Diskussionen zur WahlLanz-Gast sicher: „Der Teufel kommt nur einmal durch dieselbe Tür“

Der „Welt am Sonntag“-Chefredakteur Jacques Schuster sieht keinen Grund zur Sorge, was die AfD angeht. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Der „Welt am Sonntag“-Chefredakteur Jacques Schuster sieht keinen Grund zur Sorge, was die AfD angeht.

Mit Blick auf die Bundestagswahl analysierten gleich mehrere Chefredakteure bei „Markus Lanz“ die bisherige Performance von Olaf Scholz und Friedrich Merz sowie den künftigen Umgang mit der AfD. Dabei warnte Jacques Schuster vor der Annahme, die deutsche Gesellschaft sei nach rechts gerückt.

Die Bundestagswahl rückt immer näher. In aktuellen Umfragen liegt CDU-Chef Friedrich Merz mit rund 30 Prozent deutlich vor dem amtierenden SPD-Kanzler Olaf Scholz. In seiner letzten Sendung vor der Wahl wollte Markus Lanz daher von seinen Gästen wissen: „Wie würden Sie diesen Wahlkampf beschreiben?“ Die Antwort der anwesenden Chefredakteure? Durchwachsen.

Melanie Amann bezeichnete die vergangenen Wochen zunächst als „ungewöhnlich“ und sagte, dass der Wahlkampf „in der Anfangsphase unerträglich inhaltsleer“ gewesen sei, bevor es zu Inhalten „kippte, (...) aber immer mit einer gewissen schrillen Begleitmusik“.

„Olaf Scholz ist wie ausgewechselt“

Gregor Peter Schmitz stimmte schmunzelnd zu und ergänzte: „Ich glaube, die Bereitschaft, wirklich über die Themen, die gerade anstehen, zu verhandeln, war sehr niedrig. Gleichzeitig waren die Erwartungen sehr niedrig.“ Jacques Schuster bemerkte wiederum „eine Form von Wechselstimmung“ im Land.

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Der „Welt am Sonntag“-Chefredakteur zeigte sich jedoch überrascht von den „einbetonierten“ Umfrageergebnissen der großen Parteien. „Wirkt der Wahlkampf überhaupt?“, so Schuster fassungslos. Martin Machowecz wirkte derweil positiv angetan von den Performances der einzelnen Parteien. „Wir haben sehr klar konturierte politische Lager“, so der stellvertretende „Zeit“-Chefredakteur.

In dem Zusammenhang lobte Machowecz nicht nur die vergangenen Debatten der Kanzlerkandidaten, sondern vor allem die jüngsten Auftritte von Olaf Scholz. Er erklärte: „Seit der Bundeskanzler (...) offenbar innerlich akzeptiert hat, dass er verlieren wird, ist er wie ausgewechselt - ist plötzlich so eine richtige Tempomaschine, sagt die verrücktesten Sachen. (...) Das fand ich irgendwie erfrischend.“

Dem musste auch Gregor Peter Schmitz zustimmen. Er gab zu, dass sich Scholz „wesentlich besser geschlagen“ habe, „seitdem er (...) dem politischen Tod geweiht scheint“. Während Lanz lachte, kommentierte Melanie Amann skeptisch: „Ob das aus der Erkenntnis kommt, da würde ich ein kleines Fragezeichen setzen ...“

Der „Stern“-Chefredakteur Gregor Peter Schmitz sieht eine Verbesserung in der Performance von Olaf Scholz, „seitdem er dem politischen Tod geweiht scheint“. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Der „Stern“-Chefredakteur Gregor Peter Schmitz sieht eine Verbesserung in der Performance von Olaf Scholz, „seitdem er dem politischen Tod geweiht scheint“.

Nicht nur Scholz, sondern auch Friedrich Merz wurde von Martin Machowecz gelobt, der Merz' öffentliche Haltung zum Thema irreguläre Migration nach dem Anschlag in Aschaffenburg als „mutig“ bezeichnete. Jacques Schuster konnte dem jedoch nicht zustimmen. Er hakte kritisch nach: „Wo ist da das Mutige? Er hat sich ja nicht mit seiner eigenen Partei oder seiner Klientel angelegt.“

Statt einzulenken, stellte Machowecz klar: „Mit weiten Teilen der medialen und politischen Öffentlichkeit in Deutschland hat er sich schon angelegt. Und wenn ich mir so die Kommentierungen in den allermeisten Medien anschaue, hatte er schon harte Tage und Wochen.“ Dem entgegnete Melanie Amann streng: „Das bezog sich auf seine Abstimmung! (...) Ich glaube, der Auftritt nach Aschaffenburg wurde (...) schon unterschiedlich kommentiert. (...) Und die Kritikpunkte galten den Inhalten.“

„Vielleicht ist die AfD eben bei ihren 20 Prozent ausgereizt“

Eine Steilvorlage für Lanz, der nach der gemeinsamen Abstimmung von AfD und CDU im Bundestag zugab: „Es war (...) am Ende doch ein Moment der Wahrheit, zu dem das alles geführt hat. Ein Moment, der zu mehr Ehrlichkeit geführt hat. (...) Jeder war gezwungen, sich plötzlich dazu zu verhalten und eine Position zu finden. Und das habe ich als gut empfunden. Endlich mal eine echte Auseinandersetzung!“

Während einige Gäste nickten, reagierte Melanie Amann verhalten. Sie mahnte: „Das ist ein Schritt in Richtung Normalisierung. Das muss man sich einfach klarmachen und das Tor hat Merz geöffnet.“ Jacques Schuster wollte die Zukunft derweil nicht schwarzmalen und äußerte die Hoffnung: „Vielleicht ist die AfD eben bei ihren 20 Prozent ausgereizt, weil zum Glück die Mitte (...) bei 80 Prozent liegen.“

Martin Machowecz lobt den Wahlkampf von Olaf Scholz und bezeichnet ihn als „eine echte Tempomaschine“.  (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Martin Machowecz lobt den Wahlkampf von Olaf Scholz und bezeichnet ihn als „eine echte Tempomaschine“.

Eine Aussage, die Martin Machowecz so nicht unterschreiben wollte: „Das dachten wir vor ein paar Jahren aber auch bei zehn Prozent schon.“ Schuster konterte unbeeindruckt: „Der Teufel kommt nur einmal durch dieselbe Tür und wir können das aushalten als Demokraten. Und deswegen würde ich sagen: Bleibt ein bisschen ruhiger!“

Laut des „Welt am Sonntag“-Chefredakteurs gebe es durchaus Grund für mehr Optimismus: „Wenn wir der großen Mitte vertrauen, (...) dann können wir doch auch etwas gelassener sein.“ An die politische Mitte richtete Schuster gleichzeitig die Forderung: „Die deutsche Gesellschaft ist nicht nach rechts gerückt, sondern sie will einfach Probleme gelöst bekommen und das muss jetzt getan werden!“ (tsch)