Interview

„Viel zu heavy!“TV-Koch Johann Lafer verrät, was bei ihm nicht auf den Tisch kommt

Fernsehkoch Johann Lafer bei der CHIO Media Night 2024

TV-Koch Johann Lafer (hier am 2. Juli 2024 beim CHIO in Aachen) kann große Veränderungen in den deutschen Küchen erkennen.

TV-Koch Johann Lafer hat mit EXPRESS.de über Generationsunterschiede beim Kochen, seine Sendung bei Sat.1 und vegane Ernährung gesprochen.

von Horst Stellmacher  (sm)

Es ist rund 40 Jahre her. Am 28. Juli 1984 trat in der Sendung „Glaskasten“ des damaligen Südwestfunks erstmals ein Mann an den TV-Herd. Den hat er gefühlt seitdem nicht mehr verlassen: Johann Lafer (heute 66) bereitete mit viel Zungenschnalzen und Fingerspitzen-Naschen eine Himbeer-Charlotte zu.

Es muss allen geschmeckt haben, denn seitdem war er in weiteren rund 5000 TV-Sendungen im Einsatz. Diese Zahl vergrößert sich laufend: Jetzt sehen wir ihn samstags ab 13 Uhr auf Sat.1 (und dann auf Joyn) – mit „Drei Teller für Lafer“. Anlass für ein großes EXPRSS.de-Gespräch.

Johann Lafer: Unfassbar, was die Leute heute kochen!

So viele Sendungen und Kochreihen im TV – was ist bei Ihrem „Drei Teller für Lafer“ eigentlich anders als bei anderen TV-Kochsendungen?

Johann Lafer: „Drei Teller ist genau die Zusammenfassung dessen, was ich mir als Koch wünsche. Ich zeige, dass Kochen kein Kasperltheater ist, und nachhaltiges Kochen und schmackhafter Genuss nie an Bedeutung verlieren werden. Da wird ehrlich gekocht, da wird nichts gemogelt, nichts vorbereitet. Wir geben Tipps und zeigen, wie man die umsetzen kann. Wir zeigen aber auch, was die unterschiedlichen Generationen beim Kochen trennt und was sie gemeinsam haben.

Und wie unterscheiden sich denn die Generationen in der Küche?

Johann Lafer: Die Älteren, also die über 60-Jährigen, kochen sehr klassisch, zwar schon kreativ, aber diese Kreativität ist nicht so ausgeprägt. Es ist alles nicht so ausgeflippt, es wird nichts gemacht, was ich nicht nachvollziehen kann. Die junge Generation ist anders. Sie braucht viele, viele Gewürze, verarbeitet Einflüsse aus anderen, fernen Ländern, kocht oft vegetarisch oder vegan. Die mittleren Jahrgänge sind da nicht so festgelegt, sie verbinden die Klassik mit der Moderne.

Hat sich beim Kochen im Laufe der Jahre vieles geändert?

Johann Lafer: Ja. Als wir vor 16 Jahren die Sendung „Die Küchenschlacht“ im ZDF starteten, waren die meisten, die mitmachten, auf Rinderfilet oder zusammengerührten Joghurt festgelegt. Wenn wir heute sehen, was die Leute kochen müssen, um bei „Drei Teller für Lafer“ dabei zu sein!

Was meinen Sie damit?

Johann Lafer: Es war sogar eine junge Frau dabei, die ihre Orecchiette, also die sogenannten Ohr-Nudeln, selbst gemacht hat. Und überhaupt: Es gab nur eine Sendung, bei der ich das fertige Essen als „durchwachsen“ und „nicht so toll!“ bezeichnen konnte. Ansonsten habe ich das Studio jedes Mal überrascht verlassen und mir gedacht: „Mein Gott! Was für geile Leute kochen da? Was die für Ideen haben! Unfassbar.“

Woher kommen die neuen Rezepte?

Johann Lafer: Die meisten sind aus dem Internet. Das Internet baut Ängste ab, es ermuntert die Leute, beim Kochen mehr zu wagen.

Johann Lafer: Kochbücher sind oft nur noch Deko

Welche Rolle spielt das gute, alte Kochbuch?

Johann Lafer: Es ist als Vorlage kaum noch gefragt. Was ich natürlich bedauere, schließlich habe ich selbst einige veröffentlicht. Man kauft und schenkt sich zwar noch Kochbücher, stellt die auch gern dekorativ in die Küche – aber für Rezepte werden die kaum noch gebraucht.

