Besteller-Serienadaption „Turmschatten“Heiner Lauterbach als Senioren-Rächer, der es mit einer Horde Neonazis aufnimmt

In der Serienadaption des Bestsellers „Turmschatten“ (ab Freitag, 15. November, Sky) spielt Heiner Lauterbach einen Senioren-Rächer, der es mit einer Horde Neonazis aufnimmt. Ein Gespräch über Fitness im Alter und darüber, was sich in der deutschen Politik ändern müsste.

Heiner Lauterbach ist auch mit 71 Jahren ein Schauspieler, der keine Angst vor körperlichen Rollen hat. So zu sehen in der Sky-Serie „Turmschatten“ (ab Freitag, 15. November), die nach dem gleichnamigen Politthriller von Peter Grandl entstand. Der Bestseller wurde auch von der Kritik gelobt. Lauterbach spielt den in Deutschland lebenden Juden Ephraim Zamir, der in seinem festungsartigen Haus Neonazi-Angreifer festsetzt und das Internet über ihr Leben oder Sterben entscheiden lässt. Derweil versammeln sich rund um Zamirs Turmfestung Polizei, Medien und eine aufgebrachte Menschenmenge. Im Interview erklärt Heiner Lauterbach, warum er keine Angst vor einer rechten Regierung in Deutschland hat, an was er der deutschen Politik trotzdem fehlt - und er spricht über sein Fitness-Programm.

teleschau: „Turmschatten“ ist eine Bestseller-Verfilmung. Kannten Sie das Buch, bevor Sie für das Filmprojekt angefragt wurden?

Heiner Lauterbach: Meine Beziehung zu „Turmschatten“ ist eigentlich noch viel älter. Der Buchautor Peter Grandl schrieb mir vor etwa zehn Jahren mal eine E-Mail, in der in etwa stand: „Ich würde gerne ein Drehbuch mit Ihnen in der Hauptrolle schreiben.“ Da ich solche Anfragen öfter bekomme, sage ich meistens, dass sich die Absender gerne noch mal melden können, wenn das Drehbuch fertig und vor allem der Film finanziert ist. Oft wollen die Ideengeber, dass ich Investoren anspreche - und das kann ich einfach nicht leisten. Peter Grandl aber blieb so hartnäckig, dass meine Frau Viktoria meinte, man könne sich doch mal treffen. Er wohnt ja auch hier gegenüber am Starnberger See. Das war dann nicht so aufwendig ...

teleschau: Was kam bei diesem Treffen heraus?

Lauterbach: Ich habe Peter - ich glaube, wir waren dann schon beim „Du“ - empfohlen, erst mal einen Roman zu schreiben. Die politischen Implikationen hinter dieser Thrillergeschichte sind schon ziemlich umfangreich und komplex. Natürlich steckt im Roman, wenn es zum Beispiel um die Wirkungsweisen rechter Gewalt geht, noch ein bisschen mehr drin. Ich finde das aber auch okay. Wir Filmleute haben in erster Linie die Aufgabe, Menschen zu unterhalten. Wir sind keine Lehrer, Philosophen oder Politiker. Insofern habe ich kein Problem damit, wenn Filme oder Serien Geschichten verdichten oder auch vereinfachen.

„Es gibt eine klare Mehrheit, die ein solches Deutschland nicht haben will“

teleschau: Sie spielen einen mysteriösen Mann jüdischen Glaubens, der auf Neonazis trifft, bei denen zumindest eine der Hauptfiguren auch ziemlich ambivalent ist. So viel Mehrdeutigkeit - ist das noch ein reiner Thriller-Plot?

Ephraim Zamir (Heiner Lauterbach) fährt zum Gespräch mit seinem Rabbi vor. Der wohlhabende Jude hat vor, üppig für den Neubau einer Synagoge zu spenden. Genau dieser Plan bringt ihn jedoch ins Visier der Nazis. (Bild: Jürgen Olczyk / Paramount + / The Amazing Film Company / Sky)

Ephraim Zamir (Heiner Lauterbach) fährt zum Gespräch mit seinem Rabbi vor. Der wohlhabende Jude hat vor, üppig für den Neubau einer Synagoge zu spenden. Genau dieser Plan bringt ihn jedoch ins Visier der Nazis.

