Ingo Lenßen übernimmt! Der TV-Anwalt ist mit neuen Folgen seiner Serie ab dem 2. August täglich bei Sat.1 zu sehen. In seinem Vertrag mit dem Sender gibt es eine Klausel über sein Markenzeichen: Den Schnurrbart.
Ingo LenßenSchnurrbart-Klausel im Vertrag mit Sat.1
Berlin. Der berühmteste Schnurrbart Deutschlands ist zurück im TV. Anwalt Ingo Lenßen ermittelt wieder in Sat.1 – ab Montag (2. August, immer 17 Uhr) zeigt der Sender die Serie „Lenßen übernimmt“. Satte 100 Folgen wurden bereits in Auftrag gegeben. Bei guten Quoten dürfte es weitergehen.
Anwalt Ingo Lenßen: Neue Fälle in Sat.1
Allerdings unter einer Voraussetzung – und die hat mit Lenßens markantem Gesichtsschmuck zu tun. Denn Ingo Lenßen hat bei Sat.1 eine Schnurrbart-Klausel im Vertrag, wie sich im Interview mit EXPRESS herausstellte.
Herr Lenßen, wo erwische ich Sie gerade?
Ich bin gerade mit dem Sport fertig. Ich habe einen Stepper, so einen Ellipsentrainer, in der Wohnung. Jeden Abend nach dem Dreh heißt es dann: auslaufen. Dazu ein paar Push-ups, Übungen mit dem Trainingsband – bei dem Pensum, das wir haben, muss man fit bleiben. Bis zum 26. September bleibe ich noch hier in Berlin und Drehe für „Lenßen übernimmt“.
Und in der Zeit ruht die Arbeit für die Kanzlei am Bodensee?
Sie ruht – aber nicht ganz. Ich bin täglich mehrfach mit dem Büro in Verbindung. Mein Kollege schmeißt jetzt den Laden, bei Mandaten sprechen wir uns aber ab. Und das klappt so ganz gut. Da vertraue ich ihm auch sehr, anders ginge das nicht. Und ich habe zwei wunderbare Assistentinnen, die jederzeit abrufbar sind. Egal wann.
Zuletzt haben Sie bereits verraten, dass das mit der FFP2-Maske und dem Bart manchmal etwas schwierig ist. Sie habe aber nie überlegt, ihn abzurasieren, oder?
Nein, das geht gar nicht! Da würde auch meine Familie Kopfstehen, mein Sohn würde mich nicht mehr reinlassen. Mein Vater hatte auch einen prachtvollen Schnurrbart. Irgendwann hat er sich den dann mal abrasiert. Da haben wir zwei Söhne im gesagt, dass das gar nicht geht – und er ließ sich wieder einen wachsen.
Ihr Sohn hat die Familien-Tradition aber noch nicht begonnen...
Nein. Er trägt nur mal einen Drei-Tage-Bart. Der ist zu cool dafür (grinst).
Wofür würden Sie Ihren Bart denn abrasieren?
Da habe ich schon mal drüber nachgedacht – aber mir fällt nichts Gutes zu ein. Und jetzt während der Dreharbeiten ist das sowieso keine Option.
Steht das etwa in Ihrem Vertrag, dass sie mit Schnurrbart auftreten müssen?
Ich darf über Vertragsdetails nichts sagen, aber legen Sie es mal so aus. Es wird behauptet, der Bart sei mein Markenzeichen. Das hätte ich ja nie gedacht, ich habe ihn schon, seit ich 21 Jahre alt war.
Markenzeichen ist auch Ihr Anzug, wann tragen Sie den mal nicht? Vorhin beim Sport doch sicher zum Beispiel.
