Interview

Mentalkünstler gibt Krisen-TippsThorsten Havener gesteht: „Zu Hause hört nicht einmal der Hund auf mich“

Thorsten Havener steht in einem Raum mit vielen Lampen.

Thorsten Havener bezeichnet sich als Gedankenleser. Er will seinem Publikum zu einem optimistischeren Denken verhelfen.

Thorsten Havener entwickelt mentale Strategien für weniger Stress, bessere Entscheidungen und mehr Erfolg. Mit EXPRESS.de sprach der Mentalkünstler über seine Karriere und präsentierte Tipps.

von Marcel Schwamborn  (msw)

Massenentlassungen, Krieg, Kriminalität, politisches Chaos – viele Menschen haben den Eindruck, dass es gerade knüppeldick kommt. Da sind Resilienz und Selbstbewusstsein gefragt.

Mentalkünstler, Redner und Bestseller-Autor Thorsten Havener (52) will Hilfestellungen geben. Er präsentiert Methoden, wie jeder „in stürmischen Zeiten“ bei sich bleiben kann. „Das Geheimnis deiner inneren Stärke“, ist der Titel seines neuen Buchs.

Thorsten Havener: Neues Buch „Das Geheimnis deiner inneren Stärke“

Der Fischer-Verlag musste bereits nachdrucken lassen, denn die erste Auflage war schnell vergriffen. Der Gedankenleser macht deutlich, „warum Harmonie, Dankbarkeit, innere Ruhe, Liebe und Leidenschaft nicht nur leere Worthülsen sind, sondern starke Werkzeuge für ein selbstbestimmtes Leben – vor allem dann, wenn es mal ungemütlich und stürmisch wird“.

Letztlich seien es nicht äußere Umstände, die unser Wohlbefinden bestimmen, sondern unsere innere Haltung. Das beste Mittel gegen Stress, Krisen und Unsicherheiten sei die Stärkung der mentalen Widerstandskraft. Seine Botschaft: Wer seine Gedanken lenkt, lenkt sein Leben.

Mit seinen Büchern und Auftritten fasziniert Havener seit Jahren ein breites Publikum. Als 13-Jähriger fing er als Zauberkünstler an, 1995 gewann er die französische Meisterschaft der Zauberkunst. Doch seit 2001 sind Mentalstrategien, Körpersprache, Suggestion und Hypnose sein Schwerpunkt.

Ab September tourt er mit seinem neuen Programm „Alles Kopfsache?“, am 11. September ist er beispielsweise im Pantheon-Theater in Bonn zu erleben. EXPRESS.de traf den Mentalkünstler in Köln zum Gespräch über optimistisches Denken in schwierigen Zeiten.

Thorsten Havener präsentiert sein Buch.

Thorsten Havener präsentiert sein neues Buch „Das Geheimnis deiner inneren Stärke“. Die erste Auflage war rasch ausverkauft.

Wie wollen Sie den Menschen helfen, bei der Flut an schlechten Nachrichten klarzukommen?

Thorsten Havener: Bei meinen bisherigen Büchern ging es vor allem darum, wie ich mein Gegenüber deuten oder beeinflussen kann. Jetzt geht es darum, festzustellen, was mit einem selbst los ist. Die entscheidende Frage ist stets: Was liegt unserem Verhalten zugrunde? Wie wirken sich unsere Gedanken darauf aus, wie wir uns verhalten? In der Corona-Zeit haben mich viele gefragt, wie man mental stark bleiben kann. Meine älteste Tochter hat während der Pandemie ihr Abitur gemacht. Alle Fragen, die mir meine Kinder mal gestellt haben, sind die Essenz des Buches.

Welche Fragen waren das?

Thorsten Havener: Wie kann ich mich auf eine wichtige Prüfung vorbereiten? Was mache ich beim ersten Liebeskummer? Wie kann ich stark bleiben, wenn ich das Gefühl habe, dass alles zu viel wird? Die Antworten habe ich gesammelt und zwölf Methoden entwickelt, die helfen, den Alltag zu entschleunigen und präsenter zu sein. Auch viele Gäste meiner Shows wollen oft wissen, wie sie in turbulenten Zeiten cool bleiben können.

Die Zeiten sind ja auch schwer zu ertragen derzeit.

Thorsten Havener: Der Mensch hat oft den Eindruck, dass die Zeiten, die gerade herrschen, besonders stürmisch und turbulent sind. Aktuell kommt natürlich viel zusammen. Aber auch in den 80ern, die heute gerne glorifiziert werden, hatten wir den NATO-Doppelbeschluss, sauren Regen und Tschernobyl. Wir leben vorwärts und verstehen rückwärts. Was uns stresst, ist der Gedanke an die Zukunft.

Thorsten Havener im Gespräch mit Marcel Schwamborn.

Thorsten Havener (r.) sprach mit EXPRESS.de-Reporter Marcel Schwamborn über seine Arbeit.

Und wie soll ich trotz vieler Negativ-Nachrichten weiter positiv denken?

