„LOL“Comedian Abdelkarim löst Probleme auf die ölige Tour

Abdelkarim schaut auf diesem undatierten Foto mit weitaufgerissenen Augen in die Kamera.

Schaut verblüfft, hat aber Großes vor: Comedian Abdelkarim (hier auf einem undatierten Foto) geht ab Herbst dieses Jahres mit seinem neuen Solo-Programm „WIR BERUHIGEN UNS“ auf Tour.

Comedian Abdelkarim: Zweiter in der jüngsten Staffel „Last One Laughing (LOL)“. Gehört zu den neueren, erfrischenden Gesichtern der deutschen Comedy. 2020 mit der Goldene Kamera in der Kategorie „Best Newcomer“ ausgezeichnet.

von Alexandra Miebach  (mie)

Unsere Reporterin sprach mit Abdelkarim (40) über seinen Auftritt bei „LOL“ – wo der viel zu früh verstorbene Mirco Nontschew letztmalig zu sehen war. Außerdem berichtet Abdelkarim über den Druck hinter der ersten eigenen TV-Show und den Unterschied zwischen Ostwestfalen, Ruhrpottlern und Rheinländern. Denn er kennt sie alle.

In der dritten Staffel „LOL“ schaffte es Abdelkarim mit weit aufgerissenen Augen unter die letzten beiden Kandidaten – und endgültig in die Herzen der Zuschauer. Im WDR-Fernsehen (und der ARD-Mediathek) unterhält er seine Fans jetzt mit seiner eigenen Satire-Sendung.

„LOL“: Comedian Abdelkarim war vom zweiten Platz selbst verblüfft

Sie waren in der jüngsten Staffel „LOL“ zu sehen, haben es bis ins Finale geschafft. Hätten Sie gedacht, dass Sie so lange durchhalten?

Abdelkarim: Natürlich nicht. Ich bin einer, der sehr gerne lacht, und zwar über alle Comedyfacetten. Ich war von Anfang an gefährdet.

Sie waren für Ihre Kollegen eine harte Nuss. Was war Ihre Taktik?

Abdelkarim: Ich habe mir Gedanken gemacht, habe aber so ziemlich alle Pläne verworfen. Meine Vorbereitungen: Ich habe „Die Maske“ mit Jim Carrey geguckt und versucht, dabei nicht zu lachen. Bei besonders lustigen Sachen habe ich versucht, die Juryhaltung einzunehmen. Beim Lied von Olaf Schubert hab’ ich z. B. so getan, als wäre ich eine Jury, die entscheiden muss, ob es dieses Lied ins Album schafft. Ich hatte also gar keine Zeit zum Lachen, sondern eine verantwortungsvolle Aufgabe. Einziger Haken: Je leerer mein Akku wurde, desto schwieriger wurde es, in diese Juryrolle zu schlüpfen.

Die Comedians Axel Stein (hintere Reihe, l-r), Christoph Maria Herbst, Michael "Bully" Herbig, Abdelkarim, Hazel Brugger, Michelle Hunziker, sowie Palina Rojinski (vordere Reihe, l-r), Carolin Kebekus, der verstorbene Mirco Nontschew, Anke Engelke und Olaf Schubert blicken in die Kamera.

In der dritten Staffel „LOL“(Amazon Prime) war Abdelkarim (obere Reihe, 3. v. r.) für seine Comedy-Kollegen (v.l.: Axel Stein, Palina Rojinski, Christoph Maria Herbst, Carolin Kebekus, Moderator Bully Herbig, Mirco Nontschew (†), Hazel Brugger, Anke Engelke, Michelle Hunziker und Olaf Schubert) eine sehr harte Nuss.

In der Staffel war auch Mirco Nontschew dabei. Wie war es für Sie, als Sie von seinem Tod erfuhren?

Abdelkarim: Das war ein harter Schock. Ich kannte Mirco bis „LOL“ nicht persönlich, aber er war ein grandioser Comedian und Entertainer.

Gucken Sie sich Ihre Shows im Nachhinein nochmal an?

Abdelkarim: Eigentlich gibt es nichts Besseres, wenn man sich verbessern möchte. Aber ich schaffe das oft gar nicht.

Wie wichtig ist es, als Comedian über sich selbst lachen zu können?

Abdelkarim: Es ist keine Grundvoraussetzung, aber es ist im Paket „Comedian“ oft automatisch mit dabei. Comedians sind in der Regel leicht neben der Spur, beobachten und hinterfragen alles. Wer das macht, lacht viel, ob er will oder nicht. Und wo gibt es mehr zu beobachten und zu hinterfragen als bei einem selber?

Wo hört der Spaß auf?

