Sie kann lustig und laut sein, beherrscht aber auch die leisen Töne. Annette Frier (48, „Danni Lowinski“) ist einer der gefragtesten Schauspiel- und Serienstars in Deutschland.
Annette Frier über Abschied„Irgendwann merkt man: Jetzt ist Schluss“
Unter vielen anderen mischte die Kölnerin 2021 in der zweiten Staffel von „Last One Laughing“ (LOL) mit. Die ZDF-Reihe „Ella Schön“ geht aktuell mit den letzten beiden Folgen auf die Zielgeraden, im Mai widmet sich Frier in „Leben über Kreuz“ dem wichtigen Thema Organspende – und einen Kinofilm dreht sie auch noch.
Denkt so ein viel beschäftigter Mensch schon mal daran, kürzerzutreten? Darüber (sowie Kartentricks mit Kindern und eine Organspende für Putin) spricht die Kölnerin im großen Interview mit EXPRESS.de.
Annette Frier: Abschied von „Danni Lowinski“ – und nun von „Ella Schön“
Nach fünf Jahren nehmen Sie Abschied von Ella Schön. Tut’s weh?
Annette Frier: Natürlich, aber das ist wie in einer Beziehung, die zu Ende geht. Irgendwann merkt man: Jetzt ist Schluss. Dann muss man gehen. Bei „Danni Lowinski“ war das auch nach fünf Jahren der Fall. Ich schaue gern auf die Zeit zurück, habe die Autistin „Ella“ sehr geliebt – und viel von ihr gelernt.
Zum Beispiel?
Annette Frier: Gerade zu sitzen, strukturiert zu denken. Das kann man sich wirklich antrainieren. Ella hinterfragt ja alles wie etwa 'Warum verschiebst du das auf morgen?' Recht hat sie. Wir wissen doch alle, dass man es auch am nächsten Tag nicht macht.
Sind Sie auch so ordentlich geworden wie Protagonistin Ella aus der ZDF-Reihe – oder waren Sie das schon immer?
Annette Frier: Nein, ganz bestimmt nicht, aber dass sich das geändert hat, dafür muss ich meinen Kindern dankbarer sein als „Ella“. Ordnung erleichtert das Familienleben tatsächlich ungemein.
Haben Sie die nächste Serienrolle schon im Blick? Würden Sie eigentlich gern mal eine unsympathische Frau spielen?
Annette Frier: Klar, aber gute Drehbücher mit abgründigen Gegenspielerinnen sind eher selten. Ich bin deshalb froh, dass ich inzwischen als Schauspielerin auch mitgestalten kann, mehr Möglichkeiten habe.
Kann eine Vollblutschauspielerin wie Sie es sich vorstellen, mal für ein paar Monate auszusteigen?
Annette Frier: Ich gestehe, dass ich dazu neige, viele Dinge gleichzeitig zu tun. Jetzt freue ich mich darauf, die Nase einfach mal in den Wind zu halten und zu schauen, was passiert. Eine Auszeit war übrigens schon mal fest geplant. Wir wollten für drei Monate nach England ziehen, ich hatte schon alle Papiere zusammen, auch für die Schule. Doch dann kam der Lockdown. Vielleicht machen wir es irgendwann dann doch, obwohl sich bei mir im Moment das Weltreisegefühl noch nicht wieder so richtig eingestellt hat. Aber grundsätzlich kürzertreten? Warum nicht? Mir imponiert die Einstellung, vor allem bei vielen Jüngeren, dass Arbeit und Karriere nicht den Stellenwert haben wie noch vor 20 Jahren. Bin sehr gespannt, wie meine Kinder das in ein paar Jahren empfinden werden.
Die vorsichtige Ella lernt surfen. Was möchten Sie selbst denn unbedingt noch ausprobieren?
