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Deutsche Humor-Legende wird 100Darum ließ Loriot seine Partnerin 34-mal in einen Kot-Haufen stöckeln

Pappa Ante Portas (1991) mit Loriot und Evelyn Hamann

Dicke Wolken am Ehehimmel von Renate und Heinrich Lohse (Evelyn Hamann und Loriot) im Film „Pappa ante portas“ von 1991.

Er schuf Kosakenzipfel, Jodeldiplome und herzliche Heiterkeit: 100 Jahre alt wäre Loriot am 12. November 2023 geworden. Eine klitzekleine Hommage an den Mann, für den Evelyn Hamann 34-mal in einen Haufen tappte.

von Stefanie Monien  (smo)

Er wollte „einfach nur hier sitzen“, die Ente zu Wasser lassen und einen Kosakenzipfel teilen. Er, das ist kein Geringerer als der Virtuose des fein ziselierten Humors: Bernhard Victor Christoph-Carl von Bülow, der große Loriot. 100 Jahre alt wäre der Sohn eines Polizeimajors, der sich nach dem Krieg als Holzfäller durchschlug, am 12. November 2023 geworden.

Und wer kennt sie nicht, seine so treffenden wie nonchalanten Feststellungen, dass früher mehr Lametta war, der Hund hier – ach was! – sehr ungünstig liegt und „Dö dudl dö“ zweites Futur bei Sonnenaufgang ist?

Loriot: Von Herrn Hallmackenreuther und praktischer Lebenshilfe

Loriot, der 2011 verstarb: Ein gewissenhafter Schelm, der Alltagsdramen nebst höchst menschlicher Schwächen sezierte und sie uns so anmutig servierte wie eine „Kalbshaxe Florida“. Während sich heute Trends schneller ändern als man „Hallmackenreuther“ zu sagen vermag, haben die Werke des Brandenburgers, der seinen Künstlernamen nach dem Wappenvogel derer von Bülow auswählte (Loriot ist das französische Wort für den Pirol), Bestand.

Und treffen auch Jahrzehnte später noch ins Schwarze. Weil der Grandseigneur des grazilen Gags seiner Umwelt aufs Miteinander geschaut hat – respektvoll, nie brachial oder gar verletzend. 114 Humorbände schuf der Träger des Bundesverdienstkreuzes – die berühmten Knollennasenmännchen gaben zum Beispiel in „Loriots heile Welt“ praktische Lebenshilfe.

Wum und Wendelin (die mit dem Knoten in der Fernbedienung aus Wim Thoelkes „Der große Preis“) entsprangen seiner famosen Feder ebenso wie die streitbaren Wannenbader Herr Müller-Lüdenscheidt und Herr Doktor Klöbner („Die Ente bleibt draußen!“).

Loriot war überzeugend Horrorfilmstar Vic Dorn („Wie, abnehmen? Was für eine Maske?“), sülzte als seitengescheitelter künftiger Leiter der Einkaufsabteilung mit der Nudel im Gesicht („Hildegard, warum sagen Sie denn nichts?“) oder gab das arme Würstchen beim Herrenausstatter („Mein Mann ist etwas voll in den Hüften mit ziemlich kurzen Armen“).

Die Schauspieler Evelyn Hamann und Vicco von Bülow in einer Szene der Komödie "Ödipussi" von 1988.

Wandlungsfähig: Evelyn Hamann und Loriot als leicht lüsternes Paar in „Ödipussi“ von 1988

In „Ödipussi“ spielte er Paul Winkelmann, den von der Übermutter untergebutterten Stoffexperten auf Freiersfüßen („Mama, sag nicht immer Pussi zu mir“). Er brillierte als Heinrich Lohse, den an seinen eigenen Ansprüchen grandios scheiternden Frühpensionär aus „Pappa ante Portas“, der Senf, Wurzelbürsten und Badezusatz en gros bestellt und „aus einem kleinen, miesen Saftladen einen großen… also, das, was wir heute sind“ macht.

Mit absoluter Liebe zum Detail, einer veritablen Vernarrtheit in vermeintliche Beiläufigkeiten ging er zu Werke – und oft an die Grenzen seiner Kolleginnen und Kollegen. Legendär die Szene in „Pappa ante Portas“, in der Evelyn Hamann als leidgeprüfte Gattin eines Frühpensionärs wider Willen mit ihrer Freundin durch einen Park flaniert und deklamiert: „Ich lasse völlig entnervt in einer öffentlichen Anlage mein Eheproblem raus und was sagt meine beste Freundin? ‚Guck mal, ein Eichhörnchen!‘ Ich bin 17 Jahre sehr gemütlich verheiratet gewesen (…)“ und stöckelt unversehens in einen dicken Hundehaufen.

Loriot lässt Evelyn Hamann 34-mal in ein Hundehäufchen treten

Unfassbare 34 Mal musste die Szene gedreht werden, ehe sie in den strengen Augen Loriots „beiläufig“ genug erschien. Der sagte 2009 in einem seiner sehr seltenen Interviews im „Stern“, dass er eben diese „komplizierte Aufnahme 34-mal wiederholen“ ließ: „Da ging es um nichts anderes, als dass Evelyn Hamann mit einer Freundin durch den Berliner Fasanenpark spaziert und sich über ihre Ehe beklagt. Sie muss auf die Kamera zugehen, ohne hinzusehen in ein Hundehäufchen treten und dabei weiterreden. Alles ganz beiläufig, das war die Schwierigkeit, und mit nur einer Kamera-Einstellung.“

Da verwundert es nicht, dass der große Loriot („Ich bin weitaus pingeliger, als mir nachgesagt wird“) an einem Sketch nach eigenen Worten auch schon mal acht Jahre lang feilte. Und so viel Akribie lohnt sich! Loriot landete mit dem Ausspruch „Ein Klavier, ein Klavier“ (wir erinnern uns: Es handelte sich um ein Geschenk von Frau Berta Panislowski aus Massachusetts) im Duden.

Die von ihm ersonnene „Steinlaus“ wird gar im medizinischen Wörterbuch Pschyrembel beschrieben: „Kleinstes einheimisches Nagetier mit einer Größe von 0,3–3 mm aus der Familie der Lapivora (...)“. Außerdem schuf er Wörter wie Quallenknödel oder Schwanzhund, prägte Bonmots à la „Mooooment“, „Ach, was?!“, „Es saugt und bläst der Heinzelmann“, „Ich wohne hier“ oder „Das Bild hing schief“.