Dortmunder „Tatort“Jan Pawlaks letzter Fall: Gefallener Ermittler muss es mit der Wettmafia aufnehmen

Das Foto stammt aus dem Dortmunder „Tatort: Cash“ und zeigt den Ermittler Jan Pawlak (Rick Okon) in einem Wettbüro.

Schauspieler Rick Okon ist im Dortmunder „Tatort: Cash“ zum letzten Mal in der Rolle des Kommissars Jan Pawlak zu sehen.

Rick Okon verabschiedet sich als Jan Pawlak im „Tatort: Cash“ aus dem Dortmunder Revier. Seine Figur des vom Absturz bedrohten Polizisten steht im Mittelpunkt des Falles, der in der Sportwetten-Szene spielt.

Jenes Glück, das man im Leben braucht, um gut durchzukommen, ist bekanntlich nicht unbedingt im Dortmunder „Tatort“ daheim. Da ermitteln seit 2012 schwer traumatisierte Ermittlerinnen und Ermittler, deren Familien und Beziehungen zerbrechen, wie zu heiß gespülte Sektgläser.

Und hat man dann ausnahmsweise doch mal Glück in der Liebe, wird man – unglücklich – erschossen: so wie Kommissarin Martina Bönisch (Anna Schudt) in der Schockfolge „Liebe mich!“ vor ziemlich genau zwei Jahren.

„Tatort“: Ein bekannter Verbrecher-Pate ist zurück auf der Bildfläche

Anfang 2024 gilt es in Dortmund nun, den nächsten Ermittler-Abgang zu verkraften. Schauspieler Rick Okon („Das Boot“) verabschiedet sich mit dem „Tatort: Cash“ vom Team.

Passenderweise steht seine Figur im „Tatort: Cash“, der im Sportwetten-Milieu spielt, zumindest ein bisschen im Mittelpunkt.

Jan Pawlak scheint es nicht besonders gutzugehen. Er verbringt viel Zeit im Wettbüro von Alkim Celik (Sahin Eryilmaz), wo der vom Sorgerechtsstreit um seine Tochter gepeinigte Polizist offenbar große Summen investiert.

Abonniere hier unseren Star-Newsletter von EXPRESS.de:

Als Alkims Schwager, der auch im Business aktiv war, in seiner Wohnung erschlagen wird, treffen die Ermittler Peter Faber (Jörg Hartmann) und Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger) in der Wett-Szene nicht nur auf ihren zuletzt häufig absenten Kollegen Pawlak.

Die Spur führt auch zu Verbrecher-Pate Tarim Abakay (Adrian Can), den regelmäßige Zuschauer des Dortmunder „Tatorts“ bereits aus den Folgen „Mein Revier“ (2012) und „Kollaps“ (2015) kennen. Diesmal darf er als kaum anzutastende Sportwetten-Größe im Hintergrund die Fäden spinnen.

Manipulateure, die den Fußball lieben

Fast mehr noch als die Aufklärung des Mordfalles stehen im Krimi von Dortmund-Routinier Jürgen Werner (zwölftes Drehbuch fürs Team) und Regisseur Sebastian Ko („Tatort: Donuts“) die Tricks und Vorgehensweisen der Ermittler wie auch der Verbrecherseite im Fokus.

Hier an unserer EXPRESS.de-Umfrage teilnehmen:

Dies liegt auch an der fast schon mysteriösen Figur der Ira Klasnić (Alessija Lause): Nachdem die kühle Blondgelockte Faber vor dem Pflegeheim seines Vaters abgefangen hat, möchte sie, dass er ihr im Wagen folgt. An einem geheimen Ort eröffnet sie ihm einen neuen Blick auf den Fall, in dem auch Staatsanwalt Matuschek (Moritz Führmann) eine Rolle einnimmt.

Fast scheint es, dass Vorgehen und Moral der Ermittler ebenso doppelbödig sind, wie das Sportwettengeschäft und seine Manipulateure – die natürlich dennoch von der „Liebe zum Fußball“ sprechen und angetrieben werden.

Eintagsfliegen im TV

"Tatort": Sie ermittelten nur ein einziges Mal

Klaus Löwitsch löste als Polizeihauptmeister Werner Rolfs 1982 den Fall "So ein Tag..." in Frankfurt am Main.

