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„Katastrophale Konsequenzen“Erdogan droht EU-Land: Tobt bald der nächste Krieg mitten in Europa?

Auf diesem vom türkischen Präsidialamt am 9. Juni zur Verfügung gestellten Foto spricht Recep Tayyip Erdogan, Staatspräsident der Türkei, am letzten Tag der Militärübungen, die in Seferihisar in der Nähe von Izmir an der türkischen Ägäisküste stattfanden.

Auf diesem vom türkischen Präsidialamt am 9. Juni 2022 zur Verfügung gestellten Foto spricht Recep Tayyip Erdogan, Staatspräsident der Türkei, am letzten Tag der Militärübungen, die in Seferihisar in der Nähe von Izmir an der türkischen Ägäisküste stattfanden.

Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan droht Griechenland unverhohlen mit Krieg. Er wirft dem Land vor, in der Ägäis militärisch aufzurüsten. Sollte Athen so weitermachen, könnte das „katastrophale Konsequenzen“, sagt er.

Seit langem ist das Verhältnis zwischen den Nato-Staaten am östlichen Mittelmeer angespannt. Nun lässt Recep Tayyip Erdogan diesen alten Konflikt wieder aufflammen und verschärft den Ton.

Der türkische Staatschef warnt Griechenland vor einer „weiteren Aufrüstung“ der Inseln in der östlichen Ägäis, das Land solle „Träume, Äußerungen und Handlungen vermeiden, die es bedauern würde“. Derlei Handlungen könnten „katastrophale Konsequenzen“ nach sich ziehen.

Er macht klar: „Reißt euch zusammen (...) ich spaße nicht“. Droht uns wirklich der nächste Krieg mitten in Europa?

Schon das Militärmanöver an einem türkischen Strand in der vergangenen Woche kann als Drohung verstanden werden: Die türkischen Streitkräfte probten die Einnahme eines Küstenabschnitts durch Landungstruppen – direkt gegenüber der griechischen Insel Samos, nur wenige Kilometer entfernt.

Die Übung wurde live übertragen, Recep Tayyip Erdogan hielt seine aggressive Rede direkt vor dieser Drohkulisse am Strand. Samos ist einer der 22 Inseln, die zu Griechenland gehören – eine Tatsache, die nun von der Türkei infrage gestellt wird.

Krieg zwischen Türkei und Griechenland? Konflikt ist nicht neu

Die Türkei beschuldigt Griechenland schon seit Jahren, die Inseln in der östlichen Ägäis militärisch aufzurüsten – aus Ankaras Sicht verletze dies Verträge zwischen beiden Staaten. Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte ebenfalls klar, dass Ankara die Souveränität Athens über die Inseln in Frage stellen werde, wenn Athen weiter Truppen dorthin entsende.

Griechenland derweil weist diese Vorwürfe zurück und erklärt, die Truppen seien wegen der Flugzeuge, Schiffe und Kasernen auf der türkischen Seite dort stationiert. Man fühle sich durch die Landungsboote nur wenige Kilometer entfernt bedroht, man verteidige sich selbst. Türkische Kampfjets fliegen immer wieder über die großen Inseln Samos, Rhodos und Kos – und verletzen den griechischen Luftraum.

Ankaras Ansprüche in der Ägäis werden vehement zurückgewiesen. Das griechische Außenministerium veröffentlichte im Internet 16 historische Karten, die bis in das Jahr 1923 zurückreichen und zeigen sollen, wie wenig berechtigt die Ansprüche der Türkei sind.

Türkei: Erdogan stellt erstmalig Souveränität der Inseln infrage

Neu ist der Konflikt nicht, er schwelt schon seit vielen Jahrzehnten, zwischen der Türkei und Griechenland besteht eine Art „Erbfeindschaft“. Doch zum ersten Mal stellt die Türkei die Souveränität Griechenlands über die Inseln infrage und schürt die anti-griechische Stimmung im Land. Eskaliert der lange schwelende Konflikt bald? Und wird zum nächsten Krieg mitten in Europa?

Expertinnen und Experten analysieren: Dass Erdogan jetzt die Eskalation sucht, ist vor allem der schwierigen wirtschaftlichen Lage in der Türkei geschuldet. 2023 finden in dem Land Parlaments- und Präsidentenwahlen statt – und Erdogan könnte sie zum ersten Mal seit 20 Jahren verlieren.

Es scheint, als würde Erdogan alles daran setzen, diese Wahlen für sich zu entscheiden – und auch einen Krieg riskieren. Noch am Tage des Militärmanövers sagte Erdogan, er werde erneut für das Amt kandidieren. Kritikerinnen und Kritiker befürchten, er könnte die Wahlen gar vorziehen und dafür einen Vorwand suchen – etwa einen militärischen.

Griechenland über Türkei: „Müssen auf alles vorbereitet sein“

Auch der griechische Regierungssprecher Giannis Oikonomou sagte: „Wir müssen auf alles vorbereitet sein“. Man wolle den Drohungen aber bislang mit „Nüchternheit, Gelassenheit, Entschlossenheit“ begegnen.

Die „Ägäis-Armee“ der Türkei umfasst die größte Anzahl an Landungsschiffen im Mittelmeer – wird Erdogan sie in Gang setzen? Zwar sagt der Staatschef, er spaße nicht mit seiner Drohung – und tatsächlich ist ein Krieg laut Analystinnen und Analysten nicht auszuschließen. Doch wahrscheinlicher sei, dass die Türkei die Lufthoheit über der Ägäis zu unterstreichen versucht, stellt das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND) fest.

Militärexpertinnen und -experten befürchten schon länger, dass es bei den „Dogfights“ zwischen griechischen und türkischen Jets zu einem Zusammenstoß kommen könnte, der dann zu einer Eskalation führt.

Türkei: Wird Erdogan bald Bohrschiffe zu den Inseln schicken?

Hinzu kommen die Bodenschätze in der Region: Athen glaubt, dass die Türkei in den kommenden Tagen Bohrschiffe zusammen mit Fregatten losschickt, um zwischen griechischen Inseln nach Erdgas zu suchen. Seegebiete, die laut UN-Seerechtskonvention zu Griechenland gehören, doch von der Türkei nicht anerkannt werden. Auch um die Gasvorkommen im Mittelmeer gibt es lange Streit zwischen den Ländern.

Wie und ob sich die Lage in der Ägäis weiter zuspitzt, bleibt abzuwarten. Klar scheint jedoch, dass dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ein Konflikt innerhalb der Nato-Partner Griechenland und Türkei in die Hände spielt. Er dürfte die aktuellen Entwicklungen mit einiger Genuggtuung verfolgen. (mg)