Nancy Pelosi ist zu einem Besuch in Taiwan eingetroffen. China kündigte bereits zuvor Gegenmaßnahmen an und spielte militärisch mit den Muskeln. Taiwans Streitkräfte erhöhen ihre Einsatzbereitschaft, Peking lässt Kampfjets starten. Videos zeigen, wie China Panzer auffahren lässt. Droht eine Eskalation?
Angst vor EskalationNancy Pelosi gelandet: China mit heikler Ankündigung – Baerbock warnt
Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhausse, Nancy Pelosi, ist zu einem Besuch in Taiwan eingetroffen. Ihr Flugzeug landete am Dienstagabend (2. August, Ortszeit) in der Hauptstadt Taipeh.
Die Spitzenpolitikerin setzte sich damit über Warnungen aus China hinweg, das die demokratische Insel als Teil der Volksrepublik ansieht. Angesichts der Drohungen aus China hat das taiwanesische Militär seine Kampfbereitschaft erhöht.
Es ist der ranghöchste Besuch aus den USA seit einem Vierteljahrhundert im freiheitlichen Taiwan, das die Führung in Peking nur als Teil der Volksrepublik China ansieht.
China lässt Muskeln spielen: Videos zeigen Panzer am Strand in Fujian
Chinas Volksbefreiungsarmee erhöhte bereits zuvor die Drohkulisse mit Manövern, Schießübungen, Militärflugzeugen und Kriegsschiffen nahe Taiwan und der Sperrung von Seegebieten. Das chinesische Staatsfernsehen berichtete, dass Kampfflieger vom Typ Su-35 den Meeresweg der Taiwanstraße überflogen. Wie viele es waren und welches Ziel sie hatten, wurde nicht mitgeteilt.
Verschiedene Medien berichten zudem, dass China in der Küstenstadt Xiamen in der Provinz Fujian große Mengen an militärischem Gerät sammelt. Videos zeigen, wie sich ein Konvoi von Panzern über den Strand in der Provinz Fujian bewegt. Fujian ist der Punkt auf chinesischem Territorium, der Taiwan am nächsten liegt – Xiamen liegt nur rund 100 Kilometer entfernt von Taiwan. Die Aufnahmen werden demnach auch im chinesischen Fernsehen gezeigt.
China: Peking mit heikler Ankündigung nach Pelosis Landung
Das Außenministerium in Peking sprach kurz nach der Landung Pelosis von einem „sehr gefährlichen Spiel mit dem Feuer“. „Wer mit dem Feuer spielt, wird sich selbst verbrennen.“ China werde „alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die nationale Souveränität und territoriale Integrität zu verteidigen“.
Als Reaktion auf diese Drohkulisse verschärfte Taiwans Militär am Dienstag seine Einsatzbereitschaft, wie die Nachrichtenagentur CNA berichtete. Es handele sich in dem zweistufigen Alarmsystem aber noch nicht um eine Einstufung für den „Ernstfall“, sondern weiter um eine „normale Einsatzbereitschaft“.
Baerbock kritisiert chinesische Drohgebärden gegenüber Taiwan
Außenministerin Annalena Baerbock hat die chinesischen Drohgebärden gegenüber Taiwan scharf kritisiert. „Wir haben schmerzhaft in den letzten Monaten seit dem 24. Februar gelernt, dass aggressive Rhetorik zu gefährlichem Handeln führen kann“, warnte sie in einer Rede in New York.
„Chinas Äußerungen mit Blick auf Taiwan haben ernsthafte Fragen aufgeworfen.“ Baerbock fügte hinzu: „Es kann nicht in unserem Interesse sein, wenn China zusätzlich noch ausufernde wirtschaftliche Abhängigkeiten in der Region kreiert.“
Taiwan: Nancy Pelosi ignoriert sämtliche Warnungen
Mit der unangekündigten Visite setzt sich Pelosi über die Warnungen aus Peking hinweg. Ein taiwanischer Abgeordneter bestätigte der Deutschen Presse-Agentur zuvor, dass Pelosi im Rahmen ihrer Asienreise voraussichtlich am Dienstagabend aus Malaysia kommend in Taipeh eintreffen werde.
