In ZDF-Doku tönen junge, rechte US-Influencerinnen„Wir sind als Ehefrauen und Mütter erschaffen“

Morgonn McMichael hetzt in Social-Media-Posts immer wieder gegen die Feminismus- und LGBTQ+-Bewegung. (Bild: ZDF / Mindhouse Productions)

Morgonn McMichael hetzt in Social-Media-Posts immer wieder gegen die Feminismus- und LGBTQ+-Bewegung. (Bild: ZDF / Mindhouse Productions)

Schulen als „Indoktrinationslager“ und der Feminismus will die Menschheit versklaven? Die schockierende ZDF-Doku „USA Extrem: Rechts, weiblich, radikal“ verschafft Einblicke in das Weltbild ultra-konservativer US-Influencerinnen. Beendet wird die Reportage von einem großen Knall.

Ehe Tre Faulkner andere gute Eigenschaften seiner Tochter einfallen, meint er allen voran: „Sie kann gut kochen.“ Es ist wohl kein Zufall, dass der US-Amerikaner zunächst Hannahs (16) Talent hinter dem Herd hervorhebt. Frauen, so stimmen Vater und Tochter überein, seien dazu bestimmt, in den eigenen vier Wänden für Mann und Kinder zu sorgen. Weil man das in öffentlichen Schulen, laut Tre „Indoktrinationslager“, aber nicht lernt, unterrichtet er die Kinder lieber selbst, beim Bibelkreis. Und doch hat Hannah die Grenzen der Familie hinter sich gelassen - und versucht, ihr Weltbild als Influencerin zu vermitteln.

Als ultrakonservative Aktivistin zieht die 16-jährige Hannah Faulkner durch die USA. (Bild: ZDF / Mindhouse Productions)

Als ultrakonservative Aktivistin zieht die 16-jährige Hannah Faulkner durch die USA. (Bild: ZDF / Mindhouse Productions)

Als solche ist sie eine der Protagonistinnen der Reportage „USA Extrem: Rechts, weiblich, radikal“ (ab sofort in der ZDFmediathek). Was Filmemacherin Layla Wright dabei aus dem Mund der Teenagerin hört, lässt die britische Journalistin fassungslos zurück: „Sie ist in vielerlei Hinsicht ein liebes Kind, aber dann sagt sie so schockierende Dinge.“ Für Faulkner ist die LGBTQ-Bewegung „ein religiöser Kult“, der sich um „sexuelle Sittenlosigkeit“ drehe. Sie ist der festen Überzeugung, der Gesellschaft würden „gottesfeindliche und anti-amerikanische Narrative“ aufgezwungen. Und Feminismus wolle ohnehin nur „die Versklavung der Menschheit“ erreichen.

24-jährige Influencerin ist sich sicher: „Arbeiten zu gehen widerspricht unserer Bestimmung“

Christie Hutcherson streamt regelmäßig von der US-Grenze zu Mexiko. (Bild: ZDF / Mindhouse Productions)

Christie Hutcherson streamt regelmäßig von der US-Grenze zu Mexiko. (Bild: ZDF / Mindhouse Productions)

Diese rückwärtsgewandten Gedanken mit vollster Überzeugung von einer 16-Jährigen vorgetragen zu hören, ist ziemlich harter Tobak. Und doch findet sich Hannah Faulkner in einer stetig größer werdenden Bubble gleichgesinnter ultra-konservativer Influencerinnen wieder. „Wir sind als Ehefrauen und Mütter erschaffen“, ist sich Anti-Feminismus-Influencerin Morgonn McMichael (24) sicher. „Arbeiten zu gehen widerspricht unserer eigentlichen Bestimmung.“

Die Themenfelder, die radikale Influencerinnen beackern, gehen aber weit über traditionalistische Frauenbilder, Verschwörungsmythen und Hass auf Feminismus hinaus. Für ihren 45-minütigen Film begleitete Layla Wright auch mehrfach Christie Hutcherson, die sich gegen illegale Migration einsetzt - euphemistisch ausgedrückt. Schamlos hält sie erschöpften Flüchtlingen am Grenzzaun zu Mexiko die Handykamera ins Gesicht, streift in Schussweste und mit Nachtsichtgerät ausgestattet durch ein NGO-Auffanglager und poltert: „Du kannst nicht in mein Land einbrechen und Almosen erwarten.“

Trotz Hass am Grenzzaun: Flüchtling hofft auf „besseres Leben“ in den USA

Während Hutchersons Unterstützer am Grenzzaun von Kartell-Verschwörung, „unfreundlichen Drittweltländern“ und Dialekten aus „terroristischen Ländern“ fantasieren, sorgt Filmemacherin Wright für einen Gegenpol. Dass ein erschöpfter Flüchtling aus dem Tschad ihr im Gespräch nach drei Monaten Fußmarsch seine Hoffnung auf Respekt und ein „besseres Leben“ in den USA mitteilt, wirkt angesichts der Ablehnung, die ihm ungezügelt entgegenschlägt, fast schon absurd.

Einiges bleibt in der schockierenden Reportage unwidersprochen, auch weil jedes Gegenargument mit Anlauf von neuen Verschwörungstheorien plattgemacht wird. Als am Grenzzaun Hutcherson auf einige NGO-Helfer trifft, entbrennt ein heftiges Wortgefecht, die Lage droht zu eskalieren. „Ich fürchte, dass deine Videos Spaltung und Hass schüren“, konfrontiert Wright im Anschluss Christie Hutcherson. Doch die bricht verärgert das Interview ab und reißt sich das Mikrofon vom Revers. So verhallt am Ende der Reportage die belastende Frage, wie ein Dialog mit Menschen gelingen soll, die derart radikale Positionen vertreten. (tsch)