Abdelkarim: Satire darf alles, aber nicht alles ist Satire. Wir werden aber nie eine Formel entwickeln, mit der wir immer ermitteln können, ob eine Aussage jetzt Satire war oder nicht, weil bei der Beurteilung jeder Mensch andere Schwerpunkte setzt. Und ich kann nicht erwarten oder verlangen, dass die Menschen ausgerechnet meine Schwerpunktsetzung richtig finden. Ich persönlich finde es auch gut, interessant und witzig, wenn Menschen auf der Bühne nicht perfekt sind, sondern versuchen, mit ihren Unzulänglichkeiten und Überforderungen irgendwie klarzukommen. Perfekt wäre es nach meiner Meinung, wenn man dabei bereit ist, dazuzulernen und Rücksicht auf andere zu nehmen.

Im WDR Fernsehen haben Sie ihre eigene Show, in der Sie aktuelle Themen satirisch beleuchten. Wonach suchen Sie die Themen aus?

Abdelkarim: Wir haben Redaktionskonferenzen. Dann reden wir über alle möglichen Themen, die uns beschäftigen und das Redaktionsteam schlägt dazu noch Themen vor, auf die ich als Normalsterblicher nicht so kommen würde. Dann wird diskutiert und abgewogen.

Abdelkarim schaut mit gelangweiltem Blick in die Kamera.

Abdelkarims erste eigene Sendung „Team Abdel“ ist auch in der ARD-Mediathek zu sehen.

Wie viel Druck ist eine eigene Show im Vergleich zu Gastauftritten in Shows anderer?

Abdelkarim: Mehr Druck ist da nicht. Das ist ja zum Glück nur Comedy und Kabarett, was wir machen. Ich muss keine Leute aus einem brennenden Haus retten oder eine OP am offenen Herzen durchführen. Bei einer eigenen Show hat man natürlich ein größeres Tätigkeitsfeld.

Sie haben marokkanische Wurzeln, nennen sich selbst „Der Marokkaner Deines Vertrauens“. Was ist besonders marokkanisch an Ihnen? Und was typisch deutsch?

Abdelkarim: Typisch marokkanisch an mir ist, dass ich versuche, alle Probleme mit Olivenöl zu lösen. Typisch deutsch, dass ich bei Rot an der Ampel stehen bleibe. Auch nachts um drei in einem verlassenen Dorf.

Fast zweieinhalb Jahre Pandemie liegen hinter uns. Eine Zeit, in der Künstler ihren Beruf zeitweise nicht wie sonst ausüben konnten. Wie haben Sie die Zwangspause genutzt?

Abdelkarim: Ich habe versucht, mich mit Videokonferenzen anzufreunden. Zwischendurch gab es ein kurzes Comedy-im-Autokinozeitalter. Das Spaß gemacht hat, aber hoffentlich einmalig bleibt.

Hat das ihre Sicht auf das Leben verändert?

Abdelkarim: Nein, es hat nur Gewissheiten, die uns eigentlich eh schon bekannt sind, zementiert: Nichts ist selbstverständlich und wenn die Natur zum Leberhaken ansetzt, ist Feierabend.

Jetzt sind Sie wieder auf Tour. Wie fühlt sich das an?

Abdelkarim: Live macht Comedy am meisten Spaß. Kein Zeitdruck, ich sehe und höre die Zuschauer direkt, ich kann mit ihnen reden. Es macht großen Spaß.

Glauben Sie, dass Lachen helfen kann, um mit den Dingen, die gerade in der Welt passieren, besser klarzukommen?

Abdelkarim: Auf jeden Fall. Ohne Humor und Lachen könnte man vieles auf der Welt nicht ertragen.

Sie sind in Ostwestfalen geboren, leben jetzt im Ruhrpott. Warum? Und wo haben die Menschen mehr Humor – und wie ordnet sich da das Rheinland ein?

Abdelkarim: Ich bin wegen des Studiums ins Ruhrgebiet gezogen. Geblieben bin ich wegen des Duisburger Hauptbahnhofs. Wenn man beruflich immer woanders ist, ist das Ruhrgebiet ein perfekter Startpunkt. Humor haben alle. Ein Hauptunterschied: Ein Ostwestfale erzählt seinen Lieblingswitz nur Menschen, die er mindestens zehn Jahre kennt. Ein Mensch aus dem Ruhrgebiet erzählt seinen Lieblingswitz auch Menschen, die er gerade erst kennengelernt hat. Und ein Rheinländer hält fremde Menschen an, nur um ihnen seinen Lieblingswitz zu erzählen.

Abdelkarim: Vom Jura-Studium auf die Comedy-Bühne

Abdelkarim (mit bürgerlichem Namen: Abdelkarim Zemhoute) wurde am 6. Oktober 1981 in Bielefeld als Sohn marokkanischer Einwanderer geboren.

Nach dem Abitur studierte er ein Jahr lang Germanistik und Islamwissenschaft, wechselte dann zu Jura, brach das Studium aber ab. Seinen ersten Auftritt hatte er 2007 im Kölner Wohnzimmertheater.

Mit seinem ersten Soloprogramm „Zwischen Ghetto und Germanen“ war er bis Ende 2016 auf Tournee. Seit 2017 tourt er mit dem Programm „Staatsfreund Nr. 1“. Seit 2021 hat er im WDR seine eigene Satire-Sendung „Team Abdel“. Er lebt in Duisburg.