Die doppelte Eintagsfliege beim Tatort! Charakterkopf Klaus Löwitsch (1936-2002) mimte beim „Tatort“ gleich zwei völlig verschiedene Ermittler – beide kamen nicht über ihr Debüt hinaus. 1982 löste Löwitsch als Polizeihauptmeister Werner Rolfs (Foto) 1982 den Fall „So ein Tag...“ in Frankfurt/Main. Drei Jahre später schnüffelte Löwitsch als Polizeihauptmeister Reinhold Dietze im Frankfurt Bahnhofsviertel herum – es blieb beim einmaligen Einsatz.Im wahren Leben hatte Klaus Löwitsch 2001 erheblichen Ärger mit dem Gesetz: Er musste 27.000 D-Mark Geldstrafe zahlen, nachdem er in Berlin eine Frau geschlagen und sexuell genötigt hatte. Wegen seines damaligen Blutalkoholwertes von 5,15 (!) Promille hatte das Gericht eine „gestörte Steuerungsfähigkeit“ festgestellt.

Ernst Jacobi als Hauptkommissar Horst Pflüger.

„Guten Tag, Sie sprechen mit dem Einmal-Ermittler Horst Pflüger“ – das könnte 1972 Schauspieler Ernst Jacobi (1933-2022) am Telefon gesagt haben. Denn Hauptkommissar Horst Pflüger tummelte sich nur ein einziges Mal im noblen Baden-Baden, „Wenn Steine sprechen“ hieß die finale Debütfolge. Der begeisterte Tennisspieler Pflüger trug Cordanzug und hatte ein Faible für französische Lyrik. Geholfen hat's bei der Ermittlerarbeit nicht ...

Diether Krebs als Kommissar Nagel 1972 im Tatort

Ui, da hängte Kommissar Nagel den Job aber schnell an selbigen ... Humor- und Kabarett-Urgewalt Diether Krebs (1947-2000) ermittelte 1979 genau ein Mal als Kommissar Nagel (Vorname wird nie genannt) in Hannover. Dienstwagen des leidenschaftlichen Kaffeetrinkers war ein blitzeblauer Opel Rekord E1. Ewig unvergessen bleibt Diether Krebs durch „Ein Herz und eine Seele“, „Sketchup“ sowie seine letzte Rolle als dubioser Spediteur Werner Kampmann in der Ruhrpott-Kultkomödie „Bang Boom Bang – Ein todsicheres Ding“. Seine Ermittlungen im „Tatort“ allerdings waren dem Titel der Folge gemäß „Umsonst“.

Hauptkommissar Sander (Volker Kraeft) war 1980 in Frankfurt am Main im Einsatz.

Und noch ein vornamenloser Ermittler: Kommissar Sander, gespielt von Volker Kraeft (*1941) hantierte 1980 in Frankfurt am Main mit Essstäbchen und kriminalistischem Geschick. Der frisch verlassene Single mit dem aufbrausenden Gemüt bemühte damals schon gern Flipcharts und erstellte laut tatort-fans.de gern riesige Mindmaps. Obwohl seiner Zeit damit lange voraus, ermittelte er „Mit nackten Füßen“ (so der Folgentitel) nur ein einziges Mal – in einer Werbeagentur.

Kreutzer (Willy Semmelrogge) durfte 1980 nur ein einziges Mal für die Essener Mordkommission ermitteln.

Er war Hauptkommissar Haferkamps Assistenz, in urlaubsbedingter Absenz seines Vorgesetzten darf der brave Hauptmeister Willi Kreutzer, gespielt von Willy Semmelrogge (1923-1984), selber ran und geht 1980 auf „Herzjagd“ in Essen. Kleiner Fun Fact: Die Urlaubsvertretung wurde nur deshalb konstruiert, weil Schauspieler Hansjörg Felmy (alias Kommissar Heinz Haferkamp) das Drehbuch nicht gefiel ...

Günther Maria Halmer löste als Hauptkommissar Siegfried Riedmüller 1986 den Fall "Riedmüller, Vorname Sigi" in München.

„Riedmüller, Vorname Sigi“ heißt die einzige „Tatort“-Episode, in der sich Günther Maria Halmer (*1943) in den Reigen der Ermittler auf dem besten ARD-Sendeplatz einreihen durfte. 1986 ermittelt der an Magenproblemen leidende Raucher, der mit einem 5er-BMW in München unterwegs ist, als Hauptkommissar Siegfried Riedmüller.

