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Krieg in der Ukraine„Dieser Facebook-Zuhause-Spruch – das ist völliger Quatsch, wirklich“

Was bedeutet es, sein Zuhause zu verlassen, wie Hunderttausende Ukrainerinnen und Ukrainer? Darüber macht sich unsere Autorin Gedanken. Unser Foto zeigt eine Ukrainerin in einer Unterkunft für Geflüchtete auf dem Tempelhofer Feld Anfang August.

Was bedeutet es, sein Zuhause zu verlassen, wie Hunderttausende Ukrainerinnen und Ukrainer? Darüber macht sich unsere Autorin Gedanken. Unser Foto zeigt eine Ukrainerin in einer Unterkunft für Geflüchtete auf dem Tempelhofer Feld Anfang August.

Unsere ukrainische Kollegin, die Journalistin Yuliia Dysa, schreibt in einer regelmäßigen Kolumne über ihre ganz persönlichen Gedanken und Gefühle während des schrecklichen Krieges in ihrer Heimat sowie über das Leben ukrainischer Geflüchteter.

von Yuliia Dysa  (yd)

Es ist nicht nur der Krieg selbst, der so hart ist. Es ist das Gefühl, das eigene Zuhause zu verlassen, das Sie aufgebaut haben. Egal wo, egal wie lange, egal, ob alleine oder mit jemandem zusammen. Es ist Ihr Zuhause.

In den vergangenen Jahren wurden im Internet diese positiven Sprüche und Botschaften populär, Texttafeln, die vielfach geteilt werden. Und in diesen Büchern über Selbstmotivation (die viel populärer sind, als sie sein sollten, wie ich persönlich finde) wird es so beschrieben: „Das Zuhause ist kein Ort, sondern die Menschen, die du liebst“.

Ukraine-Krieg: „Wir alle wissen, wie viel es bedeutet, ein echtes Zuhause zu haben“

Das sind die Worte von Jodi Picoult, einer US-amerikanischen Schriftstellerin, aber es gibt eine Reihe von Variationen. Es ist bestimmt nicht nötig, diese hier aufzuführen.

Nun, dazu muss ich etwas sagen: Das ist Quatsch. Wirklich. Denn egal, wie gut wir – als Ukrainerinnen und Ukrainer – jetzt wissen, dass es nichts Wertvolleres gibt, als unsere Geliebten und ihre Leben – wir alle wissen auch, wie viel es bedeutet, ein echtes Zuhause zu haben.

Dabei geht es nicht nur um materielle Dinge, sondern ganz und gar um Gefühle, die man in etwas hineinsteckt. Die Couch, von der Sie schon lange träumen und in die Sie sich an kalten Wintertagen kuscheln. Die perfekte Vase von Ikea, für die Sie Ihr letztes Gehalt ausgegeben haben. Die Tasse, die Sie an einem Samstag in einem Workshop selbst gemacht haben. Oder dieses Poster: Sie haben es auf Ihrem Lieblingsfestival gekauft.

Das waren sicherlich die letzten Dinge, an die man beim Packen von Rucksäcken und Koffern gedacht hat, während der Bombenalarm heulte. Aber jetzt wird allmählich klar, wie wichtig sie dennoch sind.


Hier finden Sie weitere Kolumnen und Artikel unserer ukrainischen Kollegin Yuliia Dysa.


Und das sind sie. Das ist eine weitere Erklärung für jene Fälle, in denen Menschen sich weigern, ihre Häuser in besetzten oder stark umkämpften Gebieten der Ukraine zu verlassen.

Da kann man nicht einfach das ganze Haus zusammenpacken und woanders hinfahren. Heimat, das sind viele Erinnerungen – die kleinsten und größten.

Und es gibt Momente, an denen wir alle nur festhalten, indem wir diese Erinnerungen schätzen und wiederbeleben. Zu viele solcher Momente gibt es seit dem 24. Februar. Ein großer, lang anhaltender Moment, um genau zu sein.