partei „Progresivne Slovensko“ (Progressive Slowakei - PS) als Alternative in Erwägung. Sie gilt als unbefleckt von Skandalen und wirbt mit dem Slogan: „Genug der Vergangenheit! Wählen wir die Zukunft!“

Smer-Chef Fico: Ihm haftet das Schimpfwort „Mafia“ an

Der immer nationalistischer auftretende Smer-Chef Fico, der mit kurzer Unterbrechung von 2006 bis 2018 die Regierung führte, schien zuletzt politisch abgeschrieben. Nach dem Mord am Investigativ-Journalisten Ján Kuciak im Februar 2018 entstand sogar der Verdacht, Ficos Regierung könnte hinter der Tat stehen. Das hat sich zwar als falsch erwiesen, aber das Schimpfwort „Mafia“ haben die 2020 siegreichen Gegner ihm dauerhaft angeheftet.

Im Zuge der Ermittlungen flogen nämlich Korruptionsnetzwerke auf, in die Richter, Staatsanwälte und von der Smer-Regierung ernannte Spitzenfunktionäre von Polizei und Staatsverwaltung verwickelt waren. Fico ist heute aber wegen der Unbeliebtheit seiner Nachfolger wieder im Aufwind.

Slowakei: Welchen Kurs wird das Land einschlagen?

Während die einen den Wechsel von der pro-westlichen Politik der amtierenden Regierung zu einem Kreml-freundlichen Kurs unter Leitung Ficos befüchten, schwächen unabhängige Fachleute wie Radoslav Stefancik von der Wirtschaftsuniversität Bratislava derartige Ansichten ab: „Fico wird Koalitionspartner brauchen. Und die werden ihm nicht in allem zustimmen.“ Tatsächlich wollen außer Fico nur zwei kleine Rechtsaußen-Parteien keine Waffen mehr an die Ukraine liefern.

Fico selbst grenzt sich gegen die Rechtsextremisten ab: Wer die Nato-Mitgliedschaft der Slowakei infrage stelle, komme nicht als Koalitionspartner in Betracht. Auch will er der Ukraine weiter gegen Russland helfen, nur eben nicht mit Waffen. Sonst drohe die Slowakei zum russischen Angriffsziel zu werden, argumentiert er. Damit sieht er sich selbst nicht als „pro-russisch“, sondern „pro-slowakisch“, wie er stets betont. (dpa/afp/mg)