Da habe ich eine kurze Hose und ein T-Shirt angezogen, wie jeder vernünftige Mensch. In der Freizeit trage ich meistens auch was Legeres. Aber auch bunt! Einheitstöne sind schwierig für mich. Als ich Anwalt wurde war mir klar, dass ich Anzug trage. Wenn eine ältere Dame zur Beratung für ein Testament kommt, dann geht sie vorher zum Frisör, zieht sich ein Kleid an – da ist es irgendwie etwas Besonderes, zum Anwalt zu gehen. Wenn der Anwalt dann im Ringelshirt mit nackten Füßen da sitzt, finde ich das unangemessen. Dieses taubengrau finde ich auch furchtbar, so hat sich mein Stil entwickelt. Und ich hab Spaß dran.
Schauen Sie die eigene Sendung?
Nein (entschieden). Noch nie. Das finde ich blöd. Ich muss mich ja nicht selber im TV angucken, ich weiß ja, was ich gemacht habe. Und meine große Freude ist das Drehen selbst, das gibt mir Erfüllung. Mit den Kameraleuten, denen vom Ton und dem Regisseur ein kleines Werk zu vollbringen. Klar, beim Dreh checke ich schon mal die Szenen, aber ich habe noch nie ein Folge aus reiner Freude angeschaut. Da sehe ich lieber andere Jungs: „Shameless“ oder „Homeland“ zum Beispiel. Als ich zwischen Dezember und Februar in Arizona war, lief das immer beim Sport.
Was haben Sie in den USA gemacht?
Unser Sohn studiert dort Businessmarketing, will aber eigentlich Golfprofi werden. Er spielt dort auch im College-Team. Wir haben ihn besucht. Als Corona dann heftiger wurde und zwei große Prozesse platzten hab ich „Homeoffice“ von dort gemacht.
Ingo Lenßen: Fast Eishockey-Profi und Spielerberater im Fußball
Gut, dass in der Zeit auch keine Fälle vor dem Eishockey-Schiedsgericht verhandelt wurden, in das Sie 2019 berufen wurden. Und Sie haben selbst auch nicht so schlecht gespielt…
Stimmt. Es war auch immer die Idee, selber Profi zu werden. Das Engagement war groß genug, aber mit 18 Jahren hatte ich eine schwere Knieverletzung. Dann bin ich nie wieder so richtig fit geworden. Aber Trainer wurde ich, unter anderem in der Schweiz. Das war ganz erfolgreich. Aber fast zeitnah mit Geburt meines Sohnes habe ich aufgehört, und dann kam auch schon das TV.
Auch Fußballspieler-Beratung haben sie mal gemacht.
Aber nur kurz.
Dabei ging es gut los…
Das war gar nicht so unerfolgreich. Immerhin haben wir zwei Brasilianer in die 2. Bundesliga vermittelt. Aber ich hatte da ein Zeitproblem. Das ging nicht mit der ganzen Reiserei. Mein Kollege, mit dem ich das zusammen gemacht habe, wurde krank. Man muss immer für die Spieler da sin, beim Training, mit den Vereinsverantwortlichen sprechen. Und ich verstehe zwar Portugiesisch und Spanisch, aber das Native Speaking fehlte mir, das hatte mein Kollege gemacht. Wer weiß: Vielleicht ergibt sich das nochmal.
Hätten Sie sich eigentlich bessere Werbung als die TV-Shows wünschen können?
Aber das ist ein kompletter Trugschluss. Ich habe von Anfang an gesagt, ich werde kein Mandat aus dem Fernsehen nehmen. Wir nehmen aus Zeitgründen grundsätzlich nur Leute aus dem Bodenseekreis an. Und das hat sich bis heute so gehalten. Früher bin ich als Strafverteidiger durch ganz Deutschland gereist, das geht ja mit den TV-Projekten aus Zeitgründen nicht mehr. Und ich bin der Meinung, es gibt eine ganze Menge qualifizierte Anwälte. Für jeden Mandanten ist es gut, den Anwalt vor Ort zu haben. Da kennt man die Richter, die Staatsanwälte – Vorteile von unschätzbarem Wert.
Ingo Lenßen: Neue Show in Sat.1 behandelt Fälle mit realem Hintergrund
Ab dem 2. August (immer 17 Uhr) läuft nun „Lenßen übernimmt“ in Sat.1. Wie echt sind die Fälle?