Thorsten Havener: Positives Denken, den Begriff mag ich gar nicht. Es geht darum, optimistisch zu bleiben. Wir sind gestresst, unsicher, haben Angst oder wir zweifeln. Das sind die vier Hauptgründe, warum wir nicht stark durchs Leben gehen. Dazu müssen wir erst einmal verstehen, was uns stresst. Uns stresst der Eindruck, die Kontrolle zu verlieren. In einer Welt, in der wir uns nicht orientieren können, fühlen wir uns unsicher. Aber wir müssen uns klarmachen, dass totale Kontrolle sowieso eine Illusion ist. Das Einzige, was ich wirklich kontrollieren kann, ist: Womit beschäftige ich mich, wohin geht meine Konzentration.

Haben Sie einen Tipp, um das zu trainieren?

Thorsten Havener: Eine sehr gute Übung, um innere Stärke zu trainieren, ist die Atmung. Zunächst atmet man bewusst, dann geht man mit dem Fokus in denselben Rhythmus wie die Atmung. Beim Einatmen denkt man an den höchsten Scheitelpunkt im Kopf und beim Ausatmen konzentriert man sich auf die Fußspitze. Damit holt man sich die Kontrolle über das, was man wirklich kontrollieren kann, zurück und wird ruhiger. Das strahlt man dann aus und das Umfeld reagiert darauf.

Hier auf Instagram ein typisches Havener-Experiment anschauen:

Sie analysieren auch die Körpersprache. Was sagt die aus?

Thorsten Havener: Körpersprache ist die äußere Haltung einer inneren Handlung. Sie ist ein Ausdruck dessen, was innen passiert. Ich verdichte gerne auf zwei Stereotypen: den Krieger und den Abenteurer. Der Krieger kämpft für etwas, steht für Disziplin, verfolgt seine Ziele, bewegt sich so viel wie nötig und mit klarem Ziel. Der Abenteurer steht für Kooperation, ist neugierig, beobachtet ganz genau. Das ist klischeehaft, aber alltagstauglich. Allein dadurch, wie jemand durch einen Raum geht und schaut, kann ich genau sehen, ob jemand eher introvertiert oder extrovertiert ist und emotional oder auf der Sachebene zu packen ist.

Sie haben drei Kinder, zwei Töchter (16 und 22 Jahre) und einen Sohn (19). Können die den Papa überhaupt belügen oder merken Sie das immer?

Thorsten Havener: Ich kann sehr genau erkennen, wann die mich anflunkern. Ich will meinen Kindern gegenüber aber ein guter Vater sein und da muss ich nicht immer alles sagen, was ich erkenne. Ein Klugscheißer, der auch im privaten Bereich immer alles kommentiert, möchte ich auch nicht sein. Das wäre auch ermüdend für mich und mein Umfeld. Da habe ich es gelernt, auch mal wegzuschauen. Zu Hause hört nicht einmal der Hund auf mich.

Nutzen Firmen in den wirtschaftlich herausfordernden Zeiten Ihre Fähigkeiten?

Thorsten Havener: Häufig werde ich gebucht, wenn Umstrukturierungen anstehen, um das Team darauf einzustellen, was künftig anders wird. Es ändert sich überall wahnsinnig viel, aufgrund der Wirtschaftslage und durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz. Daher trainiere ich oft die mentale Stärke in Unternehmen. Nur die dunkle Seite der Resilienz will ich nicht stärken. Das wäre, wenn Firmen ihre Belegschaften widerstandsfähiger machen wollen, damit sie mit noch mehr Arbeit überhäuft werden können.

Thorsten Havener: Live-Programm „Alles Kopfsache“ in Bonn zu erleben

Was erwartet Ihr Publikum bei den Live-Shows?

Thorsten Havener: Ich habe begonnen, mich mit den Geheimnissen des menschlichen Geistes zu beschäftigen. Als Mentalist möchte ich unterhalten. Viele erwarten da vielleicht einen ernsthaften Menschen, der doziert. Je lockerer es aber ist, desto mehr nehmen die Gäste für sich mit. Da gilt das Motto: je besser die Stimmung, desto eher die Zustimmung. Ich zeige mit den Mitteln der Unterhaltung, wie wir innere Stärke nutzen können, was Kopfsache ist. Kein Abend ist gleich, denn das Publikum bestimmt den Ablauf der Show.

Und anschließend gehen alle mit einem neuen Selbstbewusstsein nach Hause?

Thorsten Havener: Es passt sehr gut in unseren Zeitgeist, ein Programm zu haben, bei dem der Betrachter sich nicht nur gut unterhalten fühlt, sondern auch merkt, dass er Dinge für seinen Alltag nutzen kann. Ich mag aber den Satz „Du kannst alles schaffen, was du willst“ nicht so gerne. Das würde bedeuten, dass wir alles im Leben unter Kontrolle hätten. Es gibt immer auch Glück und den Faktor X, den wir nicht beeinflussen können. Der Wille ist wichtig, aber es gehört auch noch mehr dazu.