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Migrationstalk bei MaischbergerJuso-Chef warnt vor „sich nach rechts verschiebender Debatte“

Juso-Chef Philipp Türmer warnte bei „Maischberger“ davor, die Bekämpfung des Islamismus mit der Bekämpfung von Geflüchteten gleichzusetzen. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

Juso-Chef Philipp Türmer warnte bei „Maischberger“ davor, die Bekämpfung des Islamismus mit der Bekämpfung von Geflüchteten gleichzusetzen. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

Manchmal gibt es Streitgespräche, die interessant sind, aber zu nichts führen. So etwas erlebten die Zuschauer am Dienstagabend bei Sandra Maischberger im Ersten.

In dieser Woche ist Feiertag. Nicht viele Politiker sind in Berlin. Da muss man schon Glück haben, wenn in einer Talkshow zwei Politiker zu Gast sind, die wenigstens unterhaltsam miteinander streiten können. Und da passten am Dienstagabend der ehemalige CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach und der Juso-Chef Philipp Türmer perfekt ins Programm. Der Streit machte Spaß, Bosbach regte sich heftig auf. Türmer zwischendurch auch. Der Erkenntnisgewinn war weniger deutlich. Bosbach vertrat nicht immer die Politik der Union, Türmer nicht die der SPD. Das wurde vor allem beim Hauptthema deutlich: der Migrationspolitik.

Stritten teilweise heftig über die Migrationspolitik: Juso-Chef Philipp Türmer (links) und CDU-Politiker Wolfgang Bosbach. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

Stritten teilweise heftig über die Migrationspolitik: Juso-Chef Philipp Türmer (links) und CDU-Politiker Wolfgang Bosbach. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

Bosbach wusste es schon immer: Die Politik der offenen Grenzen war falsch. Das hat er auch der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel gesagt. Genützt hat's nichts: 2015 kamen Millionen von Geflüchteten nach Europa, Deutschland ließ die Grenzen offen und die Geflüchteten nahezu unkontrolliert hinein. Das hat die Ampelkoalition spät, aber offenbar wirksam verändert. Die Zahl der Asylanträge ging zurück, die Zurückweisungen an den Grenzen stiegen deutlich an. Bosbach ist froh darüber. „Wenn wir nicht lange Zeit darauf gedrungen hätten, wären die Grenzkontrollen jetzt nicht da“, lobte der CDU-Politiker seine Partei. „Und die Zahlen beweisen, dass es richtig war.“

Bosbach: „Die EU-Außengrenzen waren nie durchlässiger“

Sowohl Philipp Türmer (links) als auch Wolfgang Bosbach forderten bei Sandra Maischberger mehr Solidarität in der EU bei der Aufnahme von Geflüchteten. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

Sowohl Philipp Türmer (links) als auch Wolfgang Bosbach forderten bei Sandra Maischberger mehr Solidarität in der EU bei der Aufnahme von Geflüchteten. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

Philipp Türmer sieht das anders. „Nach den Anschlägen von Solingen ist uns die Debatte in dem Land sehr stark entglitten, und zwar, indem die Bekämpfung von Islamismus gleichgesetzt wurde mit der Bekämpfung von Geflüchteten, und das ist falsch. Die allermeisten Geflüchteten beispielsweise aus Afghanistan fliehen vor den Islamisten der Taliban. Und aus diesem Zirkel der sich immer weiter nach rechts verschiebenden Debatte müssen wir ganz dringend ausbrechen“, forderte Türmer. Der Juso-Chef verlangte, das Recht auf Asyl zu verteidigen. Er wolle keine Grenzen, die mit Stacheldraht gesichert werden, so wie die Union.

Das wolle seine Partei auch nicht, sagte Bosbach. Dabei vergaß er, dass zum Beispiel CDU-Chef Merz eine komplette Schließung der Grenzen gefordert hatte. Partei-Vize Jens Spahn hatte diesen Vorschlag in der ZDF-Talkshow Markus Lanz ebenfalls geäußert. Er wollte damit die anderen EU-Länder zwingen, sich mit der Umsetzung neuer europäischer Migrationsgesetze zu beeilen. Die sehen eine Prüfung von Asylanträgen an den EU-Außengrenzen vor. „Die EU-Außengrenzen waren nie durchlässiger als in den letzten Jahren“, ärgerte sich auch Bosbach. Zudem kritisierte er, dass fünf EU-Länder 75 Prozent aller Geflüchteten aufnähmen, darunter auch Deutschland. „Es kann überhaupt keine Rede davon sein, dass wir zu einer ausgeglichenen Lastenteilung in der Europäischen Union gekommen sind“, sagte Bosbach. Und genau das forderte er für die Zukunft: mehr Solidarität der EU-Länder bei der Aufnahme neuer geflüchteter Menschen.

Türmer: Aus Geflüchteten „Kollegen und Freunde“ machen

Türmer entgegnete, dass Deutschland immer stark gewesen sei, „wenn es geschafft hat, gerade auch Geflüchtete in unsere Gesellschaft zu integrieren.“, Deswegen forderte er: „Menschen, die Schutz suchen, die aus Not aus ihren Ländern fliehen aufnehmen und aus Geflüchteten Kollegen und Freunde machen, die zu dieser Gesellschaft gehören.“ Dazu passe nicht, dass sich die Union dagegen ausgesprochen habe, als die Ampelkoalition die Arbeitsverbote für Geflüchtete abgeschafft habe. Ein solidarisches System in der EU bei der Aufnahme von geflüchteten Menschen will Türmer auch. „Und ich fordere die Bundesregierung auf, dass sie sich dafür einsetzt, dass eine solche gerechte Aufteilung kommt. Aber dafür Geflüchtete als Faustpfand zu verwenden, das lehne ich ab.“

Dagegen wehrte sich Bosbach. Nur durch Grenzkontrollen könne man die anderen EU-Länder dazu zwingen, sich solidarisch zu verhalten. „Eine gleichmäßige Belastung wird nicht funktionieren, solange Länder wie Deutschland sagen, jeder, der will, kann kommen“, sagte Bosbach. An dieser Stelle endete die Diskussion im Ungefähren. Leider kam niemand auf die naheliegende Idee, den CDU-Politiker zu fragen, wie es denn mit den christlichen Werten seiner Partei vereinbar sei, seinen Nächsten als Belastung zu sehen, weil er vor einem Krieg geflüchtet ist. (tsch)