Angst vor Wagner-GruppeDeutsches Nachbarland alarmiert: „Zunehmend gefährlich“

Polnische Grenzsoldaten patrouillieren am 30. Juni 2022 in der Nähe von Kuznice im Bereich einer neu errichteten Metallmauer an der Grenze zwischen Polen und Weißrussland.

Polnische Grenzsoldaten patrouillieren am 30. Juni 2022 in der Nähe von Kuznice im Bereich einer neu errichteten Metallmauer an der Grenze zwischen Polen und Weißrussland. Polen zeigt sich angesichts der im Nachbarland stationierten Wagner-Söldner alarmiert.

Seitdem bekannt ist, dass sich Truppen der berüchtigten Wagner-Gruppe in Belarus befinden, nehmen die Spannungen an der NATO-Ostgrenze zu. Polen warnt bereits vor einer sehr „realen Bedrohung“. Die Sorge vor potenziellen Angriffen wächst.

von Martin Gätke  (mg)

Es sind diese Äußerungen vom belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko, welche die Sorge im Nachbarland Polen noch einmal verstärken: Am 23. Juli 2023 erklärte er, die Wagner-Truppen hätten ihn gefragt, ob sie in den Westen gehen könnten. Um „eine Reise nach Warschau und Rzeszow zu unternehmen“, so sagte er. Er versicherte in einem Gespräch gegenüber Putin, er werde sie - wie vereinbart - in Belarus lassen. Er habe sie „unter Kontrolle“. Anschließend lachte er.

Wenig später provozierte Lukaschenko erneut. Die staatliche belarussische Nachrichtenagentur Belta zitierte ihn mit den Worten, die Polen „sollten dafür beten, dass wir sie festhalten und für sie sorgen. Sonst wären sie ohne uns durchgesickert und hätten Rzeszow sowie Warschau in nicht geringem Ausmaß zerstört.“ Mit „sie“ meint Lukascheno auch hier die Söldner. Polen sollte sich doch bei ihm dafür bedanken.

Polen: Spannungen an der NATO-Ostgrenze steigen

Die Spannungen steigen: Seitdem etwa 4000 Wagner-Söldner in Belarus sein sollen, zeigt sich auch Polens Premierminister Mateusz Morawiecki nervös. Die Situation sei „zunehmend gefährlich“, erklärte er. Hunderte Polizeikräfte und eine Anti-Terroreinheit unterstützten die Soldatinnen und Soldaten bereits an der Grenze.

Nun hat der stellvertretende polnische Außenminister Paweł Jabłoński erneut vor der Gefahr gewarnt: In einem Interview mit CNN erklärte er, die Bedrohung durch Wagner sei „sehr real“. Er behauptet, die Truppen hätten bereits versucht, polnisches Territorium anzugreifen.

Polen: Sorge um Wagner-Söldner im Nachbarland

Konkret befürchtet Polen, die Söldner könnten die Kontrolle über die sogenannte Suwalki-Lücke übernehmen, ein Gebiet um die Grenze zwischen Litauen und Polen, das die einzige Landverbindung der baltischen Staaten mit den übrigen NATO-Partnern darstellt. Es sind nur 65 Kilometer Luftlinie zwischen der russischen Exklave Kaliningrad und Belarus. Eine Invasion dort hätte erhebliche Konsequenzen: Die baltischen Staaten wären vom Rest Europas isoliert.

Jabłoński sagte zudem, dass die polnischen Truppen vor Wagner-Drohungen nicht zurückschrecken würden. „Wir sagen ganz klar, dass wir nicht nachgeben werden“, sagte er. „Natürlich wird es Versuche geben. Wir rechnen mit weiteren Angriffsversuchen an unserer Grenze, vielleicht auch mit weiteren Angriffsversuchen in unseren Luftraum.“ Er fügte hinzu, dass Polen mehr Truppen an die belarussische Grenze schicken werde, um sicherzustellen, dass es angesichts der Gefahr eines Angriffs widerstandsfähig bleibe.

Polen: „Wir erwägen alle Schritte, die notwendig sein werden“

Jabłoński weiter: „Wir erwägen alle Schritte, die notwendig sein werden, um unser Territorium und unsere Bürgerinnen und Bürger zu schützen, einschließlich der vollständigen Schließung der Grenze.“

Die polnische Regierung befürchtet nicht nur direkte Angriffe, sondern auch, dass Wagner helfen könnte, Migrantinnen und Migranten über die Grenze zu befördern. Schon jetzt ist die Zahl der versuchten Grenzübertritte gestiegen, höher als im gesamten Jahr 2022. Morawiecki sprach von 16.000.

Polen betonte in diesem Zusammenhang erneut, wie wichtig die Zusammenarbeit der Staatengemeinschaft ist, mit Litauen und anderen Ländern. „Heute sind die Grenzen Polens und Litauens die Grenzen der freien Welt, die den Druck aus dem Osten aufhalten“, so Morawiecki.