Lauterbach: Thriller heißt ja nicht, dass Figuren keine komplexe Psychologie haben dürfen. Mein Credo lautete schon immer: Alle Menschen sind wie ein Mond, der immer auch eine dunkle Seite hat. Egal, wie schön angestrahlt er von vorne aussieht. Das sollte keiner vergessen, wenn er über andere urteilt. Die dunklen Flecken sind bei uns Menschen zwar unterschiedlich groß, aber sie sind immer vorhanden. Egal, ob der Mensch ein Monster ist oder ein großer Humanist mit edler Gesinnung. Als Schauspieler, aber auch als Zuschauer liebe ich Filmfiguren, bei denen ich in meinem Urteil über sie hin- und hergerissen bin. Das ist es doch, was uns an Filmfiguren wirklich interessiert.

teleschau: Haben Sie in Ihrem Leben mehr Menschen mit vielen dunklen Mondflecken kennengelernt, oder waren die meisten hell, mit nur ein bisschen Schatten?

Lauterbach: Bei vielen oberflächlichen Begegnungen, die man hat, weiß man es erst mal nicht. Trotzdem habe ich den Eindruck, sehr viele angenehme Menschen in meinem Leben getroffen zu haben. Ich dachte viel darüber nach, was einen Menschen zu einem guten Menschen macht. Und auch, wie das Gegenteil entsteht. Vor allem in der Erziehung meiner eigenen Kinder. Ich habe mir immer vorgenommen, die Fehler, die man in meiner Erziehung gemacht hat, auf keinen Fall zu wiederholen. Dies war mir immer ganz wichtig. Es ging schon damit los, dass ich meine Kinder auf keinen Fall schlagen wollte. Doch dann ertappt man sich, wie man andere Fehler macht. An seinen Dämonen zu arbeiten und gegen sie vorzugehen, ist eine schöne Herausforderung im Leben. Es ist wie mit einem Filmprojekt. Es gibt kein Drehbuch, das man nicht noch verbessern könnte. Außer vielleicht „To be or not to be“ von Ernst Lubitsch (lacht).

teleschau: „Turmschatten“ thematisiert die Gefahr einer rechten Machtübernahme in Deutschland. Eine sehr aktuelle Frage. Wie groß ist Ihre Angst davor?

Ephraim Zamir (Heiner Lauterbach, rechts) hat sich mit seinem Rabbi (Ilja Richter) zum Gespräch verabredet.

Ephraim Zamir (Heiner Lauterbach, rechts) hat sich mit seinem Rabbi (Ilja Richter) zum Gespräch verabredet.

Lauterbach: Sie hält sich in Grenzen. Es heißt zwar immer: „Wehret den Anfängen“ - und das ist auch richtig. Andererseits halte ich die Gefahr, dass wir einen totalen Rechtsruck erleben oder eine Mehrheit der Deutschen rechtsextrem wählt, für nicht gegeben. Es gibt eine klare Mehrheit, die ein solches Deutschland nicht haben will. Ich glaube, dass man durch die Ampel-Politik, mit der sehr viele unzufrieden sind, die Stärkung des extremen Randes erklärbar ist. Man muss das natürlich politisch im Auge behalten, wie so vieles andere auch.

Lauterbach: „Gute Politik zu machen, ist heute schwer geworden“

teleschau: Was denn zum Beispiel?

Lauterbach: Ich glaube, dass die wahllose Immigrationspolitik zum Auftrieb extremer politischer Parteien und Positionen geführt hat. Dass immer noch hunderttausende, oft junge, arbeitslose Männer hier rüberströmen, ist ein Problem für diese Gesellschaft - egal, wie man politisch dazu steht. Wer arm ist, nicht arbeiten darf, jung und männlich ist - der entwickelt natürlich auch Gewaltpotenzial. Wir müssen uns Gedanken machen, wie man das anders regelt. Davon bin ich überzeugt, und das sage ich auch klar und deutlich. Wir haben aber noch viele andere Krisen in Deutschland, die man anpacken müsste - was ich derzeit nicht sehe.

teleschau: Was müsste passieren?

