Nicht nur die ukrainische Bevölkerung leidet extrem unter dem Krieg in ihrem Land. Auch auf der anderen Seite spielen sich menschliche Dramen ab. Viele russische Soldaten – meist junge Männer – wurden völlig ahnungslos in den Krieg geschickt. Videos in sozialen Netzwerken zeigen, wie sie in Tränen ausbrechen.
Teenager-Soldat bricht in Tränen ausVideo zeigt die schreckliche Wahrheit hinter Putins Armee
„Im Krieg gibt es keine Gewinner, sondern alle sind Verlierer. Ganz gleich, welche Seite sich zum Sieger erklären mag.“ Das Zitat wird dem einstigen britischen Premier Chamberlain zugeschrieben – als er das sagte, tobte der Zweite Weltkrieg in Europa.
Wie wahr seine Worte auch heute noch sind, zeigt sich nun über 80 Jahre später. Wieder herrscht Krieg in Europa. Und wieder werden junge Menschen in einem Krieg verheizt, der sinnloser kaum sein könnte.
Im Gegensatz zu damals sind die furchtbaren Schicksale heutzutage aber in den sozialen Netzwerken für alle sichtbar. Vor allen Dingen junge Männer müssen für Putin in seinem Krieg kämpfen. Doch viele wurden unter völlig falschen Vorwänden in das Nachbarland geschickt.
Auf zahlreichen Videos ist zu sehen, wie verzweifelt Putins Teenager-Soldaten sind. Sie brechen in Tränen aus, rufen ihre Mütter an. Sie geben auf.
In einem Video ist zu sehen, wie ein gefangener russischer Soldat von Ukrainerinnen und Ukrainern verpflegt wird. Er soll sich ergeben haben. Der junge Mann bekommt Tee und Kuchen. Ihm wird ein Handy gereicht, mit dem er seine Mutter anruft, um ihr zu sagen, dass es ihm gut geht. Als er seine Mutter auf dem kleinen Bildschirm sieht, bricht er in Tränen aus. Er versucht, Fassung zu bewahren. Am Ende lässt er seiner Mutter einen Kuss zukommen.
„Diese jungen Männer, es ist nicht ihre Schuld. Sie wissen nicht, warum sie hier sind“, sagt ein Ukrainer aus dem Off. „Sie sind verloren.“
Das Video ist unbestätigt. „Russische Soldaten, kapituliert, das ukrainische Volk wird euch ernähren, kapituliert einfach“, steht dazu geschrieben. Im Netz tauchen immer mehr solcher Aufnahmen auf, die vor allen Dingen von ukrainischer Seite kräftig geteilt wird. Die Echtheit der Aufnahmen oder ob die Soldaten die Aussagen freiwillig treffen – unklar. Nicht immer wird Tee oder Kuchen serviert.
Krieg in der Ukraine: Vor allem junge russische Rekruten kämpfen
Andere Aufnahmen zeigen einen mit Handschellen gefesselten russischen Gefangenen, der unter Tränen in die Kamera sagt: „Sie holen die Leichen nicht einmal ab, es gibt keine Beerdigungen.“ In einem weiteren Video sagt ein weinender Kriegsgefangener, sie seien „Kanonenfutter“.
Klar ist aber: Vor allen Dingen junge russische Rekruten sind es, die von Putin in die Schlacht geschickt werden. Viele der Männer auf den Videos sind kaum 20 Jahre alt. 9000 Menschen sollen bereits auf russischer Seite gefallen sein, schreibt die ukrainische Nachrichtenagentur. Laut russischen Angaben sind es bisher 498 Menschen. Wie viel es genau sind, weiß wohl niemand genau. Es sind jedenfalls zu viele.
Krieg in der Ukraine: Russische Soldaten, die sich Befehlen widersetzen
Die „New York Times“ berichtet von Russen, die ausgehungert seien, keine Kampfmoral mehr hätten und deshalb sogar eigene Fahrzeuge sabotierten. Und Löcher in die Benzintanks schlagen. Geheimdienstberichte, die sich auf abgefangene russische Funksprüche berufen, berichten von Truppen, die sich Befehlen widersetzen, weinen, anschreien.
Die Schrecken eines Krieges, den der Kreml so sehr zu verschleiern versucht, erreichen nun auch immer mehr die Menschen in Russland – und vor allem die Familien der toten Soldaten. Lange hat das russische Verteidigungsministerium die vielen gefallenen russischen Soldatinnen und Soldaten totgeschwiegen – jetzt hat es erstmals von Todesopfern gesprochen. Die Menschen in Russland erkennen immer mehr, dass ihr Land sich in einem tödlichen Konflikt befindet.
Krieg in der Ukraine: Letztes Telefonat mit dem Sohn – „Mama, ich liebe dich“
Die letzte unabhängige Zeitung Russlands, die „Nowaja Gaseta“, hat mit mehreren Müttern gesprochen, deren junge Söhne an die Front geschickt worden sind. Elena spricht darin etwa über ihren 23-jährigen Sohn Pawel. Nachdem er nicht einmal ein Jahr lang gedient habe, habe er an der Militärübung in Belarus teilgenommen, Anfang Februar war das. „Das war es, Mama, wir sind fertig, wir gehen nach Hause“, habe er in einem Telefonat noch gesagt, erinnert sich Elena.
Dann sei er überraschend zur „Sonderoperation“ in die Ukraine geschickt worden. In dem letzten Telefonat sagte Pawel: „Mama, die haben uns in Autos gesteckt, wir fahren weg, ich liebe dich. Wenn es eine Beerdigung gibt, glaub es nicht sofort.“
Krieg in der Ukraine: „Mein Sohn wurde betrogen“
Seitdem herrscht Funkstille. Elena weiß nicht, wo der Sohn steckt. Und auch nicht, ob er überhaupt noch lebt. „Mein Sohn wurde betrogen“, sagt sie. Immer mehr Mütter suchen in Russland nach ihren Söhnen und Kindern. In den sozialen Medien sind immer mehr Leichensäcke, Bilder russischer Opfer, zerstörter Panzer zu sehen – Bilder, die auch die Russinnen und Russen in der Heimat sehen.
Die Union der Komitees der Soldatenmütter Russlands, eine Menschenrechtsorganisation in Moskau, die sich um Missstände in der russischen Armee kümmert, kritisiert so wie Elena, dass viele Soldaten ausgetrickst worden seien, nicht wussten, dass sie die Ukraine angreifen würden. Man nehme täglich rund 2000 Anrufe entgegen. „Die erste Frage der Eltern ist: Was ist mit meinem Kind passiert?“, wird ein hochrangiger Komiteebeamter zitiert.
Krieg in der Ukraine: „Bilder von Särgen und Toten setzen Putin unter Druck“
Ukrainische Behörden wiederum verwenden die Berichte und Bilder von russischen Soldaten, um die Moral der Truppen auf der anderen Seite weiter zu untergraben.
Ein US-Beamter sagte der „New York Times“, dass es diese Opfer sind, die Bilder von Särgen und Toten, die Putin zu Hause am meisten zusetzen könnte. Für einige Russinnen und Russen, für die Väter und Mütter, ist die Zahl der toten Landsleute sicherlich ein Grund, auf die Straße zu gehen und gegen den Krieg zu protestieren. Über 7.300 Menschen sollen in den vergangenen Tagen bei Protesten im ganzen Land festgenommen worden sein.