Um das Hotel, wo Pelosi möglicherweise übernachten dürfte, wurden die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. Am Mittwoch könnte es ein Treffen mit Präsidentin Tsai Ing-wen geben.
China warnt: „Diejenigen, die mit dem Feuer spielen, werden daran zugrunde gehen“
Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hatte US-Präsident Joe Biden in einem Telefonat am Donnerstag vor dem Besuch gewarnt: „Diejenigen, die mit dem Feuer spielen, werden daran zugrunde gehen.“ Aus Sicht der chinesischen Führung gehört Taiwan zur Volksrepublik, obwohl es schon vor deren Gründung 1949 eigenständig regiert war. Die 23 Millionen Einwohner zählende Insel versteht sich auch schon lange als unabhängig. Unter Hinweis auf seine „Ein-China-Doktrin“ lehnt Peking offizielle Kontakte anderer Länder zu Taipeh entschieden ab.
Chinas Präsident sieht es als seine „historische“ Mission an, die „Vereinigung“ mit Taiwan zu erreichen und droht mit einer Eroberung. Der Machtanspruch auf die Insel geht auf die Gründungsgeschichte der Volksrepublik zurück, was die große Bedeutung für die Kommunistische Partei erklärt.
Am Ende des Bürgerkrieges gegen die Kommunisten war die nationalchinesische Kuomintang-Regierung mit ihren Truppen nach Taiwan geflüchtet, während die Kommunisten 1949 die Volksrepublik ausriefen. Die Insel hat wegen ihrer Lage an wirtschaftlich wichtigen Meeresstraßen geostrategische Bedeutung und wurde von US-Generälen früher auch gerne als „unsinkbarer Flugzeugträger“ beschrieben.
USA: Besuch Pelosis auf Taiwan war lange noch unklar
Der Reiseplan Pelosis war nach US-Medienberichten noch in Bewegung, da das Pentagon alle Schritte der chinesischen Seite beobachte.
Es werde „rund um die Uhr“ daran gearbeitet, die Sicherheit der - nach dem Präsidenten und dessen Vize - Nummer Drei der USA zu gewährleisten, hieß es. In Chinas Staatsmedien wurden militärische Reaktionen diskutiert, die von einer Begleitung von Pelosis Flugzeugs durch Chinas Luftwaffe und Manövern sogar bis zur Einrichtung einer Flugverbotszone um Taiwan oder Raketentests reichten.
Die Beziehungen zwischen China und den USA „stehen fast auf des Messers Schneide“, schrieb die parteinahe Zeitung „Global Times“. „Die Gegenmaßnahmen, die das Oberkommando für Pelosis möglichen Taiwan-Besuch vorsieht, müssen um ein Vielfaches rigoroser und umfassender sein, als man es sich vorstellen kann. Chinas Warnung an die USA ist kein leeres Gerede.“ Außenamtssprecherin Hua Chunying warf den USA „Provokationen“ vor und drohte mit „energischen und resoluten Maßnahmen“. Die USA würden „einen Preis zahlen“.
USA: Weißes Haus warnt Peking vor einer Eskalation
Das Weiße Haus warnte Peking vor einer Eskalation. „Es gibt keinen Grund für Peking, einen möglichen Besuch, der im Einklang mit der langjährigen US-Politik steht, in eine Krise oder einen Konflikt zu verwandeln“, sagte der Kommunikationsdirektor des Sicherheitsrats, John Kirby. Die USA würden sich nicht auf „Säbelrasseln“ einlassen. „Gleichzeitig lassen wir uns aber auch nicht einschüchtern.“
Die Visite ändert nach seinen Angaben auch „nichts“ an der China-Politik der USA. So unterhalten die USA keine offiziellen diplomatischen Beziehungen zu Taiwan, sondern betrachten Peking als legitimen Vertreter Chinas. Der Besuch der Demokratin wäre der höchste aus den USA seit der Visite ihres einstigen republikanischen Amtsvorgängers Newt Gingrich 1997. Damals, kurz vor der Rückgabe der britischen Kronkolonie Hongkong an China, fiel die chinesische Reaktion aber gemäßigt aus, da Gingrich vorher Peking besucht hatte. (dpa/mg)