Sie haben alle einen realen Hintergrund. Manche habe ich selbst erlebt, andere sind von Kollegen oder kennen wir aus der Presse. Anders als bei „Lenßen und Partner“ geht es aber nicht mehr um Mord und Totschlag, sondern Alltagsprobleme. Gerade haben wir einen Fall gedreht mit einem Vater, der rechtsradikales Gedankengut an seinen Sohn weitergibt. Der bekommt dann Probleme in der Schule, weil er Naziparolen brüllt. Oder es geht um eine verpfuschte Brust-OP.
Also auch aktuelle und wichtige Themen.
Ja, das war uns wichtig. Gerade bei dem Nazi-Fall ist uns das außerordentlich gut gelungen. Mein Mitschauspieler Marvin Ahmed-Johnson ist schwarz und er setzt das Thema fantastisch um.
Neu ist auch, dass die Zuschauer Hinweise bekommen.
Bei aller leichten Unterhaltung: Das war uns besonders wichtig. Mit kleinen Textzeilen geben wir Hinweise und Tipps etwa für Beratungsstellen. Bei einer Straftat verweisen wir etwa auf den Opferverein „Weißer Ring“ oder geben Rat wenn Menschen in die Schuldenfalle geraten sind. Der Zuschauer versteht dann und bekommt mitgeteilt: Ihr könnt euch wehren, wenn ihr auch im Unrecht fühlt. Versucht es umzusetzen. Oft denkt man: Gegen die Großen kommen wir eh nicht an. Doch, kommen wir!
Im TV kommt es auch immer wieder zu Undercover-Einsätzen – ist das auch in der Realität eines Ihrer Mittel?
Nicht mit Mitarbeiter. Aber ich kann Ihnen sagen: Ich habe letztens einen spektakulären Strafprozess gehabt. Es ging um einen Mann, der mehr als ein Jahr im Gefängnis saß – unschuldig. Um dessen Alibi nachzukonstruieren bin ich die Stellen abgefahren. Ich ging in eine Espressobar, in der er war, sprach mit dem Besitzer. Und auch mit dem Inhaber der Bar, in der angeblich eine Drogenübergabe stattgefunden hat, war ich. Aber das mache ich dann selber – und niemand undercover.
Apropos Beweis der Unschuld: Haben Sie eigentlich selbst schon mal eine Straftat begangen?
(Überlegt) Ja, Verkehrsordnungswidrigkeiten. Wie sie jeder har: Mal zu schnell gefahren, falsch geparkt. Aber keine Straftat – da habe ich eine reine Weste.
Ist das bei Anwälten auch eine Frage der Moral?
Fragen sie nicht nach der Moral, sondern ab wann einem die Anwaltskammer die Zulassung entzieht (lacht). Das passiert erst ab einem Jahr Freiheitsstrafe und dafür muss man ja schon richtig was angestellt haben.
Gibt es Fälle, die zu verrückt sind fürs TV?
Ob sie es glauben oder nicht: Wir haben einen Fall gedreht – leider komme ich gerade nicht drauf, welcher es war. Aber beim Dreh dachten wir: Das ist so skurril, das gibt es nicht. Und dann kam er kurz darauf genauso in der Kanzlei bei uns auf den Tisch. Das Leben schreibt die Geschichten – es gibt nichts, was es nicht gibt.
Haben sie eigentlich einen Lieblingsparagraphen?
Es gibt einen lustigen im Bürgerlichen Gesetzbuch. Unter dem Stichwort „Überfall“. Nur geht es da nicht um eine Art Raub, sondern den Überfall von Obst auf Nachbars Grundstück. Einer meiner liebsten ist aber tatschlich der Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz. Einfach, weil er so wichtig ist. Und die Pressefreiheit.
100 Folgen von „Lenßen übernimmt“ sind geplant – und dann?
Haben Zuschauer und Sender hoffentlich so eine Freude daran, dass es weitergeht. Mit „Lenßen und Partner“ liefen wir acht Jahre und wurden als Marktführer abgesetzt. Das zu übertreffen, wäre eine tolle Sache.