„Nicht genügend Schilder auf Lager“Verkehrsminister Wissing irritiert mit Ausrede zum Tempolimit

Volker Wissing (FDP), Bundesminister für Verkehr und Digitales, spricht vor Journalisten nach einem Besuch beim Bundesamt für Güterverkehr.

Verkehrsminister Wissing (FDP), hier am 29. März 2022 in Köln: Er lehnt wie auch seine Parteikollegen ein Tempolimit ab. Die Begründung ist fast absurd.

Volker Wissing hält ein zumindest temporäres Tempolimit für nicht machbar. Dafür hätte man nicht genügend Schilder auf Lager. Eine abenteuerliche Ausrede, findet unser Autor in seinem Kommentar.

von Alexander Haubrichs  (ach)

Eine Mehrheit der Deutschen hält laut Tagesspiegel-Umfrage ein Tempolimit für ein geeignetes Mittel, um unsere Abhängigkeit vom russischen Öl zu reduzieren. Auch in der Politik wird weiter diskutiert.

Weil sich der Ampel-Partner FDP mit dem Verweis auf Seite 41 des (vor dem Ukraine-Krieg geschlossenen) Koalitionsvertrags weigert, wie sonst überall in Europa ein dauerhaftes Tempolimit einzuführen, brachte die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang (28) nun den Vorschlag einer vorübergehenden Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen und/oder Landstraßen ins Spiel.

Volker Wissing: Keine Schilder für ein Tempolimit

Doch da erhebt FDP-Verkehrsminister Volker Wissing (51) Einspruch. Dass sei „mit erheblichem Aufwand“ verbunden, sagte der Pfälzer der „Hamburger Morgenpost“, außerdem „habe man dafür gar nicht genügend Schilder auf Lager.“

Schilder? Das erinnert ein wenig an die Argumentation der Krankenkassen, die kürzlich feststellten, die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht sei nicht möglich, weil nicht genügend Papier zur Verfügung stehen würde.

Greenpeace: Tempolimit könnte zwei Millionen Tonnen Öl einsparen

Aber nun mal im Ernst: Wenn es die Möglichkeit gibt, durch ein Tempolimit die Öllieferungen von Russland zu reduzieren, so sollte man das tun.

Eine Reduzierung auf 100 km/h auf Autobahnen würde den Kraftstoffbedarf laut Greenpeace um etwa zwei Millionen Tonnen pro Jahr senken, davon 1,2 Millionen Tonnen Diesel und 0,8 Millionen Tonnen Benzin. Die Einsparungen machen 3,8 Prozent des deutschen Kraftstoffabsatzes und 2,1 Prozent der Ölimporte aus

Um unsere Autobauer sollte man sich auch nicht sorgen, auch im Rest der Welt, wo Geschwindigkeitsobergrenzen bestehen, verkaufen VW, Mercedes, BMW und Co. seit Jahrzehnten ihre Autos noch immer erfolgreich.

Anstatt endlich dem Leid der Ukrainer angemessen zu handeln, überbieten wir uns in fadenscheinigen Argumentationen, warum Dinge nicht gehen. Stattdessen finanzieren wir Wladimir Putins schmutzigen Krieg täglich weiter mit. Kein Tempolimit, weil wir nicht genügend Schilder haben? Abenteuerlicher werden die Ausreden heute nicht mehr…