Haben die vielen TV-Koch-Sendungen die Deutschen zu besseren Köchen gemacht?

Johann Lafer: Mediales Kochen ist sehr auf Unterhaltung getrimmt. Man guckt sich das gern an, weil es meist schöne Shows sind, aber man kocht das selten nach. Das liegt auch daran, dass man vorm Fernseher nichts riecht und nichts schmeckt. Als TV-Koch muss ich alles mit Worten umschreiben, damit man sich vorm Bildschirm vorstellen kann, wie es sein könnte. Ich muss dann schnuppern und mit der Zunge schnalzen, um auf Geruch und Geschmack hinzuweisen. Das ist so, als erkläre man eine Farbe, ohne sie zu zeigen.

Wie sieht der deutsche Küchen-Alltag aus?

Johann Lafer: Bei vielen Familien ist das Budget immer noch das große Thema, und deswegen wird beim Essen gern gespart. Es macht sich auch bemerkbar, dass in vielen Familien beide Elternteile arbeiten, und in der Kantine, in der Mensa oder auf der Straße gegessen wird. Abends sind dann alle müde. So kommt es, dass sich dann viele nur noch irgendwas machen, was schnell geht. Die alte Kochkultur hatte viel mit traditionellem Leben und traditionellen Geschlechterrollen zu tun. Das ist vorbei. Unser Leben ist dazu zu stressig geworden.

Der Moderator Johannes B. Kerner (l-r), der Koch Johann Lafer, der Koch Alfons Schuhbeck, die Köchin Cornelia Poletto und der Koch Sebastian Lege schauen am 01.03.2017 in Hamburg in einer Studioküche in die Kamera.

Kultshow: Johann Lafer rührte auch bei „Kerners Köche“ ab 2017 mit in den Töpfen. Hier posieren 2017 für die Kameras (von limks): Moderator Johannes B. Kerner, Johann Lafer, Alfons Schuhbeck, Cornelia Poletto und Sebastian Lege.

Bei der WM und dem Sommermärchen 2006 waren Sie „Botschafter des guten Geschmacks“ und warben für deutsche Gastlichkeit. Wenn Sie zurückschauen – lässt sich die Restaurant-Welt von heute noch mit der von damals vergleichen?

Johann Lafer: Nein, die hat sich wahnsinnig geändert, zum Glück zum Guten. Nach dem Sommermärchen hat sich hier eine geballte Kraft in der Kulinarik aufgebaut. Wir haben einen Riesen-Sprung nach vorn gemacht. Immerhin gibt es heute fast doppelt so viele mit Michelin-Sternen ausgezeichnete Restaurants wie 2006.

Heißt das, dass wir im Restaurant bereit sind, mehr Geld auszugeben?

Johann Lafer: Das ist es nicht. Der Besuch eines Sterne-Restaurants ist immer noch ein besonderes Ereignis und sollte es auch bleiben. Das ist wie ein Besuch des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker, des „Jedermann“ in Salzburg oder der Scala in Mailand. Das sind außergewöhnliche und keine Alltags-Ereignisse, wie überhaupt ein Essen im Sterne-Restaurant eine Inszenierung auf höchstem Niveau ist.

Für Feinschmeckerinnen und Feinschmecker

„Michelin 2024“: Das sind Kölns Sterne-Restaurants

Koch Daniel Gottschlich im Porträt.

„Ox & Klee“, Im Zollhafen 18, 50678 Köln, Telefon: 0221/16956603 | oxundklee.de. Hier ein Foto von Koch Daniel Gottschlich. Das Restaurant wurde 2024 mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet.

Das Foto zeigt Vincent Moissonnier.

