„Hart aber fair“Mann will Sohn aus Kita abholen, dort hört er verstörenden Penis-Satz

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Frank Plasberg, Moderator bei „Hart aber fair”, wollte den skurrilen Bericht von einem seiner Gäste am 5. Oktober 2020 nicht so recht glauben.

von Martin Gätke  (mg)

Köln – Ausnahmsweise ging es bei „Hart aber fair“ am Montag, 5. Oktober, mal nicht um Corona, sondern um ein völlig anderes Thema.

„Hart aber fair" mit Frank Plasberg: Streit um Sprache und Gender-Debatte

Moderator Frank Plasberg fragte diesmal: „Streit um die Sprache: Was darf man noch sagen und was besser nicht?“

Der Tod des Afroamerikaners George Floyd Ende Mai 2020 ließ nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland die Rassismus-Debatte neu aufflammen. Es ging auch um die Frage, wie stark der Alltagsrassismus in unserem Land ist – und welche Rolle unsere Sprache dabei spielt.

So wurde etwa in Berlin und Köln darüber diskutiert, ob man die „Mohrenstraße“ umbenennen sollte. Denn viele empfinden diese Bezeichnung als rassistisch. Knorr benannte seine „Zigeunersauce“ um, weitere Hersteller zogen nach. Zum Kinostart einer Neuauflage von „Jim Knopf“ kritisierten manche die Geschichte, weil sie die Darstellung eines schwarzen Jungen als stereotyp darstellt.

HaF_Runde

Die Diskussionsrunde bei „Hart aber fair” am Montag, 5. Oktober (von links): Komiker Jürgen von der Lippe, Kolumnist Jan Weiler, Feministin Stefanie Lohaus, Philosophin Svenja Flaßpöhler, Journalist Stephan Anpalagan.

Frank Plasberg selbst zitierte aus Vorschlägen der Berliner Verwaltung, „Ausländer“ besser „Einwohnende ohne deutsche Staatszugehörigkeit“ zu nennen.

Zu Gast bei „Hart aber fair" am 5. Oktober 2020:

  1. Jan Weiler
  2. Stefanie Lohaus
  3. Stephan Anpalagan
  4. Jürgen von der Lippe
  5. Svenja Flaßpöhler
  6. Andrew Onuegbu

In der Sendung ging es nicht nur darum, welche deutschen Begriffe und Namen als rassistisch empfunden werden könnten. Sondern auch um gendergerechte Sprache.

Aber wie weit müssen wir gehen, um diskriminierungsfrei zu werden?

Hart aber fair: Jan Weiler berichtet von „Kind mit Penis"

Jan Weiler berichtete von einem Vorfall, der aufzeigt, wie kurios und skurril derlei Sprachversuche mitunter werden können. Er erzählte Plasberg von einem Bekannten, der ihm seinen Sohn aus der Kita abholen wollte. Und als er das Wort „Junge“ sagte, sei er sofort von der Erzieherin belehrt worden, dass das nicht Junge sondern „Kind mit Penis“ hieße.

Plasberg war völlig verdutzt. „Das denken sie sich doch aus“, entgegnete der Moderator. Weiler aber beteuerte, die Geschichte sei echt. Weiler selbst kritisiert derlei Sprach-Tabus. Gendern sei „total übergriffig“, meint er, und frauenverachtend.

„Hart aber fair" mit Frank Plasberg: Jan Weiler nennt gendergerechte Texte „RAF-Manifest“

Denn spezielle gendergerechte Sprache – wie etwa das umstrittene Gendersternchn – würde betonen, dass Frauen schwach seien. Zudem kreiere die Genderdebatte nur Widerstand und Widersprüche. „RAF-Manifest“, so nannte der Kolumnist Texte, die gegendert seien. Nicht die unschuldige Sprache müsse entdiskriminiert werden, sondern „die Diskriminierten müssen von Diskriminierung befreit werden“.

Die Feministin Stefanie Lohaus ist da völlig anderer Meinung. Die Herausgeberin eines feministischen Magazins wisse „aus Geschichte und Hirnforschung“: „Vor der Gewalt kommt immer die Sprache“, diese sei also alles andere als – wie von Weiler proklamiert – unschuldig.

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Was dürfen wir sagen und was nicht? Journalist Jan Weiler und die Feministin Stefanie Lohaus diskutieren bei „Hart aber fair”.

Anschließend wetterte sie gegen Louis C.K., der „munter weiter tourt“. Im Zuge der MeToo-Debatte rückte der Comedian 2017 ebenfalls in den Fokus, weil Frauen berichteten, er habe sie gefragt, ob er vor ihnen masturbieren dürfe.

Und auch R. Kelly, verurteilter Sexualstraftäter, verdiene noch Geld mit seiner Musik. Auch Pippi Langstrumpf bekam ihr Fett weg, das sei eine „koloniale Geschichte“.

Hart aber fair: Philosophin Svenja Flaßpöhler sieht „Grenze überschritten”

Philosophin Svenja Flaßpöhler entgegnete hingegen, die Debatte um diskriminierungsfreie Worte sei zwar wichtig. „Aber im Moment ist die Grenze überschritten. Das ist für mich Sprachtotalitarismus und nicht Sprachempfindlichkeit.“ Das Problem sei hier „der institutionelle, vorauseilende Gehorsam.“ Es käme nicht mehr darauf an, in welcher Situation ein Begriff benutzt wird, sondern nur noch darauf, ober der belastete Begriff Verwendung findet.

Ihrer Meinung nach müsste man deshalb aufpassen, dass die eigentlich wichtige Debatte nicht umkippt. Totalitärer „Sprachrigorismus” sei abzulehnen, so die Philosophin. (mg)