In einer neuen Ausgabe seiner Extremwetter-Reihe verschlägt es den ARD-Meteorologen Sven Plöger nach Grönland. Am Ende seiner Reise stellt er fest: „Es wäre dumm und verantwortungslos, beim Klimaschutz jetzt zu zögern.“
ARD-Experte zeigt mit simplem Vergleich, wie dringend Klimaschutz nötig ist
Die Arktis habe Sven Plöger schon immer fasziniert, sagt er. In einer neuen Ausgabe seiner ARD-Reportage-Reihe „Wie extrem wird das Wetter?“ reist der Meteorologe in den hohen Norden nach Grönland - denn was dort geschieht, beeinflusst auch das Wettergeschehen in Deutschland gravierend. „In der Arktis entscheidet sich, ob die Wetterextreme, die wir erleben, sich immer weiter verstärken“, weiß Plöger.
Die Arktis unterliegt als „Wetterküche“ Europas durch den Klimawandel beispiellosen Veränderungen, heißt es im Film. Zurückgehendes Eis, veränderte Luft- und Meeresströmungen sowie steigende Temperaturen sorgen auch hierzulande für Wetterereignisse, die wir so zuvor nicht kannten. Auf seiner Reise untersucht Plöger nicht nur die atemberaubend schöne Natur Grönlands, sondern auch die dramatischen Auswirkungen des arktischen Wandels.
„Das Eis schmilzt immer schneller, vor allem am Rand der Gletscher“, berichtet ihm Josephine Nymand, Biologin und Direktorin des Naturinstituts Grönland: „Wir bemerken auch, dass es häufiger zu extremen Wetterereignissen kommt. Wenn es regnet, regnet es gleich in Massen, und im Sommer haben wir lange Dürrephasen.“
ARD-Moderator wird von arktischen Winden fast umgeweht
Auch das Filmteam selbst erlebt, wie schnell das Wetter in Grönland kippen kann. Ein plötzliches Orkantief weht Sven Plöger fast um: „Eigentlich würde jetzt kein vernünftiger Mensch freiwillig vor die Tür gehen. Ich aber möchte unbedingt noch einmal an die Küste zurück, wo es gestern noch strahlenden Sonnenschein gab - zum Vergleich“, sagt er und stapft trotz 120 km/h schnellen Orkanböen durchs Freie. „Wer hier in der Arktis unterwegs ist, muss wissen: Respekt vor der Natur gehört dazu. Sonst ist die Sache hier sehr, sehr gefährlich.“
Gemeinsam mit dem Glaziologen Jakob Abermann reist Sven Plöger in Grönland zum Qaamarujuk-Gletscher. Dortige Messungen alarmieren: Der Gletscher verliert jedes Jahr an Masse - mit globalen Folgen, von steigenden Meeresspiegeln bis zu veränderten Wettermustern.
In Europa etwa bleiben dadurch Hoch- und Tiefdruckgebiete immer häufiger an Ort und Stelle, was langanhaltende Regenfälle, Gewitter und verheerende Fluten nach sich zieht. „Tatsächlich sehen wir, dass die Abschmelzraten sich in den letzten Jahren unglaublich beschleunigt haben und wir wahnsinnig viel Masse verloren haben in Grönland“, warnt Abermann. „Viel mehr, als man je gedacht hätte.“
Was eine Kaffeetasse mit dem Klimawandel zu tun hat
Es droht der „Tipping Point“, weiß auch Plöger: „Im Erdsystem gibt es Vorgänge, die sind irreversibel, die kann man nicht mehr einfach umdrehen.“ Einen solchen „Kipppunkt-Prozess“ veranschaulicht der Wetter-Experte mal eben beim Nachmittagskaffee: „Stellen Sie sich vor, die Tasse sei das Klimasystem. Die steht jetzt stabil auf dem Tisch“, sagt er und beginnt, das Gefäß langsam zu schieben. „Stellen Sie sich weiterhin vor, meine Finger sind unsere Treibhausgas-Emissionen, die wir jetzt langsam erhöhen. Die Tasse fährt zwar hier über den Tisch, aber sie steht stabil.“
Dann jedoch komme „der Punkt, an dem die Tasse mehr und mehr am Rand steht. Irgendwann ist es so weit, dass ich - wenn ich die Treibhausgas-Emissionen weiter erhöhe - den sogenannten Kipppunkt erreiche.“ Die Tasse fällt. „Der Eisschild Grönlands könnte tatsächlich auf eine solche Sturzbahn geraten“, mahnt Plöger.
Eindrucksvoll zeigt Plöger, dass die Arktis ein globales Zentrum des Klimawandels ist - mit direkten Konsequenzen für unser Leben: Dass etwa der Nordatlantikstrom seit 1.600 Jahren nicht mehr so schwach war, hat auch direkte Folgen für unser Wetter. „Er könnte sogar ganz versiegen. Das würde bei uns vor allem im Winter zu dramatischen Kältewellen aus dem Norden führen“, erklärt der Meteorologe. „Im Sommer wiederum müssten wir wohl viel öfter die heiße Luft aus dem Süden fürchten. Wir sollten es nicht darauf ankommen lassen.“
Sven Plöger wird deutlich: „Es wäre dumm und verantwortungslos, jetzt zu zögern“
Die Gletscher Grönlands seien als „Stütze für ein gemäßigtes Wetter in Mitteleuropa“ besonders schützenswert, lautet Plögers Fazit. Auf seiner Reise habe er gelernt: „Es wäre dumm und verantwortungslos, beim Klimaschutz jetzt zu zögern. Wenn wir weitermachen wie bisher, drohen uns durch das Abschmelzen dieser Eiswelt erhebliche Wettergefahren.“ Der ARD-Mann wird deutlich: „Eine Zukunft haben wir Menschen nur mit der Natur - und nicht gegen sie.“
Kipppunkte gebe es nicht nur beim Klima, sondern auch innerhalb unserer Gesellschaft. „Und die können uns möglicherweise beim Klimaschutz richtig helfen“, gibt sich Plöger am Ende der eindrucksvollen Reportage dann doch noch zuversichtlich: „Studien legen nahe: Selbst wenn nur ein Viertel der Menschen sich konsequent für mehr Nachhaltigkeit engagiert, kann das die anderen nach und nach überzeugen und mitreißen. Wenn wir zusammenhalten, dann können wir viel mehr erreichen, als wir denken.“
„Wie extrem wird das Wetter, Sven Plöger?“ zeigt das Erste am Montag, 3. Februar, 20.15 Uhr. Vorab ist der Film in der ARD-Mediathek zu sehen. (tsch)