Kommissar Scherrer (Hans Brenner) ermittelte 1987 für die Münchner Mordkommission

Und noch ein „einmaliger“ Ermittler aus München: Kommissar Karl Scherrer folgte 1987 auf Siegfried Riedmüller in der Mordkommission, gespielt wurde er von Charakterdarsteller Hans Brenner (1938-1998; bekannt u. a. als Hanns Martin Schleyer im RAF-Doko-Drama „Todesspiel“). Scherrer wäre viel lieber Koch als Kommissar geworden, vielleicht hat er für eine Fortsetzung seiner „Tatort“-Tätigkeit zu viel anbrennen lassen ...

Christoph Waltz war 1987 als Inspektor Herbert Passini im Wiener "Tatort" zu sehen.

Ein zweifacher Oscargewinner als Tatort-Ermittler! Leider reichte es 1987 für Christoph Waltz (*1956; zweiter von links) als Revierinspektor Herbert Passini nur für einen einzigen Einsatz in Wien – in der Folge „Wunschlos tot“. Statt Wienerisch spricht er Hochdeutsch und kehrt den Peniblen raus. Jahre später wird Waltz auf dem Höhepunkt seiner Karriere sein: Er gewinnt, jeweils als Bester Nebendarsteller, den Oscar für „Inglorious Basterds“ (2010) und „Django Unchained“ (2013).

Ein undatiertes Archivbild zeigt Heinz Schubert in seiner Rolle als "Ekel Alfred" in der Fernsehserie "Ein Herz und eine Seele".

Es war „Eine mörderische Rolle“, die der als „Ekel Alfred“ aus „Ein Herz und eine Seele“ (Foto) bekannte Schauspieler Heinz Schubert (1925-1999) übernahm: 1995 ermittelte er einmalig als pensionierter Frankfurter Kommissar Leo Felber. Der nebenbei noch sein Enkelchen hütete.

1/9

Peter Faber darf in „Cash“ endlich mal wieder seine zynisch-coolen Verhörsprüche auspacken, wenn er den stets von humorfreien Bodyguards bewachten Tarim Abakay im Stadion des fiktiven Regionalligisten TUS Hörde 05 abfängt, wo sich der wohlhabende Unternehmer in Sachen Sport engagiert.

Wenn Abakay in einer Szene mit fast kindlicher Freude ein Eins-gegen-Eins-Duell auf dem leeren Stadionrasen gegen seinen Leibwächter genießt, bekommt er vom unnachgiebigen Faber die Frage gestellt, warum er hier so viel Zeit und Mittel investiere. „Wollten Sie als kleiner Junge nie Fußballprofi werden?“, fragt der Gangster ehrlich.

„Nein, ich wollte schon immer Polizist werden – und die bösen Räuber fangen“, antwortet Faber. Ganz ohne Ironie.

Mit einem knappen Sieg vom Feld

Tatsächlich ist der 1969 in Hagen vor Dortmunds Toren geborene Schauspieler Jörg Hartmann letzter verbliebener Ur-Ermittler des 2012 als Viererteam gestarteten Ruhrpott-„Tatorts“.

Es ist der dritte nach den Ermittlern Haferkamp (Hansjörg Felmy, 1974 bis 1980) in Essen und Schimanski (Götz George, 1981-1991/97) in Duisburg. Wir erinnern uns – 2012 standen Faber noch die Kollegen Bönisch (Anna Schudt), Dalay (Aylin Tezel) und Kossik (Stefan Konarske) zur Seite.

Doch wie ist er nun, der neue Fall aus Dortmund, der mal wieder einen personellen Übergang moderieren muss?

Zwischen den Zeilen ist die Sportwetten-Geschichte interessanter, als man auf den ersten Blick denken könnte. Denn neben eins, zwei guten Twists verrät der Fall aufmerksam Zuschauenden auch ein paar Tricks aus der Welt des Wettgeschäfts und seiner Möglichkeiten.

Dass Manipulation auch abseits des sportlichen Rasens in den Tricks und Blendungen des Organisierten Verbrechens wie auch der Staatsdiener zu finden ist, darf als weiterer Pluspunkt des Krimis gelten, der in Sachen Filmkunst und charakterlicher Gefühlstiefe allerdings eher konventionelle Krimikost bietet.

Aufgrund der Cleverness, wie der Wett-Plot, seine Verschleierung sowie dessen Offenlegung geschrieben sind, geht der neue Dortmunder „Tatort“ dennoch mit einem knappen Sieg vom Feld. „Macht doch nichts“, werden sich die Macher sagen: „Hauptsache gewonnen“. (tsch)