Lauterbach: Unser Leben ist die Summe seiner Entscheidungen. Der Satz trifft auf unser persönliches Leben zu, aber auch auf das der Nation. Viele blenden mittlerweile aus, wie sehr Politik beziehungsweise politische Entscheidungen unser persönliches Leben beeinflussen. Es wäre gut, sich das bewusst zu machen und Politiker zu Entscheidungsträgern zu wählen, die auch die besten Entscheidungen treffen. Dies ist uns jetzt schon länger nicht mehr geglückt. Ich gebe jedoch zu: Gute Politik zu machen, ist heute schwer geworden. Weil so viel gelogen wird und es letztlich nur um Machterhalt geht.

teleschau: In „Turmschatten“ gibt es einen Jugendlichen, fast noch ein Kind, der sich fanatisch rechten Ideen verschreibt. Warum kommen die offenbar so gut an?

Lauterbach: Aus dem gleichen Grund, warum diese Ideen schon in den 30er-Jahren in Deutschland begeisterten. Wer orientierungslos ist, vielleicht keine Arbeit hat, kein Geld und auch sonst wenig vorzuweisen hat, wartet natürlich auf den Erlöser. Einen, der die Dinge anpackt, regelt und den Menschen wieder Hoffnung gibt. Deutschland den Deutschen! Die Parolen von damals und heute unterscheiden sich kaum. Wer ein Problem mit dem Selbstwert hat, möchte in diesem Punkt gestärkt und als wertvoll wahrgenommen werden. Bei jungen Männern mit islamischem Hintergrund, die von Salafisten zu Gewalt verführt werden, greift das gleiche Prinzip. In Kombination mit der deutschen Migrations-Politik ist das natürlich ein Elfmeter zugunsten der Rechten. Es ist fast so, als hätten sie sich dieses Szenario selbst ausgedacht. Besser kann man denen gar nicht in die Karten spielen.

teleschau: Lassen Sie uns noch auf ein anderes Thema kommen: Körperlichkeit im Alter. Sie spielen einen betagten Action-Helden und das nicht zum ersten Mal. Haben Sie Spaß an solchen Rollen und sind Sie mit 71 Jahren so fit, wie es aussieht?

Lauterbach: Ich suche nicht explizit nach Action-Rollen. Eigentlich bin ich sogar ganz froh, wenn ich beim Arbeiten im Sessel sitzen darf. Aber die Filmemacher kommen auf mich zu und sagen: „Wen sollen wir denn sonst nehmen, Heiner? In deinem Alter ist kaum jemand so fit.“ Ich mache es dann, und die Körperlichkeit gehört dann eben zur Rolle dazu. Aber es ist nicht so, dass ich mich um Action-Rollen reiße. Ein schönes Kammerspiel, bei dem man sich in die Augen schaut, finde ich genauso spannend.

teleschau: Wie sieht Ihr Fitness-Programm aus?

Lauterbach: Es kommt sehr auf meine Lebenssituation an. Wenn ich drehe, ist es meist so intensiv, dass ich außer zu arbeiten wenig anderes tun kann. Dann hatte ich neulich Corona, da musste ich auch drei Wochen pausieren. Auch eine Knie-Operation stand bei mir an. Es ist also nicht so, dass ich beinhart und pausenlos trainieren würde. Wenn jedoch alles normal ist, mache ich fünfmal pro Woche etwa eine Stunde Sport.

teleschau: Was genau tun Sie dann?

Lauterbach: Ich habe einen Fitness-Raum bei mir zu Hause. Da ist ein Laufband, ein Crosstrainer und auch ein Fahrrad. Natürlich mache ich auch etwas für die Muskulatur. Das ist im Alter besonders wichtig, denn die Muskeln bauen ab, wenn man nichts tut. Das ist auch die Ursache für viele Krankheiten und Beschwerden - bei sehr vielen Menschen ab einem gewissen Alter. Wenn ich unterwegs bin, sehe ich zu, dass ich in ein Hotel mit gutem Gym komme. Früher war mir wichtig, dass die Bar gut ist (lacht). So ändern sich die Zeiten. (tsch)