Ex-007 Craig fasziniert in Luca Guadagninos Film als schwuler, verletzlicher Autor. Das Liebesdrama war eben noch im Kino und ist nun schon zum Streamen verfügbar.
Streaming-AusblickMexiko, Sex, Drogen: Daniel Craig in „Queer“
Auch wenn viele meinten, Ex-James-Bond Daniel Craig habe in „Queer“ eine seiner bislang besten schauspielerischen Leistungen abgeliefert, überging ihn die Academy bei den Oscar-Nominierungen. Sehenswert ist sein Spiel in diesem Film dennoch. Nachdem das Drama gerade erst im Kino lief, ist es nun schon beim Streamingdienst Mubi im Programm (seit 31.1.).
Der Italiener Luca Guadagnino („Call Me By Your Name“, „Challengers - Rivalen“) gilt derzeit als einer der angesagtesten Filmregisseure. In „Queer“ lässt er Daniel Craig als schwulen, trinkenden Schriftsteller durch das Mexiko der 50er Jahre lustwandeln, bevor er ihn in den Urwald schickt.
Craig glänzt in „Queer“ als unsicherer, frustrierter und verletzlicher Mann, dessen einstiger Charme nur noch selten aufblitzt. „Während meiner Bond-Zeit hätte ich diesen Film nicht machen können“, sagte Craig dazu der Deutschen Presse-Agentur vor einiger Zeit. „Es hätte sich irgendwie gezwungen angefühlt, wie eine Reaktion auf Bond, und das hätte einfach nicht gepasst.“
Eine Geschichte von Intimität, Begierde und Exzess
„Queer“ basiert auf dem gleichnamigen Roman des US-Schriftstellers William S. Burroughs (1914-1997) und ist eine fiktionalisierte und überzeichnete Darstellung dessen eigener Erlebnisse.
Craig spielt Burroughs' Alter Ego. William Lee lebt in den 50er Jahren in Mexiko-Stadt ein zügelloses Leben. Er trinkt in ungesunden Mengen, nimmt Drogen und ist immer auf der Suche nach zwanglosen Affären.
Lee vertreibt sich die Zeit beim Plausch mit anderen amerikanischen Lebemännern. Während er Mengen von Tequila trinkt, hält er Ausschau nach Männern, die ihn auf sein Zimmer begleiten könnten.
Starke Sex-Szenen
Als er dem jungen, attraktiven Fotografen Eugene (Drew Starkey) begegnet, ist er sofort fasziniert. Dass er sich unsicher ist, ob Eugene schwul ist oder nicht, macht den Fremden für Lee umso interessanter.
Wie in vielen Filmen Guadagninos dreht sich auch in „Queer“ alles ums Begehren. Sein oscarprämiertes Werk „Call Me By Your Name“ wurde seinerzeit dafür kritisiert, dass die Sex-Szenen zu harmlos seien. Davon kann in „Queer“ keine Rede sein. Ganz im Gegenteil.
Craigs Rückkehr zu alter Rollenvielfalt
Nicht nur mit Blick auf Craigs faszinierende Performance in „Queer“ wurde ihm nachgesagt, er habe sich neu erfunden, um sich vom Image als James Bond zu lösen. Das zeugt allerdings von Unkenntnis seiner Filmografie vor 007. „Ich habe früher Filme in diesem Stil gemacht. Ich liebe es, dass ich jetzt wieder solche Filme machen kann“, sagte der 56-Jährige der dpa.
Während Lees Zuneigung obsessiv wird, geht Eugene auf Abstand. Trotzdem gelingt es Lee, seinen jungen Lover zu überreden, ihn in den südamerikanischen Dschungel zu begleiten. Dort will er die sagenumwobene Pflanze Yagé finden, die angeblich telepathische Fähigkeiten verleiht.
Film wie ein Drogentrip
Im Urwald trifft das Duo auf die exzentrische Dr. Cotter - Lesley Manville mit einem herrlichen Gastauftritt. Der Konsum der ersehnten Droge führt bei Lee und Eugene zu extremen Halluzinationen. Schließlich verschmelzen Wirklichkeit und Vision für die Protagonisten - und für das Publikum.
„Queer“ ist wahrscheinlich der bislang verrückteste Film von Luca Guadagnino. Folgt er anfangs noch einer linearen Handlung, so wird die Geschichte spätestens im Dschungel zum abgefahrenen Drogentrip.
Mit einer Laufzeit von 137 Minuten ist der Film etwas zu lang geraten. (dpa)