„Red One - Alarmstufe Weihnachten“, „Die Witwe Clicquot“ und „Red Rooms - Zeugin des Bösen“, ein heftiger Psychothriller um eine junge Frau, die eine Obsession für den Prozess gegen einen mutmaßlichen Serienkiller entwickelt: Das sind die Kino-Neustarts am 7. November.
Beunruhigende FaszinationDas sind die Kino-Highlights der Woche
True-Crime, wohin man schaut! Kein Streaming-Dienst lässt es sich nehmen, wahre Verbrechen in Serie aufzubereiten. Und immer wieder kommen neue Podcasts heraus, die die Gier des Publikums nach bizarren Morddetails stillen wollen. Die Lust an kriminellen Geschichten, oft aus dem wahren Leben, ist groß wie nie zuvor. So scheint es zumindest. Grund genug, dem Fieber etwas entgegenzusetzen, dachte sich offenbar der frankokanadische Filmemacher Pascal Plante, der die Begeisterung für das Abgründige in seinen komplexen, unbehaglichen Independent-Thriller „Red Rooms - Zeugin des Bösen“ packt. Ein Werk, das einem in die Knochen kriecht, ohne billigen Effekten zu verfallen.
Außerdem neu im Kino: „Red One - Alarmstufe Weihnachten“, ein stargespickter Actionthriller, in dem der Weihnachtsmann entführt wird, und „Die Witwe Clicquot“, eine Filmbiografie über Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardin, die nach dem Tod ihres Ehemannes ein Champagnerunternehmen zu einer Weltmarke ausbaute.
Red Rooms - Zeugin des Bösen
Die Lust an mörderischen Taten auf die Spitze getrieben - genau das bietet „Red Rooms - Zeugin des Bösen“. Protagonistin ist eine junge Frau namens Kelly-Anne (Juliette Gariépy), die sich einen Schlafplatz auf der Straße sucht, nur um den Prozess gegen den mutmaßlichen Mädchenmörder Ludovic Chevalier (Maxwell McCabe-Lokos) live im Gerichtssaal von Montréal verfolgen zu können. Dem unscheinbaren, in einem Glaskasten sitzenden Mann wird vorgeworfen, drei Teenagerinnen grausam gefoltert, sie zerlegt und sein Vorgehen für ein zahlungswilliges Publikum im Dark Web gefilmt zu haben.
Alles Lüge, behauptet die aufgekratzte Clementine (Laurie Babin), die den Angeklagten vergöttert und vor jeder Fernsehkamera über seine Unschuld philosophiert. Obwohl Kelly-Anne von ihr ein wenig genervt ist, lässt sie die Zugereiste vorübergehend bei sich wohnen und pilgert mit ihr an jedem neuen Prozesstag ins Justizgebäude. Groß ist die Enttäuschung bei Clementine, dass die Vorführung zweier Tatvideos unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden soll. Ihre Gastgeberin jedoch, eine ausgewiesene Technikexpertin, kann ihre Neugier stillen. Und plötzlich ist nichts mehr wie zuvor ...
Die Eröffnungsrede der Staatsanwältin lässt Schlimmeres vermuten. Nämlich einen Film, der sich hemmungslos in Gewaltbildern ergeht. In Wahrheit aber widersteht der auch für das Drehbuch verantwortliche Regisseur der Versuchung, den reißerischen (fiktiven) Stoff auch so zu präsentieren. „Red Rooms - Zeugin des Bösen“ ist ein Thriller, der ganz ohne Exzesse auskommt, geschickt das Kopfkino der Zuschauer aktiviert und sie mit ihrer eigenen Faszination am Bösen konfrontiert.
Spannung bezieht Pascal Plante vor allem aus einer Frage: Was genau will eigentlich Kelly-Anne? Die so kontrolliert auftretende Frau, unter deren Oberfläche es zunehmend brodelt, ist rätselhaft, schwer zu fassen. Eine der wohl unbequemsten, aber auch aufregendsten Thriller-Figuren der jüngeren Vergangenheit. Nicht zuletzt dank Juliette Gariépys beeindruckender Performance.
Red One - Alarmstufe Weihnachten
2020 gab Hollywood-Skandalnudel Mel Gibson in der Actionfarce „Fatman“ einen ungehobelten Weihnachtsmannverschnitt, dem ein enttäuschter Junge einen Killer auf den Hals hetzt. An den Kragen geht es Santa Claus (J. K. Simmons) auch in „Red One - Alarmstufe Weihnachten“, dem neuen Film von Jake Kasdan, dessen Vater Lawrence Kasdan (“Heißblütig - Kaltblütig“) ebenfalls in Hollywood Karriere machte.
Die Prämisse ist ebenso simpel wie griffig: Als der Weihnachtsmann von einem Bösewicht entführt wird, tut sich Callum Drift (Dwayne Johnson), der Sicherheitschef des Nordpols, mit dem Kopfgeldjäger Jack O'Malley (Chris Evans) zusammen. Gemeinsam müssen sie den Vermissten finden und das Fest der Liebe retten.
Hauptdarsteller Dwayne Johnson und Regisseur Kasdan dürften inzwischen ein eingespieltes Team sein. Immerhin wirkten beide schon bei den Fantasy-Abenteuern „Jumanji: Willkommen im Dschungel“ (2017) und „Jumanji: The Next Level“ (2019) mit. Berichte über chaotische „Red One“-Dreharbeiten wurden mehrfach dementiert. Fakt ist allerdings, dass die Amazon-Produktion ursprünglich bereits Ende 2023 auf dem Streaming-Dienst Prime Video ihre Veröffentlichung feiern sollte. Ein Jahr später erhält die Actionkomödie, die angeblich als Auftakt zu einem filmischen Weihnachtsuniversum gedacht ist, nun einen weltweiten Kinostart.
Die Witwe Clicquot
Geschichten über Frauen, die für ihre Rechte kämpfen, Männern die Stirn bieten und ihre eigenen Wege gehen, waren auf der großen Leinwand früher eher rar gesät. Heute drängen sie jedoch zum Glück immer stärker in die Kinos. Ein neuer Vertreter ist das Biopic „Die Witwe Cliquot“, das sich dem Leben Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardins nähert. Eine Unternehmerin, die als „Grand Dame de Champagne“ bekannt wurde.
Der Clou an Thomas Nappers Film, der auf einem Sachbuch der Kulturhistorikerin Tilar J. Mazzeo basiert: Erzählt wird auf zwei Zeitebenen. Zum einen schildert der Regisseur die Romanze zwischen der Titelheldin (Haley Bennett) und ihrem Ehemann François (Tom Sturridge). Zum anderen beschreibt er Barbe-Nicoles Kampf um die Fortführung der Champagnergeschäfte nach dem Tod ihres Gatten Anfang des 19. Jahrhunderts.
Mit Joe Wright (“Stolz und Vorurteil“, „Abbitte“) stand Thomas Napper als Produzent ein Experte für hochwertige Kostümdramen zur Seite. Neben Hauptdarstellerin Haley Bennett, die ihre Rolle mit stiller Entschlossenheit anlegt, überzeugen dann auch vor allem die Bilder von „Die Witwe Clicquot“. Gedreht wurde übrigens teilweise in der Champagne, jener französischen Region, in der das noch heute existierende Unternehmen Veuve Clicquot Ponsardin seinen Sitz hat. (tsch)