„Le Moissonnier Bistro“, Krefelder Str. 25, 50670 Köln, Telefon: 0221/729479 | www.lemoissonnier.de. Das Foto zeigt Vincent Moissonnier. Das Restaurant wurde 2024 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

Hauptgang im Neobiota

„NeoBiota“, Ehrenstraße 43c, 50672 Köln, Telefon: 0221/27088908 | restaurant-neobiota.de. Im „NeoBiota“ auf der Ehrenstraße trifft feinstes À-la-Carte-Frühstück auf edles Vier-Gänge-Dinner. Hier ein Foto eines Hauptgangs im Neobiota im Juni 2021. Das Restaurant wurde 2024 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

Das Sterne-Restaurant La Société

„La Societe“, Kyffhäuserstraße 53, 50674 Köln, Telefon: 0221/232464 | restaurant-lasociete.de. Das Gourmet-Restaurant „La Societe“ serviert an der Kyffhäuserstraße kreative Küche auf höchstem Niveau bei stilvollem Ambiente. Hier ein Foto des „La Societe“ im November 2021. Das Restaurant wurde 2024 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

Koch Eric Werner

„Astrein“, Krefelder Straße 37, 50670 Köln, Telefon: 0221/95623990 | astrein-restaurant.de. Das Foto zeigt Spitzenkoch Eric Werner im Juli 2019. Das Restaurant wurde 2024 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

Der Küchenchef des „Pottkind“ Enrico Sablotny und sein Team

„Pottkind“, Darmstädter Straße 9, 50678 Köln, Telefon: 0221/42318030 | restaurant-pottkind.de. Die Betreiber des „Pottkind“ Enrico Sablotny (2. v. r.) und Lukas Winkelmann (r.) stammen aus dem Ruhrpott – der Name des kleinen Restaurants in der Südstadt ist somit selbsterklärend. Das Restaurant wurde 2024 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

Das Restaurant Sahila in der Kämmergasse 18

„Sahila The Restaurant“, Kämmergasse 18, 50676 Köln, Telefon: 0221/247238 | sahila-restaurant.de. Das Foto zeigt die Außenansicht der Gastronomie. Das Restaurant wurde 2024 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

Jan Cornelius Maier und Tobias Becker halten zwei gefüllte Teller in die Kamera

„Maibeck“, Am Frankenturm 5, 50667 Köln, Telefon: 0221/96267300 | maibeck.de. Jan Cornelius Maier (l.) und Tobias Becker (r.) sind die Besitzer des Sterne-Restaurants „Maibeck“. Auf dem Foto vom 6. Mai 2020 präsentieren Sie zwei Gerichte, die sie im Rahmen eines Videodreh für eine Kochschule aufgenommen haben. Das Restaurant wurde 2024 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

Maximilian Lorenz lehnt auf einem gedeckten Tisch.

„Maximilian Lorenz“, Johannisstraße 64, 50668 Köln, Telefon: 0221/37999192 | maximilianlorenz.de. Chefkoch Maximilian Lorenz setzt im gleichnamigen Restaurant in der Johannisstraße auf heimische Küche. Das Restaurant wurde 2024 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

Sternekoch Mirko Gaul richtet an.

„taku“, Trankgasse 1-5, 50667 Köln, Telefon: 0221/2703909 | excelsiorhotelernst.com. Das „taku“ befindet sich im Hotel „Excelsior Ernst“ unweit des Kölner Doms. Im Gegensatz zum sehr klassischen Hotel von 1836 bietet das Sterne-Restaurant moderne ostasiatische Küche, fusioniert mit westlich-internationalen Einflüssen. Auf dem Foto zu sehen: Sternekoch Mirko Gaul beim Anrichten eines Gerichts. Das Restaurant wurde 2024 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

Marlon Rademacher in seinem „La Cuisine Rademacher“ in Dellbrück

„La Cuisine Rademacher“, Dellbrücker Hauptstraße 176, 51069 Köln, Telefon: 0221/96898898 | la-cuisine-koeln.de. Chefkoch Marlon Rademacher, hier 2021 in seinem Restaurant in Köln-Dellbrück. Das Restaurant wurde 2024 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

Ein gedeckter Tisch im Restaurant „Zur Tant“ in Köln

„Zur Tant“, Rheinbergstraße 49, 51143 Köln, Telefon: 02203/81883 | zurtant.de. Die idyllische Lage direkt am Rhein trägt zum besonderen Charme des Restaurant „Zur Tant“ bei. Im alten Fachwerkhaus bekommen Gäste vom Dresdener Küchenchef Thomas Lösche klassische, schnörkellose Kreationen serviert. Das Restaurant wurde 2024 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

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Lassen Sie uns bitte mal zurückschauen. Gab es mal Lieblingsessen, auf die Sie heute verzichten?