Annette Frier: Ach, ich finde, die schönsten Dinge erlebt man, wenn sie einfach passieren. Zuletzt habe ich bei Dreharbeiten ein paar Kartentricks von Kollegen gelernt. Seit zwei Wochen üben meine Kinder und ich jetzt diese und neue irre Tricks, die wir im Netz finden. Okay, wir sind noch ziemlich schlecht, und das ist alles einigermaßen sinnlos, aber es macht Riesenspaß!
Am 9. Mai geht es im ZDF-Film „Leben über Kreuz“ um das Thema Organspende. Haben Sie eigentlich einen Spenderausweis?
Annette Frier: Ich habe mich bereits vor Jahren sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt, als ich eine Transplantationsärztin gespielt habe. Seitdem besitze ich den Organspende-Ausweis. Ich akzeptiere jedoch total, wenn sich jemand gegen Organspende entscheidet. Denn da gibt es so viele Aspekte, zum Beispiel die Totenruhe, und Fragen, die sehr berechtigt sind. Ich persönlich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich auf die Hilfe anderer Menschen hoffen würde, wenn ich ein Spenderorgan bräuchte. Und wenn ich das für mich erwarte, ist die Antwort auf einmal einfach.
Annette Frier spricht über Wladimir Putin – und Tyrannenmord
Würden Sie einem Diktator wie Putin Ihr Herz spenden?
Annette Frier: Tyrannenmord? Schwierige Frage. Vor ein paar Tagen haben wir mit Freunden (natürlich nur halbernst) darüber gesprochen. 'Was würdest du tun, wenn du mit Putin alleine in einem Raum wärst und eine Waffe hättest?' Hätte man nicht die Verantwortung, dieses Leben zu beenden? Dieser Krieg ist so fürchterlich. Als überzeugte Pazifistin kommt man in diesen Zeiten an seine Grenzen.
Sie haben an Benefizaktionen für die Ukraine teilgenommen. Überrascht Sie die Solidarität in der Bevölkerung?
Annette Frier: Ich bin überwältigt, was da alles getan wird. Es gibt auch berechtigte Kritik. Den Ukrainern werden die Telefon-Karten gratis zur Verfügung gestellt, vor fünf Jahren hat man sich teilweise gewundert, dass Flüchtlinge überhaupt Handys dabeihatten. Aber das Gute ist doch, dass sich jetzt zeigt, was es für Kapazitäten gibt. Erinnern Sie sich noch daran, dass wir damals von der Obergrenze zwei Millionen gesprochen haben? So ein Quatsch.
Im Organspende-Film fragt sich Ihre Protagonistin, ob sie eigentlich an der Ehe festhalten will, ob sie diesen Mann noch liebt. Können Sie das nachvollziehen?
Annette Frier: Natürlich, das macht die Figur so spannend. Sind da überhaupt noch Gefühle jenseits des Damokles-Schwertes Krankheit? Monogamie ist außerdem eine amtliche lebenslange Verabredung. Grundsätzlich darf und muss man sich in einer Beziehung immer mal wieder die Frage stellen, ob der Kontakt noch gut ist. Nicht miteinander reden, aneinander vorbei leben, das ist doch eine der größten Gefahren und kann in jeder Ehe passieren. Das Schöne ist, dass man sich die Liebe zurückerobern kann.
Annette Frier: Mit „Switch“ durchgestartet, mit „Danni Lowinski“ zum Kult
Die gebürtige Kölnerin Annette Frier (bürgerlich nach der Hochzeit mit Regisseur Johannes Wünsche Annette Wünsche) ist Schauspielerin, Komikerin, Moderatorin, Regisseurin und Mutter von Zwillingen. Die Erfolgsserie „Switch“ war 1997 der Beginn von Friers Karriere als Comedienne.
Daraufhin war sie nicht nur als Co-Moderatorin der „Wochenshow“ zu sehen, sondern hatte auch häufig Auftritte an der Seite von Cordula Stratmann in der „Schillerstraße.“ Für die Serie „Danni Lowinski“ (ab 2010) bekam sie zahlreiche Auszeichnungen. Nach wie vor spielt Frier gern Theater, führte auch selbst Regie.