Johann Lafer: Da gibt es einiges. Früher war bei mir alles gebacken – das reichte vom gebackenen Emmentaler bis zum gebackenen Fischfilet. Das wäre mir heute viel zu heavy, das koche und esse ich nicht mehr. Ich mag generell all das nicht mehr, was mit zu viel Fett gekocht wird.

Welche Rolle spielt für Sie die Gesundheit beim Essen?

Johann Lafer: Ich versuche, mich sehr gesund zu ernähren, und ich esse viel vegan. Das ist meiner Vergangenheit geschuldet, in der ich einige körperliche Probleme hatte. Ich war immer unterwegs, habe manchmal die Kerze nicht von zwei, sondern von drei Seiten gleichzeitig angezündet. Ich litt dann eines Tages unter einer so starken Arthrose, dass ich nicht mehr gehen konnte. Ich habe sehr lange versucht, die Schmerzen mit Tabletten wegzudrücken. Erst das vegane Essen hat mir geholfen.

Sie haben oft betont, dass das Tischtuch und das Betttuch Schwestern sind – also, dass Liebe durch den Magen geht. Ist das heute auch noch so?

Johann Lafer: Aber ja, ein gutes Essen kann immer eine sehr gute Voraussetzung für die Liebe sein.

Fernsehkoch Johann Lafer posiert zum fünfjährigen Jubiläum der Sendung "Lafer Lichter Lecker" mit seiner Frau Silvia am 25. Oktober 2011 für die Fotografen.

Johann Lafer mit seiner Ehefrau Silvia 2011. Die beiden haben zwei Kinder.

Sie sind auf einem Bauernhof groß geworden und jetzt einer der berühmtesten Köche in Deutschland. Wie fing das bei Ihnen eigentlich an?

Johann Lafer: Eigentlich war es ganz einfach. Ich war immer dabei, wenn meine Mutter kochte, und sie kochte sehr gut. Von ihr lernte ich früh den Respekt vor der Natur, ihren Produkten und deren Verwertung in der Küche. Und ich war viel an der frischen Luft und hatte immer Appetit, und so kam ich auf den Gedanken, das mal selbst zu machen. Und als ich dann ging, hat meine Mutter mir 500 Schilling zugesteckt. Das war der Grundstock für mein heutiges Leben. Alles, was man von mir kennt, ist aus diesen 500 Schilling entstanden. Immer, wenn danach was ganz Besonderes in meinem Leben eintrat, wusste ich, dass ich das meiner Eltern zu verdanken habe. Das habe ich bis heute nicht vergessen!

Johann Lafer: Stationen in den besten Restaurants

Johann Lafer (geboren am 27. September 1957 in St. Stefan im Rosental, Steiermark) machte 1977 kochte nach seiner Lehre und dem Wehrdienst im Berliner Hotel „Schweizer Hof“. 1979 wechselte er ins Restaurant „Le Canard“ (in Hamburg), anschließend wurde er Chef-Pâtissier im Hotel „Schweizer Stuben“ (in Wertheim).

1980 wurde er als „Bester deutscher Patissier“ ausgezeichnet. 1981 dann Chef-Pâtissier bei Eckart Witzigmann in der Münchner „Aubergine“. 1983 Küchenchef im Restaurant „Le Val dOr“ seiner späteren Ehefrau Silvia Buchholz in Guldental. 1994 übernahm er die „Stromburg“ in Stromberg. 2019 verließ er diese.

Er ist seit dem Wintersemester 2009/2010 Lehrbeauftragter an der Hochschule Fulda im Fachbereich Ökotrophologie (Erforschung von Ernährung, Lebensmitteln und deren Auswirkungen auf die Gesundheit). Johann Lafer trat gleich nach der Übernahme der Küchenleitung im „Le Val d'Or“ erstmals als Fernsehkoch auf.

Das sind einige von Johann Lafers TV-Stationen:

  1. 1993 bis 2006: „Der fröhliche Weinberg
  2. 2006 – 2016: „L wie Lafer“ (SWR)
  3.  2006 – 2017: „Lafer! Lichter! Lecker!“ (ZDF)
  4. Seit 2008 moderiert er im Wechsel mit anderen Köchen „Die Küchenschlacht“ (ZDF).

Johann Lafer ist seit 1990 mit der Hotelfachfrau Silvia Buchholz-Lafer verheiratet, die beiden haben eine Tochter, Jennifer (*1995), und einen Sohn, Jonathan (*2001).